Lieber Bangalore als Berlin Diese Städte sind am besten auf die mobile Arbeitswelt vorbereitet

Tisch, Stuhl, Notebook: Viel braucht es heutzutage nicht mehr – wenn der Arbeitgeber mitspielt. Quelle: imago images

Wo sitzen die besten Talente vom Entwickler bis zur Personalmanagerin? Und in welcher Stadt sind die Bedingungen am besten, Fernarbeiter einzustellen? Eine neue Studie zeigt, wie sich die Metropolen der Welt im Vergleich schlagen - und welche deutsche Stadt dabei mithalten kann.

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In einem ist Dublin natürlich wieder einsame Spitze: Steuervermeidung. Nicht nur als Hort niedriger Abgaben für weltweit tätige Konzerne wie Google oder Facebook, die dort ihren Europa-Sitz haben, taugt die irische Hauptstadt. Auch wenn es darum geht, wo die günstigsten Bedingungen für Fernarbeit herrschen – ein Job irgendwo, ohne festes Büro – bestätigt Dublin seinen Ruf.

Im Städte-Fernarbeiter-Index der Personalplattform Workmotion heißt die Unterkategorie, in der Dublin niemand etwas vormacht, verblümt „Einfachheit der Compliance“. Gemeint sind damit neben Steuern etwa nationale Arbeitsrichtlinien. Und Dublin liegt in fünf von sechs Berufsfeldern ganz vorne.

Doch die Daten zeigen auch: Die von Steuern einmal abgesehen wirklich interessanten Städte für Menschen, die nicht viel mehr als ein geladenes Notebook brauchen, sind andere.



Die Studienautoren haben untersucht, welche Stadt am besten für die Bedürfnisse von Fernarbeitern und Unternehmen, die solche anstellen, gerüstet ist. Sie klopften 100 Städte weltweit in sechs Berufsfeldern vom Entwickler bis zur Personalmanagerin darauf ab, wie der dortige Zugang zu Talenten, die örtlichen Gehälter und die gebotene Infrastruktur für diese Form des Geldverdienens sind. Denn 16 Prozent aller Unternehmen weltweit haben laut Workmotion bereits gänzlich auf Fernarbeit umgestellt. Sie erlauben ihren Mitarbeitern, von überall ihren Job zu erledigen.

Wem es als Fernarbeiter nicht nur darum geht, Steuern zu sparen, der hat auch in Europa Alternativen zu Dublin. Vor allem London schneidet in der Studie gut ab, ebenso wie Bukarest.



Die britische Hauptstadt landet in mehren Bereichen unter den ersten beiden weltweit und hat ein Alleinstellungsmerkmal über alle Branchen hinweg: Nirgendwo ist der Zugang zu jungen Talenten besser. Und in keiner anderen Stadt gibt es so viele Co-Working-Plätze wie in London.

Aus Deutschland taucht Berlin am häufigsten in den Top 20 auf. Für Datenwissenschaftler mit Berufserfahrung ist Berlin gar die drittattraktivste Stadt hinter Singapur und London auf Platz 1. In dieser Kategorie ist auch Wien recht weit vorne vertreten.



München landet unter den Programmierern jeweils unter den besten 18. Hamburg taucht bei den erfahrenen Personalmanagern auf Rang 21 auf, Düsseldorf auf 23. Frankfurt ist im Feld Cybersicherheit mit den Plätzen 23 und 25 gut aufgestellt.

Die Differenzierung zwischen Berufsanfängern und -erfahrenen zeigt: Bei den Erfahrenen stehen entsprechend etablierte Wirtschaftszentren im Vordergrund – Bangalore, London, Kuala Lumpur –, für Anfänger sind auch jüngst entstandene Homeoffice-Hochburgen wie Lissabon oder eben Bukarest dabei.



Die Personalplattform Workmotion kritisiert jedoch, dass viele Staaten bisher wenig dafür getan hätten, die neue Art des Arbeitens für sich zu nutzen. Carsten Lebtig, Mitgründer von Workmotion, hält es für wichtig, dass die „Städte Englisch sprechende und computererfahrene Arbeitskräfte ausbilden und eine Fernarbeitsinfrastruktur mit bezahlbaren Co-Working-Spaces aufbauen“. Lebtig sagt: „Die neue Normalität sorgt für eine radikale Änderung in den Prioritäten der Städte.“ Lokale Talente seien heute „der schnellste und effektivste Weg zu wirtschaftlichem Wachstum“.

Deswegen fordert er geringere bürokratische und steuerliche Hürden für ausländische Unternehmen, die Arbeitskräfte ordnungsgemäß, aber remote anstellen möchte.



Lebtig sieht darin eine Chance für Städte: Sie müssten nicht länger mitansehen, wie gut ausgebildete Landsleute wegziehen, weil diese auch aus ihrer Heimat für internationale Firmen arbeiten können, die besser bezahlen. Von den Steuern dieser Gutverdiener könnten die Kommunen dann wiederum profitieren, argumentiert er.

Ob Bangalore, bekannt für seinen Techsektor, und Buenos Aires einen solchen Schub bereits wahrnehmen, kann er noch nicht beantworten. Der Studie zufolge sind es genau diese beiden Metropolen, die am weitesten sind.



Die lokalen Löhne gehören dort zwar zu den schlechtesten, doch das sei im Sinne der Auswertung sogar ein Vorteil, argumentiert Lebtig: „Wenn sich zwei Personen aus verschiedenen Städten um dieselbe Stelle bewerben und die gleichen Eigenschaften aufweisen, kann natürlich das durchschnittliche lokale Gehalt bei der Auswahl eine Rolle spielen.“ Die Bewerberin aus der Stadt, in der das Gehaltsniveau verhältnismäßig niedrig ist, hat womöglich weniger hohe Ansprüche. Zumal die Lebenshaltungskosten dort oftmals geringer sind. In San Francisco gebe es viele talentierte Entwickler, erklärt Lebtig, „aber die höheren Durchschnittslöhne bedeuten, dass es weniger rentabel ist, dort ansässige Remote-Mitarbeiter einzustellen“.

Beispiel Buenos Aires: Die Stadt habe „gut ausgebildete Fachkräfte und ein universitäres Umfeld, das kontinuierlich qualifizierte Absolventen hervorbringt“, sagt Lebtig. „Insbesondere aber die im internationalen Vergleich niedrigen Gehälter sorgen dafür, dass die Stadt so gut abschneidet.“

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