Und der Psychologe Patrick Mussel von der Universität Würzburg konnte 2012 mit einer Studie unter 320 Auszubildenden eines Automobilzulieferers zeigen, dass Neugierige bessere Arbeitsergebnisse abliefern. Dabei verwendete er einen speziellen Neugier-Test, den er zuvor mit drei Forscherkollegen aus Deutschland und den USA entwickelt hatte. Wer bei diesem Test besonders gut abschnitt, bekam von den Vorgesetzten auch regelmäßig die beste Leistung attestiert.
Matthias Gruber wundern diese Ergebnisse nicht. Der 36-jährige Psychologe forscht am Neurowissenschaftlichen Institut der Universität von Kalifornien in Davis und sagt: „Neugier ist zentraler Bestandteil des Lernprozesses.“ In einem Experiment, das Gruber zusammen mit seinen Kollegen Bernard Gelman und Charan Ranganath 2014 konzipierte, zeigte er 19 Probanden mehrere Quizfragen, während sie in einem Magnetresonanztomografen lagen. Nach jeder Frage dauerte es 14 Sekunden, bis die Antwort auf einem Monitor erschien.
So bringen Sie Ihr Gehirn auf Trab
Tragen Sie Ihre Uhr rechts statt links oder machen Sie Tätigkeiten, die Sie sonst nur mit Ihrer bevorzugten Hand ausführen, einfach mal mit der anderen.
Lernen Sie einen neuen Tanz, eine neue Sprache, neue Kochrezepte, lernen Sie ein Gedicht auswendig oder fangen eine neue Sportart an – was, ist eigentlich egal. Hauptsache, das Gehirn bekommt Futter.
Gehen Sie ohne Einkaufszettel in den Supermarkt und überschlagen Sie beim Warten an der Kasse den Gesamtwert der Waren im Kopf. Oder: Versuchen Sie beim Musikhören die verschiedenen Instrumente zu erkennen.
Memory kennt jeder aus seiner Kindheit. Das Merkspiel steigert die Konzentration und das bildhafte Gedächtnis bei Jung und Alt. Sie haben kein Memory-Spiel mehr zu Hause? Dann spielen Sie es online. Auch Schach ist gut für Gehirn.
Kreuzworträtsel sind zwar eine gute Gedächtnisübung, aber nur, wenn sie sehr schwer sind – und nicht jede Antwort gegoogelt wird. Nur selbst raten aktiviert die grauen Zellen.
Es gibt zwar kein Brainfood, das aus einer mentalen Trantüte einen zweiten Einstein macht, aber es gibt durchaus Lebensmittel, die Gehirn und Nerven besser mit den nötigen Nährstoffen versorgen, als Schokolade und Chips. Dazu gehören unter anderem Nüsse, frischer Fisch und Früchte.
Gönnen Sie sich Pausen, in denen sich auch das Gehirn erholen kann. Das funktioniert schon durch bewusstes Atmen und hilft in stressigen Situationen gleichzeitig, einen klaren Kopf zu bewahren.
Da die Teilnehmer zuvor auf einem Fragebogen angekreuzt hatten, wie neugierig sie auf die einzelnen Antworten waren, konnten Gruber und seine Kollegen genau beobachten, wie sich Neugier im Gehirn zeigt. Und dabei fiel den Forschern auf: Kam eine Frage dran, auf deren Antwort ein Teilnehmer besonders gespannt war, wurden Gehirnregionen aktiv, die mit dem Belohnungssystem zusammenhängen.
Nachdem sie alle Fragen und Antworten gesehen hatten, mussten die Teilnehmer bei einem Wissenstest zeigen, was sie von dem Stoff behalten hatten. Das eindeutige Ergebnis: An Antworten, auf die sie besonders neugierig gewesen waren, konnten sich die Probanden am besten erinnern. „Neugier zeigt dem Gehirn an, dass es sich lohnt, jetzt aufzupassen“, sagt Gruber. „Informationen werden dann besonders gut gespeichert.“ Das wissensdurstige Gehirn saugt Informationen also förmlich auf – sogar solche, die mit der eigentlichen Frage, auf deren Antwort man so neugierig war, gar nichts mehr zu tun haben.
Neugierige Menschen haben ein besseres Gedächtnis
Im weiteren Verlauf des Experiments zeigten die Psychologen den Probanden während der Wartezeit zwischen Frage und Antwort für einen kurzen Augenblick unterschiedliche Gesichter, die sie später in einem Test wiedererkennen sollten. Auch hier erinnerten sich die Teilnehmer leichter an jene, die sie in Momenten gesehen hatten, als sie neugierig auf die Antwort waren. „Das Gehirn muss ständig entscheiden, welche Informationen gespeichert werden und welche nicht. Bei dieser Entscheidung spielt Neugier eine entscheidende Rolle“, sagt Gruber.
Doch nicht nur die Merkfähigkeit ist bei neugierigen Menschen besser. Sie kommen auch auf bessere Ideen. Der polnische Psychologe und Soziologe Maciej Karwowski von der Akademie für Spezialpädagogik in Warschau untersuchte 2012 in einer Studie unter rund 300 Schülern, ob Neugier und Kreativität zusammenhängen. Die Schüler mussten mehrere Fragebögen ausfüllen und dabei unter anderem angeben, wie sie an komplexe Probleme herangehen und wie sie sich Neuem gegenüber verhalten. Schüler, die keine Angst vor Unsicherheit hatten und neue Situationen nicht bedrohlich, sondern spannend fanden, waren besonders kreative Problemlöser. „Neugier ist ein zentraler Bestandteil von Kreativität“, schrieb Karwowski. „Das ist eine wichtige Erkenntnis für alle, die Einfallsreichtum fördern wollen – seien es Lehrer, Eltern oder Manager.“
Was die Kreativität fördert
Der Psychologe Travis Proulx von der Universität von Kalifornien ließ Probanden sinnfreie Passagen aus Kafkas "Landarzt" lesen. In anschließenden Tests fanden sie mehr Lösungswege und schnitten besser ab als diejenigen, die eine redigierte Version gelesen hatten.
Frank Fischer von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität analysierte die Gruppenarbeiten von 300 Studenten. Vorher hatte er den Raum mit höhenverstellbaren Tischen ausgestattet. Siehe da: Teilnehmer, die zwischen Sitzen und Stehen wechselten, kamen häufiger zu richtigen Ergebnissen als nur im Sitzen - und hatten 24 Prozent mehr Ideen.
Im Schlaf findet kombinatorisches Denken statt, wie Denise Cai von der Universität von Kalifornien in San Diego 2009 bestätigen konnte. Sie ließ 77 Teilnehmer verschiedene verbale Aufgaben lösen, einige Probanden konnten zuvor ein Nickerchen halten - die lösten die Aufgaben am besten.
Der Sozialpsychologe Jens Förster von der Jacobs-Universität Bremen fand in einer Studie heraus, dass die Teilnehmer eine kniffelige Aufgabe eher lösten, wenn sie zuvor an ihren Partner gedacht hatten. Der Gedanke an Liebe lässt in die Zukunft blicken - was dabei hilft, Dinge miteinander in Beziehung zu stellen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.
In blauer Umgebung steigt der Einfallsreichtum. Ravi Mehta und Rui Zhu von der Universität von British Columbia in Vancouver ließen Freiwillige im Jahr 2009 verschiedene Aufgaben lösen - roter Hintergrund verbesserte zwar die Leistung bei der Detailaufgabe, blau jedoch die Kreativität.
Doch warum beeinflusst die Neugier derart stark unser Verhalten? Weil wir einen angeborenen Hunger nach Neuem haben, sagt der Neurologe Irving Biederman von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles. Das Gehirn lechze nach noch unbekannten Sinneseindrücken und belohne uns mit einer Art Drogenrausch, wenn wir etwas Neues anschauen, hören oder fühlen, schrieb Biederman 2006 in einem Aufsatz. Darin stellte er mit Daten aus mehreren Laborexperimenten eine neue Theorie zur Informationsverarbeitung des Gehirns auf.