Und in der deutschen Arbeitswelt? Extravagant britisch oder lieber zurückhaltend italienisch? Derzeit seien bordeauxrote Krawatten der letzte Schrei, wie Motsch erzählt. Wer die zum dunklen Anzug trägt, macht damit aber eher einen staatstragenden Eindruck. Bei hellen Stoffen sei das dunkle Rot dagegen ein schöner Hingucker.
Wie bei allem gilt auch bei farbiger Business-Kleidung: Die Dosis macht das Gift. Und es kommt natürlich auf Branche und Umgebung an. Was bei Jung von Matt erlaubt ist, kann bei der Deutschen Bank zu schrägen Blicken, wenn nicht sogar zum Gespräch mit dem Vorgesetzten führen. Zu dunkel dürfe es aber auch nicht werden: Je höher die Position, desto dunkler die Farbe, erklärt Motsch. "Ich persönlich bin ein großer Freund von Richtlinien, die klar vorgeben, wie man sich wann zu kleiden hat. Die Mitarbeiter können ja nicht riechen, wie es die Vorgesetzten gern hätten", sagt sie.
Gibt es solche Regeln nicht, hilft, was immer hilft: nachfragen.
Business oder Smart Casual? Die Umgebung zählt
Nicht nur der Chef, auch die Umgebung entscheidet darüber, wie bunt es sein darf. "Im Smart-Casual-Bereich sind traditionell mehr Farben erlaubt", weiß Roetzel. "Da kann also unbesorgt ein groß karierter Tweed in Hellgrün-Blassrosa und Hellblau mit einer violetten Kordhose, Rosa Cardigan und hellblauen Strümpfen kombiniert werden. Wer sich mit einem Farbgewitter aber nicht wohlfühlt, kann auch bräunlich melierten Tweed mit einer rostroten Kordhose tragen."
Das bedeuten die verschiedenen Business-Dresscodes
Bedeutet gehobene Freizeitkleidung, also: Baumwollhose, Polohemd, Jackett. Beim Business Casual putzen sich die Leute mehr heraus: Frauen tragen Kostüm oder Hosenanzug, nicht zu hohe Schuhabsätze, unsichtbare Zehen. Männer tragen eine Kombination, die Krawatte kann im Schrank bleiben.
Meist bei Einladungen nach der Arbeit. Konservativ: Er trägt Anzug, aber keine Brauntöne. Sie: Kostüm oder Hosenanzug, aber keine großen Handtaschen mit Schulterriemen. Einzig richtig: Clutchbags – kleine Handtäschchen ohne Riemen. Rocklänge: nie kürzer als eine Handbreit über dem Knie.
Damen: halblange, elegante Kleider
Herren: dunkelgraue oder schwarze Anzüge.
Gerne zu Abendanlässen.
Er: Smoking, Hemd mit Doppelmanschetten, Kummerbund und Einstecktuch, schwarze Fliege, schwarze Schuhe.
Sie: schwarze lange Robe, Tasche (kleiner als der Kopf). Accessoires gerne farbig.
Er: Frack, weiße Weste mit tiefem Ausschnitt, Stehkragenhemd mit verdeckter Knopfleiste, weiße Fliege, Lackschuhe.
Sie: bodenlanges Abendkleid in Schwarz, Weiß oder Grau (Schultern bei Ankunft bedeckt). Zum Ballkleid geschlossene Schuhe mit Seidenstrümpfen. Findet der Ball im Hochsommer statt, auch hohe Sandaletten – dann ohne Strümpfe.
Zu eleganten Partys und Vernissagen ab 16 Uhr.
Er: dunkler Anzug, Hose mit Bügelfalte, einfarbiges Hemd, dunkle Krawatte, lässiger Schnürschuh.
Sie: das kleine Schwarze. Schultern, Dekolleté und Bein dürfen gezeigt werden.
Werden oft falsch zugeknöpft. So ist es richtig: Zweireiher immer geschlossen. Sakko mit zwei Knöpfen: ein Knopf geschlossen, wahlweise der untere oder der obere. Drei-Knopf-Sakko: beide oberen Knöpfe zu oder nur der mittlere. Vier-Knopf-Sakko: die beiden mittleren oder die drei oberen Knöpfe geschlossen. Fünf-Knopf-Sakko: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben zu. Frack: wird immer offen getragen. Weste: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben geschlossen.
Unter Sakkos tabu! Die Hemdmanschette muss unter dem Ärmel herausschauen. Richtig: Die Ärmel des Sakkos enden knapp über dem Handrücken, die Hemdmanschette schaut darunter einen Zentimeter heraus.
Klassisch aus weißer Baumwolle, modern aus farbiger Seide oder Kaschmir. Hat nie (!) dasselbe Muster wie die Krawatte, passt aber farblich dazu.
Sie reicht exakt bis zur Gürtelschnalle, nicht länger, nicht kürzer. Der Knoten darf nie so dick werden, dass er den Kragen vom Hemd abdrückt.
Ungepflegte Galoschen enttarnen jedes stilvolle Outfit als Verkleidung. Das Minimum ist ein Paar schwarzer Schnürschuhe aus Leder. Etwa ein Oxford – glatt mit schlichter Kappe. In Braun passt er auch zu Sportjacketts oder Tweedanzügen. Der Semi-Brogue eignet sich zu gemusterten Anzügen und weichen Stoffen. Auch er hat eine Kappe, die weist aber dezente Lochmuster wie beim Brogue auf. Der wird auch Budapester genannt und passt mit seinem typischen Lochmuster auf der geschwungenen Kappe und den Seitenflügeln zu Anzügen aller Art. Wirkt aber stets etwas konservativ.
Außerdem komme es auf die Intensität der Farbe an, so der Stil-Experte. Im Business könne man getrost ein weißes Hemd mit rosa Streifen zum dunkelblauen Anzug tragen und dazu eine rote Krawatte. Dazu dunkelblaue Strümpfe und schwarze Schuhe. Die gleichen Farben ließen sich natürlich auch auf ein Businessoutfit für Damen übertragen.
Bitte nicht überladen
Was beim bloßen Lesen vielleicht schon in den Augen weh tut, sei gar nicht so extravagant. Da Weiß und Schwarz keine Farben sind, bleiben noch Dunkelblau, Rosa und Rot als übrig.
"Als Farbe im Sinne von Auffälligkeit werden aber nur der rosa Streifen und das Rot des Binders wahrgenommen", sagt Roetzel. Damit sei es aber auch genug, mehr Farbe wäre bei diesem Beispiel fehl am Platze, wie er sagt. Grundsätzlich gilt: "Das Businessoutfit verträgt genau einen farbigen Gag, nie aber zwei. Wenn Sie also eine auffällige Krawatte tragen, sollte der Rest Ton in Ton gewählt werden." Von Motiv-Krawatten ist dennoch dringend abzuraten - Gag hin oder her.
Und eines sollte man beim Griff zur Neonkrawatte bedenken: anders als das unauffällige Modell löst dieser Binder Reaktionen aus – die nicht zwangsläufig positiv sind. Wenn das Gegenüber das eigene Outfit nicht für modisch, sondern für eine optische Beleidigung hält, hat das im Geschäftsleben mitunter Konsequenzen.
"Wer Farbe trägt, muss es ertragen können, damit nicht immer gut anzukommen - und vielleicht auch mal einen Auftrag nicht zu bekommen", sagt Motsch. Es gebe Leute, die es schaffen, mit ihrem Hang zu Farbe und Mode einen Kult zu schaffen und sich selbst zur Marke zu machen. Doch dafür braucht es eben ein gewisses Standing: Wenn der Chef einen roten Anzug zum grünen Hemd trägt, sagt vermutlich niemand etwas. Beim Azubi sieht das anders aus.