Literatur Aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft

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Chefinnen flirten nicht mit dem Kellner

Die Herrscherinnen des Silicon Valley
Marissa MayerMarissa Mayer ist ein Google-Urgestein, beim Suchmaschinenkonzern war sie Mitarbeiterin Nummer 20. Zuletzt arbeitete die Google-Vorzeigefrau als Produktchefin. Mit dem Wechsel an die Spitze von Yahoo steigt die Ex-Freundin von Google-Gründer Larry Page endgültig in die Spitze der US-IT-Managerinnen vor. Denn eine ganze Reihe von Spitzenpositionen bekleiden Frauen… Quelle: REUTERS
Margaret WhitmanMeg Whitman ist so etwas wie die Grande Dame des Silicon Valley. Ihren Ruhm und Reichtum begründete Whitman, die eigentlich Ärztin werden wollte, mit Ebay. Sie machte aus dem Startup mit gerade mal 30 Mitarbeitern ein global operierendes Online-Auktions- und dann ein Handelshaus mit 15.000 Angestellten und 8,5 Milliarden Dollar Umsatz. Über zehn Jahre lenkte sie Ebay und trat im März 2008 etwas amtsmüde als Vorstandschefin zurück. Die langjährige Chefin des Internet-Handelskonzerns Ebay löste Ende September 2011 überraschend den glücklosen Vorgänger Léo Apotheker an der Spitze des weltgrößten IT-Konzerns ab. Quelle: dapd
Virginia RomettyDie seit 30 Jahren in den Diensten von IBM stehende Managerin hat Anfang Januar 2012 das Steuer vom langjährigen IBM-Boss Sam Palmisano (links) übernommen. Die Informatikerin und Ingenieurin, die 1981 bei IBM anheuerte muss den von Plamisano verkündeten "Strategieplan 2015" fortsetzen. Quelle: Reuters
Sheryl SandbergChefin ist sie zwar (noch) nicht, doch kaum eine Frau im Valley ist so mächtig, wie Sheryl Sandberg. Die frühere Google-Managerin war 2008 zu Facebook gekommen und hat Zuckerberg seitdem in geschäftlichen Dingen den Rücken freigehalten, so dass er sich ganz auf die Weiterentwicklung des Netzwerks konzentrieren konnte. Sandberg sorgt in ihrer Rolle dafür, dass das Geld hereinkommt, kümmert sich um die Außendarstellung, um die Personalführung und vieles andere. Auch beim Börsengang fiel Sandberg als Architektin des geschäftlichen Erfolgs eine wichtige Rolle zu: Sie versuchte zusammen mit Zuckerberg, Investoren zum Kauf von Aktien zu bewegen. Die Nummer zwei bei Facebook hat im Juni ihre Macht im Sozialen Netzwerk ausgebaut. Die fürs Tagesgeschäft zuständige Managerin und rechte Hand von Firmenchef Mark Zuckerberg ist nun auch in den wichtigen Verwaltungsrat eingezogen. Dies ist das höchste Firmengremium - und das war bislang rein männlich besetzt. Quelle: REUTERS
Carol BartzDoch einige Frauen sind auch schon wieder gescheitert. Zwischen 2009 und 2011 sollte Carol Bartz den Umschwung bei Yahoo schaffen. „Diese Leute haben mich verarscht“, schimpfte Carol Bartz, als sie ihren Posten als Yahoo-Chefin wieder verlor. Als Verwaltungsratschef Roy Bostock ihr am Telefon das von Anwälten formulierte Kündigungsschreiben diktierte schleuderte sie ihm entgegen: „Warum hast Du nicht die Eier, es mir selbst zu sagen?“ Im Januar 2009 war die langjährige Chefin des Softwarehauses Autodesk zu Yahoo geholt worden, um endlich wieder Schwung in die Internet-Ikone zu bringen. Bartz fand ein zerrüttetes Unternehmen vor, ohne klare Management-Zuständigkeiten, Intrigen und kleinen Königtümern. Sie brachte wieder klare Strukturen ins Unternehmen, stellte verlustträchtige Projekte ein und kürzte die Kosten. Eine umstrittene Suchmaschinen-Allianz mit Microsoft sparte zwar Kosten. Doch damit gab Yahoo eigene Expertise ab Quelle: REUTERS
Carly FiorinaFiorina war lange Chefin von Hewlett-Packard, sie leitete HP von 1999 bis 2005 und war dort unter anderem für die Fusion mit Compaq verantwortlich. 2010 kandidierte sie als Senatorin für Kalifornien, verlor aber die Wahl gegen die Demokratin Barbara Boxer. Quelle: AP

Männer können sich anscheinend überhaupt mehr herausnehmen, dürfen sich in der Öffentlichkeit betrinken, derbe Witze reißen oder mit der Kellnerin flirten, was umgekehrt unmöglich sei: „Man stelle sich vor, eine weibliche Führungskraft würde in alkoholisiertem Zustand in eindeutiger Weise mit dem Kellner flirten!“ Männer, so die Autorin, glaubten auch wie selbstverständlich, dass ihnen ein höheres Gehalt zustehe, Frauen hingegen hätten Angst unverschämt zu wirken und gäben sich mit einem Lob zufrieden – nicht weil sie bescheidener sind, sondern weil sie noch nicht kapiert haben, „dass allein ein forderndes Auftreten zum Erfolg führt, der sich in barer Münze auszahlt“.

Selbstkritik schadet im Job - laut sein, dröhnendes Selbstbewusstsein zeigen, wird dagegen belohnt. Zu den Glanzstücken des Buch zählt das Kapitel über die Manieren im Zoo der Alphatiere. Sie sind so gut wie nicht vorhanden. Von Ausnahmen abgesehen, heißt es, sind im Berufsalltag der Topmanager Umgangsformen außer Kraft gesetzt, „besonders wenn man sich schon länger kennt“. Grobe Unhöflichkeiten seien an der Tagesordnung, Entschuldigungen nicht vorgesehen. Auch nicht gegenüber Frauen, für die es keine Sonderbehandlung gebe. Dabei hätte sie „gegen eine zuvorkommende Behandlung seitens der Männer gar nichts einzuwenden“.

Doch die Dialektik der Emanzipation will, dass der Erfolg im Beruf für weibliche Führungskräfte einen besonders hohen Preis hat: Nicht zuletzt das viele Alleinsein. Nicht nur auf Geschäftsreisen, wo Frauen das Abendessen lieber im Hotelzimmer zu sich nehmen statt im Restaurant oder gar an der Bar, wo „die Atmosphäre einfach zu seltsam ist“ und der Kontakt mit einem anderen allein reisenden Geschäftsmann etwas geradezu Anrüchiges hätte. Auch im Privatleben bedeutet, Karriere zu machen, in jeder Hinsicht „einsame Spitze“: Während Männer in den Augen ihrer Gattinnen durch den Erfolg sexy und begehrenswert werden, schreckt er bei Frauen potentielle Partner eher ab, zumal Frauen nicht gern nach unten heiraten.

Die Folge: Es wartet niemand auf sie zu Hause. „Männer in meiner Position haben beides, Karriere und Kinder“, schreibt die Autorin, „warum sollte ich mich dazwischen entscheiden müssen?“ Sie führt seit vielen Jahren eine Fernbeziehung. Als sie ein Kind von ihrem Freund erwartet, heißt es in der Firma: „Herzlichen Glückwunsch! Freuen Sie sich denn? Ihren jetzigen Job werden Sie nie wieder machen.“ Dass Kinder und Karriere nicht vereinbar sind, hat für ihren Vorgesetzten „den Rang eines Naturgesetzes.“ Genau deshalb würde in deutschen Unternehmen bei gleicher Kompetenz und Qualifikation von Mann und Frau immer der Mann den Top-Job bekommen – weil Männer nicht schwanger werden. Frauen gelten nach wie vor als Risikofaktor.

Die Autorin, einst eine vehemente Gegnerin der Quote, haben derlei Erlebnisse „zur Verfechterin einer Frauenquote werden lassen, die sich das einzelne Unternehmen als Selbstverpflichtung auferlegt“. Vielleicht würden dann endlich auch Manieren im Management einkehren. Frauen sind gewiss nicht die besseren Menschen, aber sie sollen angeblich etwas Zivilisierendes haben.

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