Moderne Arbeitswelt New Work ist weder neu, noch gut

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Grenzen der Mobilität

Ob es nun neu ist oder nicht – die Vorteile des mobilen Arbeitens liegen auf der Hand: So sagt beispielsweise Brnjak, dass es bei der Telekom um gute Arbeitsergebnisse gehe – sonst nichts. „Dafür müssen Mitarbeiter nicht immer am Schreibtisch sitzen.“

Dem stimmt auch Nurten Erdogan bei der Messe Zukunft Personal zu. Sie ist Managing Director und verantwortlich für den Bereich Mergers & Acquisitions – also Transaktionen, Fusionen und Firmenübernahmen bei der Commerzbank. “Ich verhandele viel. Das kann ich per Videokonferenz zwischen Frankfurt und New York machen, das kann ich am Telefon machen. Da spielt es doch keine Rolle, ob ich das im Büro oder zu Hause mache“, so Erdogan. „Ich bin dann zwar nicht im Büro, aber ich arbeite doch.“

Zwar gebe es noch den sozialen Druck und das Klischee, dass Leute, die nicht zwölf Stunden oder mehr im Büro sitzen, nicht produktiv sein können, wie Cristina Riesen, Europachefin des virtuellen Notizbuchs Evernote, erzählt. Aber: „Manager sehen schnell, ob die Arbeit liegen bleibt.“ Insofern setzt sich das flexible Arbeiten in immer mehr Betrieben durch. Auch, weil immer mehr, gerade junge Mitarbeiter diese Flexibilität einfordern. „Du kannst nicht darauf warten, dass dein Chef dich fragt, ob du mehr Zeit mit deinen Kindern verbringen willst“, sagt Riesen. Mitarbeiter müssten ihren Vorgesetzten deshalb klar sagen, was sie brauchen.

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Doch auch das Büro-Nomadentum hat seine Schattenseiten, wie Betriebswirtin Rump aus eigener Erfahrung weiß: “Es ist schwierig, neue Kollegen anzulernen, wenn alle überall sind, nur nicht im Büro. Und es ist schwierig, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, wenn alle überall sind, nur nicht im Büro.” Damit das klappt, brauche es eine ganze Menge Selbstdisziplin und Selbstmanagement. “Hätte ich noch einmal die Wahl, ich würde es anders machen”, sagt sie. “Die Nachteile sind doch ziemlich heftig.” Sie ist mittlerweile für eine Mischform aus Anwesenheit und mobiler Arbeit. Und auch Ries von SAP betont: „Es braucht Anlaufstellen, Kümmerer, an die man sich wenden kann, auch wenn der Chef nicht erreichbar ist. Alle Generationen brauchen das, auch die Generation Y.“

Natürlich ist es wichtig, dass Unternehmen auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen und dass sie ihre Angestellten nicht als unmündige Kinder verstehen, über die sie bestimmen können. Genauso wenig sollten Arbeitnehmer in ihrem Vorgesetzten beziehungsweise dem Unternehmen den besten Freund und Förderer sehen. Und wir sollten uns darüber klar sein, dass es natürlich in Zukunft auch die uns versprochenen Massagesessel, Smoothies, Feelgood-Manager und hippen Bürolandschaften für glückliche, erfolgreiche, flexible Mitarbeiter mit dickem Konto geben wird.

Aber daneben wird es eben auch noch zahlreiche weitere Arbeitsrealitäten geben – abhängig von Bildungsgrad, Branche und Position. Und vermutlich wird New Work in diesen Welten – Stichwort gewerblicher Arbeitsmarkt – genauso wenig chic und flauschig sein, wie in den vergangenen 30 Jahren.

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