




Svenja Hofreiter*, 39, hat eine tolle Karriere hingelegt: Sie studierte BWL in Frankreich und den USA, nahm an einem High Potential Programm in der Industrie teil und lebte und arbeitete sechs Jahre lang in Athen, Istanbul, London und Mumbai. Sie betreute spannende Projekte, verdiente gutes Geld. Im Jahr 2008 kehrte sie zurück nach München und arbeitete drei Jahre lang bei einer großen Unternehmensberatung. 2011 machte sie sich selbstständig: Sie absolvierte eine Coachingausbildung und arbeitete als Beraterin im Bereich Organisations- und Unternehmensentwicklung.
Drei Jahre später folgte eine Schaffenskrise, wie sie erzählt. "Ich hänge an der „alten“ Welt und dem Abenteuer, das damit verbunden ist", so Hofreiter. Dem Reisen, den Projekten. Zeitgleich sei ihr der Faktor Mensch wichtiger geworden, was in ihrem alten Berufsleben zu kurz gekommen sei. In der neuen Welt als selbstständige Beraterin fühle sie sich zwar wohl, auf der anderen Seite fehle das Analytische.
Sechs Tipps für Jobsucher
Nicht nach Jobs im "kaufmännischen Bereich" suchen, sondern die exakten Berufsbezeichnungen benutzen, zum Beispiel Industriekaufmann oder Controller.
Der Controller kann auch unter Finanzbuchhalter laufen, der Key-Account-Manager heißt mitunter Großkundenbetreuer.
Auf den meisten Portalen können Jobsucher kostenlose Profile mit ihrem Lebenslauf anlegen. Das ist zwar mühsam und erfordert regelmäßige Aktualisierungen – doch dadurch landen sie in einem Bewerberpool, auf den die Unternehmen zugreifen.
Suchkriterien lassen sich speichern, so bekommen Jobsuchende passende Jobangebote auf ihr Smartphone geschickt. Laut Crosspro-Umfrage machen das derzeit allerdings nur 0,6 Prozent aller Bewerber.
Laut Crosspro-Studie sind kurz vor Ende der Woche die wenigsten Arbeitnehmer in den Jobbörsen unterwegs.
Neben den spezialisierten Jobbörsen sollten Bewerber auch bei den Branchenführern nachgucken – sowie regelmäßig auf den Seiten der Unternehmen. Denn dort veröffentlichen sie viele Stellen zuerst.
Nach der Geburt ihrer Tochter im Sommer 2014 sei der Wunsch nach Wandel noch größer geworden. "Die Karriere, wie ich sie bisher geführt habe, passte nicht mehr", sagte sie. Auf einmal stand die Frage im Raum, in welche Richtung die weitere berufliche Reise gehen sollte. Hofreiter bewarb sich auf ein Beratungsgespräch mit der Personalberaterin und Mitgründerin des Beratungsunternehmen P4Career Consultants GmbH & Co., Heike Cohausz, das WirtschaftsWoche Online im November verloste.
Nachfrage nach Coachings und Beratung steigt
Damit ist sie nicht allein: Die Nachfrage nach Coaches, Lebens- und Karriereberatung steigt nahezu täglich. Die Marburger Coaching-Studie 2013 geht davon aus, dass etwa 8.000 Coaches in Deutschland arbeiten. Damit liegt Deutschland hinter den USA und Großbritannien auf Platz drei. Laut der International Coach Federation liegt der weltweite Umsatz der Coaching-Branche bei 1,9 Milliarden Dollar. Die Hauptzielgruppe der Karrierecoaches sind Führungskräfte aus dem mittleren und gehobenen Management. So arbeiten 36,8 Prozent der deutschen Coaches mit Personen aus dem Top-Management, 58,1 Prozent oft oder sehr oft im gehobenen Management und 66,3 Prozent oft bis sehr oft im mittleren Management. Laut dem Coaching-Report wird die professionelle Karriereberatung jedoch auch immer mehr von kleinen und mittelständischen Unternehmen, Behörden oder Bildungseinrichtungen nachgefragt.





Immer mehr Privatpersonen wie Hofreiter gehen zu Karrierecoachings, wie Cohausz sagt. Aber: "Frau Hofreiter ist kein klassischer Coachingfall. Aber die Fragestellung ‚wo will ich hin?‘ ist ganz typisch im Kontext Karriere-Coachings." Hofreiter selbst bestätigt, dass sie schlicht den Wunsch nach Klarheit gehabt habe, als sie sich auf den Weg zum Beratungsgespräch gemacht hat.
Bevor sich Hofreiter und Cohausz kurz vor Weihnachten 2014 zum ersten Mal trafen, gab die Beraterin ihrer Klientin Hausaufgaben auf. Dann gingen beide an eine Zufriedenheitsanalyse: Wie zufrieden ist Hofreiter mit ihrem Job, wie sieht ihre familiäre Situation aus? Welche besonderen Erfolge hat sie vorzuweisen, was sind ihre Alleinstellungsmerkmale, bei welchem Unternehmen würde sie gerne arbeiten und was bringt sie mit, das sie marktrelevant macht? Und nicht zuletzt: Was möchte sie noch erreichen? Wovon möchte sie in Zukunft „mehr“ haben und wie soll die Fortführung ihrer Karriere konkret aussehen? "Natürlich weiß ich, was ich in den letzten 15 Jahren meiner Karriere gemacht habe", sagt Hofreiter. Sie könne auch zahlreiche Erfolge vorweisen. Trotzdem habe sie die Fakten und ihre Motivation für sich nicht zusammenfügen und somit auch nicht kommunizieren können.