Ich bin meinen Mitarbeitern wirklich dankbar: Sie haben mir schon vor einer ganzen Weile Einblick in ihren Impfnachweis gewährt – freiwillig. Und damit haben sie mir meinen Job enorm erleichtert. Das wird mir nun, da der Bundestag die 3G-Regel am Arbeitsplatz beschlossen hat, einmal mehr bewusst. Und ich frage mich: Was ist aber, wenn ein kleines Unternehmen einen oder zwei Mitarbeiter hat, die weder geimpft, noch genesen sind? Soll sich der Chef dort allen Ernstes jeden Morgen persönlich an die Tür stellen, um den tagesaktuellen Coronatestnachweis in Augenschein zu nehmen? Und was, wenn der Chef mal nicht da ist? Auch Unternehmer werden schließlich mal krank. Und manchmal haben sie sogar Urlaub. Dann steht der Mitarbeiter mit seinem Test also vor der Tür – und kommt nicht rein? Pech gehabt. Natürlich gibt es auch automatisierte Systeme, mit denen sich Nachweise digital und datenschutzkonform überprüfen lassen. Das bedeutet aber Umbauten und Investitionen – so kurzfristig ist das gar nicht machbar.
Er kann sich ja impfen lassen, das ist die mal klarer, mal weniger klar formulierte Haltung der Politik. Das stimmt natürlich auch irgendwie. Aber es gibt in Deutschland nun einmal keine Impfpflicht. Und so lange sich die Bundesregierung nicht durchringen kann, ihre Haltung in dieser Frage zu überdenken, muss ich als Unternehmerin die persönliche Entscheidung meiner Mitarbeiter akzeptieren.
Gift fürs Betriebsklima
In den Fällen, in denen ein Kollege oder eine Kollegin kein Testergebnis vorlegt, kann ich ihn oder sie freistellen. Theoretisch. Praktisch ist auch das keine wirkliche Lösung. Denn, Überraschung, in der Regel beschäftigen wir keine Mitarbeiter, die wir nicht brauchen. Das heißt: In einem solchen Fall müssen alle anderen übernehmen, was der ausgefallene Kollege eben nicht mehr erledigen kann. Das ist Gift für das Betriebsklima.
Viele bisherige Regelungen waren einfach nur bürokratisch. Wir Unternehmer und Unternehmerinnen haben es trotzdem irgendwie hinbekommen. Die nun umzusetzende Kontrolle von Testnachweisen aber löst unter uns gerade Panik aus. Wie funktioniert die Kontrolle, wenn Mitarbeiter auf Baustellen sind oder auf Montage? Was muss ich genau speichern und wie lange muss ich mich dafür nun wieder kostenpflichtig mit einem Datenschutzbeauftragten unterhalten? Die allerwenigsten Unternehmen sind bislang im Umgang mit Gesundheitsdaten und den strengen dafür geltenden Regeln vertraut.
„Dann sollen sie doch eine Impflicht einführen“, sagte kürzlich jemand zu mir. „Dann lasse ich mich auch impfen“. Ich habe ihm entgegnet, wie leid ich es bin, dass die Politik immer mehr pandemiebezogene Aufgaben auf andere abwälzt, um nur ja nicht selbst den Frust der Bevölkerung abzubekommen. Allen Unternehmern, die gerade Gespräche mit ihren ungeimpften Mitarbeitern führen, spüren nun die Unzufriedenheit mit der völlig vergeigten Pandemiepolitik der vergangenen Monate. Dabei waren nicht wir es, die diese Regeln eingeführt haben. Wir müssen Dinge umsetzen, von denen wir selbst nicht wissen, wie sie gemeint sind, um unsere Existenz und die unserer Mitarbeiter zu sichern. Ich will nicht länger der Sündenbock für zaghafte Politiker sein, denen ihre Wiederwahl wichtiger ist als der Schutz und, ja, auch der Zusammenhalt der Gesellschaft. Wer will, dass sich alle Menschen impfen, der führt eine Impflicht ein. Und dann übernimmt er dafür Verantwortung. Das ist es, was wir Unternehmer und Unternehmerinnen von der Politik verlangen.
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