Neue Studie Verdienen Frauen mehr als ihre Männer, schummeln beide beim Gehalt

Quelle: imago images

Verdient die Frau mehr als ihr Mann, neigen beide Partner dazu, ihr wahres Gehalt zu verschleiern, um den Mann besser aussehen zu lassen. Das zeigt eine US-Studie. Über die Gründe dafür können die Forscher nur mutmaßen.

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Manche Veränderungen gehen schnell, andere brauchen lange – vor allem wenn es ums Geld geht. Frauen werden zum Beispiel immer noch schlechter bezahlt als Männer. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland im Jahr 2017 bei 21 Prozent.

Nehmen wir an, dieser Gender Pay Gap würde von heute auf morgen verschwinden. Nehmen wir weiter an, alle Frauen würden nicht nur gleich bezahlt, sondern würden sogar mehr verdienen als die Männer – was würde passieren? Folgt man der Argumentation von Marta Murray-Close, Sozialwissenschaftlerin an der Universität von Massachusetts, würden die Menschen ihr wahres Gehalt verschleiern – um die ach so armen Männer besser aussehen zu lassen. 

So lautet zumindest, leicht zugespitzt, das Fazit einer neuen Studie, die Murray-Close nun auf dem Jahrestreffen der American Economic Association vorstellte. 

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von Dieter Schnaas

Gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Misty Heggeness vom Bureau of the Census, der amerikanischen Volkszählungsbehörde, verglich sie zwei verschiedene Datensätze. Zunächst analysierte sie die Gehaltsangaben, die etwa 100.000 Ehepaare zwischen 2003 und 2013 gegenüber der Volkszählungsbehörde gemacht hatten. Die Paare waren zwischen 24 und 54 Jahre alt, mindestens einer der Partner hatte eine Festanstellung.

Wohlgemerkt: Die Angaben beim Zensusbüro sind freiwillig, eine falsche Information wird weder bemerkt noch sanktioniert. Die Menschen können also theoretisch lügen, wie es ihnen beliebt. Und davon machten sie praktisch anscheinend reichlich Gebrauch. Aber dazu gleich noch mal. 

In einem zweiten Schritt besorgten sich Murray-Close und Heggeness nun die wahren Gehaltszahlen von der US-Sozialversicherungsbehörde. Bei ihr müssen die Arbeitgeber genau hinterlassen, wie viel ihre Mitarbeiter verdienen. Als die Forscherinnen die beiden Datensätze miteinander verglichen, bemerkten sie interessante Unterschiede.

Bei etwa 77 Prozent der Befragten war der Mann der Hauptverdiener – und egal ob der Mann oder die Frau das Gehalt angab, beide hielten sich an die Wahrheit. 

Bei knapp 23 Prozent der teilnehmenden Paare verdiente die Frau hingegen mehr als der Mann. Und genau diese Paare schummelten bei den Gehaltsangaben: Sowohl die Männer als auch die Frauen neigten dazu, das Einkommen des Ehemanns bei der Zensurbehörde höher anzugeben als es tatsächlich war, das Gehalt der Frau hingegen niedriger zu gestalten. Die geringer bezahlten Ehemänner blähten ihr Gehalt um 2,9 Prozentpunkte auf, die Frauen schrumpften ihr eigenes Einkommen freiwillig um 1,5 Prozentpunkte. 

Warum übertrieben diese Paare beim Gehalt der Männer, während sie beim Verdienst der Frauen untertrieben? Genau wissen das auch die beiden Forscherinnen nicht, denn die Menschen wurden ja nicht dahingehend befragt. Aber sie haben zumindest eine Vermutung. 

Ehepaare, bei denen die Frau der Hauptverdiener ist, sind immer noch in der Minderheit. Sie widersprechen also in gewisser Weise einer Norm, die seit Jahrzehnten gilt. Und diese scheinbare Exotenrolle ist ihnen unangenehm. So sehr, dass sowohl Mann als auch Frau das Gehalt des Mannes künstlich aufblähen – während sie das Einkommen der Frau künstlich kleinreden.

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