Dass die Kompetenz darunter nicht leidet, zeigen Untersuchungen von Psychologin Alice Isen an der Cornell-Universität in New York. Demnach sind Menschen, die positiv denken und das auch ausstrahlen, nicht nur belastbarer und zufriedener; sie werden meist sogar öfter befördert. Neben dem Lächeln will sich André Baumgarten künftig auf klare Gesten konzentrieren: „Lieber weniger, aber bewusster.“ Die Hände hektisch zu bewegen wirkt fahrig. Wer sich vorher überlegt, was er sagt und welche Geste dazu passt, wirkt präsent.
Für einen gelungenen ersten Auftritt gilt es also, viel zu beachten. Wie schade daher, dass im Job kaum Zeit bleibt, jedes Gespräch gut vorzubereiten. Und überhaupt: Was, wenn alle guten Vorsätze plötzlich weg sind, sobald sich die Köpfe am Konferenztisch auf einen richten und man die Aufregung in sich hochsteigen fühlt?
Ein Teilnehmer von Neumanns Seminar berichtet von seiner Tätigkeit als Sachbearbeiter bei einem Versicherungsunternehmen. Ein Job mit viel Routine, aber wenig Kundenkontakt. Künftig soll er öfter interne Meetings leiten und will daher lernen, souverän und selbstbewusster aufzutreten. „Ich mag es überhaupt nicht, im Mittelpunkt zu stehen“, sagt der gelernte Bürokaufmann. „Das ist für mich ein ganz unangenehmes Gefühl.“
Eines sollten Schüchterne unbedingt vermeiden: eine Rolle spielen, der sie nicht gerecht werden können. Der Kölner Showmaster Linus hat oft beobachtet, dass die Kluft zwischen Können und Wollen besonders unangenehm auffällt: „Wer im Glitzeroutfit auf die Bühne tritt, aber dabei wirkt, als würde er sich am liebsten hinter dem Schlagzeug verstecken“, so Linus, der „wäre in einem schlichten Kostüm ganz sicher besser aufgehoben“.
Im Job gilt dieselbe Regel. Das konnten Forscher der Bocconi-Universität in Mailand und des University College London kürzlich beobachteten. Ein Team um Celia Moore prüfte in Interviews mit rund 2000 Personen, wie selbstreflektiert sie waren. Dann verglichen sie deren Resultate bei Bewerbungsgesprächen. Und siehe da: Jene, die offen über ihre Stärken und Schwächen sprachen, sich natürlich verhielten und ohne zu zögern Antworten gaben, schnitten am besten ab.
Coach Neumann rät, sich Schritt für Schritt an den perfekten Auftritt heranzutasten: „Zuerst gilt es, sich bewusst zu machen, wo man mit seinen Fähigkeiten steht. Dann kann man ein oder zwei Punkte herausgreifen, an denen man als Erstes arbeiten will.“
Der Sachbearbeiter etwa hat sich vorgenommen, künftig bei Präsentationen mehr Blickkontakt zu halten und in Konferenzen aufrechter zu sitzen. Danach will er den nächsten Schritt angehen. Für Neumann ein guter Plan: „So verhindert man, dass Mimik und Gestik aufgesetzt wirken.“ Zudem sei es sinnvoller, in manchen Punkten zu brillieren, als alles mittelmäßig zu machen: „Wer weiß, dass ihm große Gesten nicht liegen, aber eine angenehme Stimme hat, konzentriert sich auf Klang und Rhetorik.“
Denn trotz aller Studien gibt es für den erfolgreichen ersten Eindruck keine Blaupause. Bei Linus’ Talentprobe haben in den vergangenen 25 Jahren schon Hausfrauen im Kittel gewonnen, Rapperinnen mit Dreadlocks und Rocker mit langer Mähne. Eines aber hatten alle gemeinsam: eine realistische Einschätzung davon, was sie können – und was nicht.