Mittlerweile lebt eine ganze Branche davon, Angestellte zu bespaßen, um diese nachhaltig ans Unternehmen zu binden. Das verspricht auch die Jochen Schweizer Corporate Solutions GmbH in München. Bekannt wurde die Unternehmensgruppe einst mit Bungeesprüngen von Fernsehtürmen, heute setzt sie mit allerlei "Mitarbeiterbindungsmaßnahmen" für Firmen einen "hohen siebenstelligen Betrag" um. Jedes Jahr seien es 15 Prozent mehr, so das Unternehmen. Tag für Tag organisiert es irgendwo in Deutschland eine Firmenparty. Die Preisspanne reicht von 49 Euro für das Schweben im Windkanal bis 9.000 Euro für einen Flug, auf dem Schwerelosigkeit simuliert wird. Pro Person, natürlich. Spaß sei dabei kein Selbstzweck, sagt der Geschäftsführer Wolfgang Langmeier. Seine Kunden hoffen, dass sich die Investition in emotionaler Bindung und höherer Leistung auszahle. Messen lasse sich das zwar nicht, sagt Langmeier, aber: "Nach einem tollen Event haben die Leute dieses Glänzen in den Augen."
Ulrich Jordan widerspricht. "Die ganze Incentive-Industrie deckt das Problem nur mit einer Zuckerschicht zu", sagt der Unternehmensberater und Coach, der zuvor lange Personalvorstand bei der deutschen Citibank war. Heute spricht er offen über eigene Fehler: "In den neunziger Jahren kam es in Mode, sich um junge Absolventen von MBA-Programmen zu bemühen. Die wurden bei uns ziemlich gepampert. Dabei haben wir allerdings die Immunabwehr des Unternehmens unterschätzt." Die Bevorzugung einiger weniger MBAs hatte zur Folge, dass andere Mitarbeiter sich benachteiligt fühlten und auf einmal demotiviert waren. Viele der umsorgten High Potentials wechselten dagegen bald zum nächsten Arbeitgeber. Der war nämlich noch netter.
Schnell stecken Unternehmen in der Falle. Einerseits wollen sie Leistungsträger anspornen – was die Übrigen aber schnell als ungerecht empfinden. Alle Mitarbeiter gleich zu behandeln hilft aber auch nicht weiter. Irgendwann fragen sich dann selbst Hochmotivierte, warum sie die Arbeit der Dienst-nach-Vorschrift-Fraktion miterledigen sollen.
Emotionale Bindung ist eben keine Sache von Ringelpiez mit Anfassen. Manche Unternehmen stellen deshalb ihre ganze Organisation um und engagieren zum Beispiel "Feel-good-Manager". So heißen die Profis für den Umbau der Arbeitswelt. So einer ist Magdalena Bethge, die bei dem Hamburger Start-up Jimdo, einem Anbieter von Programmsoftware für die eigene Website, für das Wohlergehen von 160 Mitarbeitern sorgt. Bethge kümmert sich um die "Newcomer", stimmt sie auf die "Corporate Identity" ein und achtet darauf, dass alle "Feedback" zu ihrer Arbeit bekommen. Nebenbei organisiert sie Kochabende, besorgt Kino- oder Konzertkarten. Außer Bethge arbeitet bei Jimdo noch eine "Flow-Managerin", die Arbeitsprozesse optimiert. "Es ist hier mehr eine große WG als ein Unternehmen", sagt Bethge.
Das sei zwar besser als spektakuläre Einmal-Events, erklärt Gallup-Forscher Nink, auf Dauer aber auch keine Lösung. "Das schraubt bloß die Ansprüche höher und höher, und am Ende geraten sich hoch bezahlte Akademiker wegen der Auswahl der Reissorten beim Kantinenessen in die Haare. Oder weil der eine Kollege beheizbare Außenspiegel am Dienstwagen bekommt und der andere nicht."