Motivation für 2021 „Alles hängt von der richtigen Planung ab“

„Wir müssen uns den Grundoptimismus erhalten. Außerdem kann diese Krise das Gefühl von Kontrolle sogar stärken“, sagt Sozialpsychologe Frank Wieber. Quelle: imago images

Gute Vorsätze helfen, sich für das neue Arbeitsjahr zu motivieren. Ein Forscher verrät, wie leicht sich die Pläne dieses Mal wirklich umsetzen lassen – und was einen guten Vorsatz ausmacht.

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2020 war eine Zumutung. Viele Menschen sind erschöpft und unsicher, was 2021 bringen wird. Da fällt es nicht leicht, motiviert ins neue Jahr zu starten. Gute Vorsätze könnten helfen, doch leider überleben sie selten den Januar. Sozialpsychologe Frank Wieber erforscht, wie Menschen Pläne am besten in die Tat umsetzen. Er ist stellvertretender Leiter der Forschungsstelle Gesundheitswissenschaften an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

WirtschaftsWoche: Herr Wieber, wie finde ich heraus, was mich im Job motiviert?
Frank Wieber: Schauen Sie, welche Vorhaben Ihnen im vergangenen Jahr Spaß gemacht haben und Ihnen trotz Hindernissen gut gelungen sind. Was waren im Job schöne Erfahrungen, die Sie gern häufiger im Alltag erleben möchten? Gleichzeitig geht es darum, die „Vampire“, die Energiesauger, zu identifizieren und zu reduzieren. Das könnte das ständig volle E-Mail-Postfach sein, das Sie einfach nicht leer bekommen. Wichtig ist, dass Sie dabei nicht nur schauen, was Sie persönlich ändern können. Nehmen Sie auch die strukturellen Verhältnisse in den Blick. 

Das ist für viele in großen Unternehmen gar nicht so einfach.
Aber wenn die stimmen, sind dauerhafte Verhaltensänderungen viel erfolgversprechender. Das könnte beim Postfach die Überlegung sein, ob E-Mails überhaupt der richtige Kommunikationskanal sind. Worum geht es in den meisten Nachrichten, ist eine Jour-fixe-Konferenz mit Kollegen vielleicht geeigneter, um diese Themen kompakt abzuarbeiten?

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Warum scheitern wir so häufig, die guten Vorsätze in die Tat umzusetzen?
Wir unterschätzen, dass es gute Gründe gibt, warum Pläne in der Vergangenheit nicht geklappt haben. Hier kommen Sie um eine Ursachenanalyse nicht herum, woran frühere Vorhaben konkret gescheitert ist. Das ist allerdings ein Punkt, mit dem wir uns nicht gern auseinandersetzen. Deshalb springen wir lieber gleich zu den großen Visionen, die dann aber häufig leider zu nichts führen. 

Wir sabotieren uns dabei gewissermaßen selbst?
Wir möchten gern glauben, dass wir Ziele schon kraft unseres Willens erreichen werden. Dabei ist der Großteil unseres Verhaltens geprägt durch Routinen, bei denen wir eben nicht groß nachdenken. Wir unterschätzen, wie wenig Zeit und Lust wir im Alltag haben, uns über unser Verhalten großartige Gedanken zu machen. 

Wie kommt man dagegen an?
Alles hängt von der richtigen Planung ab. Nehmen Sie sich eine ruhige Minute und überlegen Sie, was für Ziele Sie gern erreichen möchten! Angenommen, Sie wollen im nächsten halben Jahr ein wichtiges Projekt erfolgreich abschließen oder die Beziehung zu einem Kollegen verbessern, mit dem die Kommunikation schnell eskaliert. Nun kontrastieren Sie den Wunsch mit dem Hier und Jetzt: Was müssen Sie verändern, um das Ziel zu erreichen? Dann können Sie genau planen: Welche Hindernisse lassen sich wie aus dem Weg räumen? Wichtig sind auch Gradmesser, um zu sehen, ob man auf einem guten Weg ist oder nachjustieren muss. 

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An welche Gradmesser denken Sie da?
Es ist gut, gleich zu Beginn Feedback einzubauen, indem man etwa Kollegen oder den Partner einbindet. In manchen Bereichen können Analysetools helfen, um Fortschritt zu messen. Menschen sind nicht gut darin, langsame Veränderungen in ihrem Verhalten zu bemerken. Wenn Sie zum Beispiel am Wochenende oder abends nicht mehr so viel arbeiten möchten, können Sie Programme nutzen, die visualisieren, wie viele E-Mails wann und wie gesendet wurden. 

Den Plan zu fassen ist das eine, ihn durchzuziehen eben deutlich schwieriger. Wie kann es trotzdem gelingen?
Hier sind die sogenannten Wenn-Dann-Pläne oft sehr hilfreich. Sie funktionieren am besten in Situationen, in denen sonst instinktiv gehandelt wird. Also anstatt im Feierabend erst mal auf dem Sofa zu entspannen, sagen Sie sich: Wenn ich nach Hause komme, dann ziehe ich mich sofort um und gehe joggen. Beim Umgang mit dem schwierigen Kollegen könnte der Plan lauten: Wenn der Ton wieder lauter wird, dann atme ich erst mal tief durch. Oder: Dann sage ich „Machen wir doch mal kurz Pause“. Auf diese Weise definieren Sie ein Verhaltensmuster, das Sie automatisch zum gewünschten Ziel führt. Das hat sich als eine sehr einfache, aber extrem wirkungsvolle Strategie erwiesen, um Verhalten dauerhaft zu verändern. 

„Wenn ein Ziel Sie dauerhaft viel Nerven kostet, kann es sein, dass es nicht zu Ihnen passt“

Wie oft muss man solche Wenn-dann-Szenarien durchspielen, damit sie verfangen?
Wir haben bei Studien gesehen, dass Teilnehmer sich Wenn-dann-Formeln schon nach dreimal vorsagen merken konnten – und die Effekte über Jahre sichtbar sind. Ist der Plan erst mal im Gehirn angelegt, lässt sich das Handlungsmuster in Millisekunden abrufen. Das funktioniert übrigens auch beim Vorsatz, bestimmte Menschen nicht automatisch über einen Kamm zu scheren, sondern sie individuell fair zu beurteilen. Vor 15, 20 Jahren waren wir noch sehr pessimistisch, ob sich diese automatischen Vorurteile in den Griff bekommen lassen. Mittlerweile aber weiß man, dass über Training und Motivation viel möglich ist.

Ist es eigentlich besser, sich auf ein, zwei gute Vorsätze zu beschränken?
Absolut. Eine ganz starke Priorisierung ist für den Erfolg wichtig. Denn es braucht Zeit, um Veränderungen wirklich zu verinnerlichen. Nach sechs Monaten spricht man davon, dass ein neues Verhalten weitgehend stabil ist. Aber es kann bis zu zwei Jahre dauern, bis es sich als robuste Routine etabliert hat. Deshalb ist es besser, Ziele nacheinander anzugehen. Anders sieht die Lage aus, wenn sich zwei Ziele ergänzen, zum Beispiel Aufhören zu rauchen und mehr Sport treiben.



Wie erkenne ich, welchem Ziel ich die Priorität geben sollte?
Das ist vermutlich das, was Ihnen spontan als erstes einfällt. Themen, über die wir häufiger nachdenken, die uns ständig beschäftigen, kommen uns eher in den Sinn. Damit Pläne funktionieren, brauchen Sie ein gutes, starkes Ziel, bei dem Ihnen Scheitern wirklich etwas ausmacht. Ansonsten droht die Gefahr, dass Sie da mittelfristig nicht so viel Energie reinstecken und deshalb nicht durchhalten. Wenn ein Ziel Sie dauerhaft viel Nerven kostet, kann das ebenfalls ein Zeichen dafür sein, dass es nicht zu Ihnen passt. 

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Dieses Jahr hat gezeigt, dass die besten Pläne schnell über den Haufen geworfen werden können. Wie motiviere ich mich, mich überhaupt motivieren zu wollen, gute Vorsätze zu schließen?
Wir müssen uns den Grundoptimismus erhalten. Außerdem kann diese Krise das Gefühl von Kontrolle sogar stärken. Das trifft natürlich nicht auf alle Menschen zu. Aber viele haben plötzlich gesehen, was alles aus dem Homeoffice funktioniert. Das kann eine Chance sein, nach dem Motto: Ich kann selbst solche Herausforderungen bewältigen.

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