Macht - anders!
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Der Platzhirsch, das bedrohte Wesen

Die Pandemie hat uns ins Homeoffice verbannt. Eigentlich. Denn wer Karriere machen will, geht trotzdem ins Büro. Muss das wirklich sein?

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Ein Studienfreund von mir hat sich das Erfolgsgeheimnis von Queen Elizabeth zu eigen gemacht: „Ich muss gesehen werden, damit man mir glaubt“, sagte die britische Königin einmal. Peter, mein einstiger Kommilitone, hat es genauso zu einem super erfolgreichen Unternehmensberater gebracht. Er ist der Beste, der Intelligenteste, der Effizienteste und der Leistungsorientierteste.

Aber er ist vor allem eines: Immer da! Wann immer eine Beförderung anstand – er wusste früh davon, zeigte Präsenz und bekam sie. Und dann kam Corona. Alle gingen ins Homeoffice – und nicht nur Peter stand vor der Frage: Wie kann ich Machtanspruch und Status signalisieren, wenn nicht über Präsenz?

Wer zu Hause eine eindrucksvolle Regalwand mit Fachliteratur vorweisen konnte, positionierte sich bei den nun regelmäßig stattfindenden Videocalls direkt davor. Das war ein wichtiges Statement an die Kollegen: Wer hat die größte Bibliothek? Oder steht da etwa eine Harry-Potter-Gesamtausgabe? Als Alternative zur Bücherwand diente bald auch die Designerküche, mit der man zeigen konnte, dass man nicht nur Geschmack hat – sondern auch das nötige Geld, sich den zu leisten. Ein weißer Hintergrund hingegen, wie ihn viele Videokonferenztools anbieten, erwies sich schnell als langweilig – und der Sonnenuntergang aus dem Backpacker-Urlaub in Südostasien sorgte für hämische Kommentare.

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Ein Jahr nach dem kollektiven Umzug ins Homeoffice aber zeigt sich: Selbst die stilvollste Wohnung mag als Statussymbol taugen, den Karrierefaktor Präsenz vermag sie nicht auszugleichen. Die Gespräche zwischen Tür und Angel, die eben nur im Büro möglich sind, liefern nicht nur wertvolle Informationen. Sie helfen auch, Stimmungen auszuloten und Chancen zu erkennen – und haben damit eine handfeste Bedeutung für die Karriereplanung. Jemandem, der ausschließlich zu Hause arbeitet, fehlen genau diese Gespräche. In den Unternehmen, die ihre Mitarbeiter wechselweise ins Büro kommen lassen, reserviert derselbe eifrige Kollege flugs das komplette Büro durch, sobald die Vergabe für die Woche freigeschaltet ist. Seine Anwesenheit ist eine Demonstration seines Machtanspruchs: Hier bin ich und an mir müsst ihr erst einmal vorbei!

Also doch alles wie gehabt? Anwesenheit vor Kompetenz? Mein Kommilitone jedenfalls hat für sich eine längst gute Mischung gefunden: Ein paar Tage Homeoffice fürs effiziente Arbeiten und regelmäßige Präsenz im Büro, damit er nichts verpasst. Führungskräfte aber sollten sich die Frage stellen, wie sie künftig über eine Beförderung entscheiden. Es ist an der Zeit, sich stärker auf Ergebnisse zu fokussieren! Wenn in Zukunft nicht der eifrigste, sondern der für die anstehenden Aufgaben am besten qualifizierte Mitarbeiter befördert würde – welch eine Effizienzsteigerung würden wir in Deutschland erleben!

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