Männer und Frauen Kompetenter in geschlechtsuntypischen Berufen?

Junge Erwachsene, die in untypischen Berufsfeldern arbeiten, haben überdurchschnittliche Fähigkeiten, wollen Gender-Forscher an der Universität Basel herausgefunden haben.

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Die Mechatronikerin und der Erzieher sind auch im Zeitalter der Gleichberechtigung relativ selten. Möglicherweise sind sie aber begabter als ihre geschlechtstypisch arbeitenden Kollegen. Eine Forschungsgruppe für Gender Studies an der Universität Basel will jetzt herausgefunden haben, dass junge Erwachsene, die in geschlechtsuntypischen Berufen arbeiten überdurchschnittlich gute Fähigkeiten besitzen. Männer, die in „Frauenberufen“ und Frauen, die in „Männerberufen“ arbeiten, können demnach mit besseren mathematischen Können und höheren Lesekompetenzen dienen, als Ihre Altersgenossen in typischen Berufsfeldern.

Diese Ergebnisse unterlegen sie mit Daten der TREE-Studie. Für diese wurden 6.000 Schweizer Jugendliche, die im Jahr 2000 mit 16 Jahren die Schulpflicht beendeten, in Jahresabständen zu ihrer beruflichen Entwicklung befragt. Zusätzlich wurden 33 auserwählte Jugendliche rund zehn Jahre nach ihrem Schulabschluss ausführlicher zu Ausbildungs- und Berufsverlauf befragt.

Diesen Interviews zufolge sind geschlechtsuntypische Ausbildungen und Berufe nach wie vor eine Seltenheit. Obwohl Frauen in ihrer schulischen Karriere weitaus erfolgreicher sind, machen Männer betrieblich viel schneller Karriere. Nur magere drei Prozent der 6.000 Schüler ergriffen nach Abschluss der Schule einen für ihr Geschlecht untypischen Beruf.

Die Forschungsgruppe zieht Parallelen zwischen diesem Trend, dem Schweizer Ausbildungssystem. Laut dieser Studie verlangt das Ausbildungssystem von den Schülern eine extrem frühe Weichenstellung. Die eingeschlagenen Pfade lassen sich später schwer wieder verlassen. Im zarten Alter von fünfzehn bis sechzehn Jahren trauen sich viele noch nicht Entscheidungen zu treffen, die etwas aus dem Rahmen fallen. Sie sind es gewohnt Stereotypen gerecht zu werden.

Die wenigen Schüler, die trotz allem in geschlechtsuntypische Berufsfelder einsteigen, weisen außer ihren überdurchschnittlich guten Fähigkeiten ein vergleichsweise starkes Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit auf. Diese Fähigkeiten sind laut PISA-Studie geschlechtsuntypisch verteilt. Männer in frauendominierten Berufen schnitten beim Lesen besser ab und Frauen in männerdominierten Berufen überzeugten mit mathematischem Können. Auffällig ist auch, dass die Eltern dieser Schüler einen höheren sozialen Status haben. Das Umfeld war stärker von kulturellen Gegenständen, wie zum Beispiel Büchern oder Kunst geprägt.

Untypische Berufswahlen bringen ein höheres Risiko mit sich. Der Fazit der Forschungsgruppe: Wer solch eine Berufswahl trifft, braucht mehr Ressourcen und eine größere soziale Sicherheit.

 

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