




WirtschaftsWoche: Frau Linnartz, warum sollten sich künftig alle auf ihren Büro-Stühlen verknoten?
Kerstin Linnartz: Erstens glaube ich, dass Yoga überall hingehört – nicht nur auf den Bürostuhl. Abgesehen davon gibt es schon viele prominente Wirtschaftsgrößen, die seit Jahren Yoga praktizieren. Der Apple-Gründer Steve Jobs war etwa einer von ihnen. Oder der Procter & Gamble-Chef Alan Lafley. Und auch der RWE-Chef Peter Terium - beide extrem erfolgreiche Manager und Yogis.
Welche positiven Effekte hat Yoga im Job?
Es gibt einfach typische Büro-Beschwerden, die meist vom zu vielen Sitzen kommen. Und zwar nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Viele davon lassen sich mit Yoga hervorragend behandeln. Zum Beispiel der verspannte Nacken, Rückenschmerzen und den oft daraus resultierenden Kopfschmerzen. Aber auch die mentalen Auswirkungen von zu viel Stress und zu wenig Bewegung wie etwa Konzentrationsschwierigkeiten.





Yoga macht also leistungsfähiger?
Auf jeden Fall lernt man durch Yoga, wie man besser mit Stress umgehen kann, man wird fokussierter und dadurch natürlich auch produktiver. Außerdem bauen wir unsere Resilienz auf, das heißt wir lernen mit unseren inneren Ressourcen gestärkt durchs Leben zu gehen.
…aber bis diese Effekte eintreten, muss ich vermutlich bereits viele Stunden auf der Yogamatte verbracht haben.
Natürlich gilt: Je mehr man praktiziert und übt, desto eindrucksvoller sind die Ergebnisse. Aber trotzdem ist es besser, jeden Tag nur eine Minute lang Übungen zu machen als überhaupt keine. Das ist das Minimum, mit dem man aber schon kleine Effekte erzielen kann. Idealerweise nimmt man aber zusätzlich zu den Übungen am Schreibtisch noch jede Woche ein bis zwei Yoga-Stunden und unternimmt einmal im Jahr eine Yoga-Reise.





Guckt mich der Chef nicht komisch an, wenn ich auf einmal im Sonnengruß auf meinem Stuhl verharre?
Zahleiche Unternehmen bieten selbst schon Yoga oder Meditations-Kurse an. Bei der NASA und der Lufthansa gibt es für Piloten die Anweisung regelmäßig einen Powernap, also ein kurzes Schläfchen auf der Arbeit, zu halten. Auch Pepsi, Vaillant und IBM stellen Ruheräume für ihre Mitarbeiter zur Verfügung. Der Procter & Gamble-CEO Alan Lafley hat mal gesagt, man kann Probleme nicht ausarbeiten, man muss sie ausmeditieren. Deshalb gibt es in seinem Unternehmen auch Meditations- und Yogakurse für die Mitarbeiter. Genauso wie bei der Unternehmensberatung McKinsey, dessen Chef ebenfalls Yoga praktiziert. Das hat natürlich nicht nur altruistische Gründe: Die Unternehmen haben einfach gemerkt, dass sie Vorsorge günstiger kommt als Nachsorge.
Sie gehen aber noch weiter und sagen, dass Yoga auch als Vorbeugung gegen Burnout hilft – warum?
Yoga ist eben nicht nur ein Sport, sondern ein ganzheitliches Konzept, dass auf vier Säulen basiert. Der eine Teil ist die körperliche Betätigung. Es ist bekannt, dass durch Sport das stressverursachende Hormon Cortisol abgebaut wird. Hinzu kommen die Atmung, das mentale Training und die Ernährung. Wer etwa die richtigen Atemtechniken kennt, kann viel mehr Sauerstoff aufnehmen und führt seinem Körper so auch mehr Energie zu. Außerdem gibt es stressfördernde Lebensmittel und stressabbauende Lebensmittel.
Welche sind das?
Stressfördernd sind Nahrungsmittel, die den Körper herausfordern und ihn stärker arbeiten lassen. Zum Beispiel sehr scharfes Essen oder Gewürze wie Knoblauch. Aber auch Fast Food. Stressabbauend hingegen sind etwa brauner Reis, fettarme Milchprodukte wie Joghurt oder Hüttenkäse und Nüsse. Oder Aprikosen und grünes Blattgemüse. Sie versorgen den Körper unter anderem mit Magnesium, das die Muskeln entspannt und bei Kopfschmerzen hilft. Nahrungsmittel wie Vollkornprodukte oder Süßkartoffeln sorgen mit langkettigen Kohlenhydraten für einen langsam ansteigenden und stabilen Blutzuckerspiegel. Dadurch bleibt die Leistungsfähigkeit konstant, wir können mit Erschöpfung im Stress besser umgehen und fühlen uns lange satt.
Sie selbst erlitten vor zehn Jahren einen Burnout, wie sind Sie da wieder raus gekommen?
Ich habe mir nach meinem Burnout ein Sabbatical genommen und bin nach Indien gegangen. Ich hatte zwar auch schon vorher in Deutschland Yoga gemacht, aber eher als Sport. Ich fand es toll, auf einmal die Beine hinter den Kopf zu bekommen. In Indien bin ich dann mit dem richtigen, ganzheitlichen Yoga in Berührung gekommen –Meditation, die richtige Atmung, gute Ernährung, all das hat mir sehr geholfen.