Organisation Bloß nicht immer so ordentlich!

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Schade um die Arbeitszeit

Was nach einer faulen Ausrede klingt, ist inzwischen sogar wissenschaftlich erwiesen. Studien zeigen: Besitzer eines aufgeräumten Schreibtisches kramen kurioserweise bis zu 36 Prozent länger nach ihren Zetteln, behauptet Eric Abrahamson, Professor der Columbia Business School. „Wenn ich perfekt aufgeräumte Schreibtische sehe, dann frage ich mich: Wann arbeiten die Leute, wenn sie so viel aufräumen?“, sagt Abrahamson.

Das ist nur ein wenig übertrieben. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung fand in einer Studie vor einigen Jahren heraus: Etwa zehn Prozent der Arbeitszeit verdaddeln Menschen durch „überflüssige oder fehlende Arbeitsmaterialien“ oder „ständiges Suchen nach dem richtigen Dokument in chaotischen Dateiverzeichnissen“.

Kein Wunder. Wer ständig sämtliche Zettel, Notizen und Dokumente konserviert und archiviert, nummeriert und laminiert, blickt hinterher vielleicht zufrieden auf sein Werk. Er kann sich allerdings häufig nicht mehr erinnern, wo genau die Unterlagen stecken.

Diese Dinge auf der Arbeit können krank machen

Mehr noch: Es mag auf den ersten Blick sinnvoll sein, sofort alle neu eintreffenden Dokumente einzuordnen. Allerdings fehlt diese Zeit, um wirklich kreativ und produktiv zu sein.

Daher appellieren Experten daran, den Angestellten ihre Eigenarten zu gönnen. Wer im Chaos arbeiten kann und dabei trotzdem kreativ ist – vielleicht auch gerade deswegen –, den sollte man nicht zur Ordnung zwingen. Aus gutem Grund: „Mithilfe von Chaos oder Unordnung wird das Gehirn gefordert, und verkrustete Denkstrukturen werden aufgebrochen“, sagt Siegfried Preiser, Professor an der Psychologischen Hochschule Berlin, „man denkt plötzlich unkonventioneller.“

Das belegte vor einigen Jahren auch eine viel beachtete Studie. Kathleen Vohs von der Universität Minnesota forderte 48 Probanden zu einem Experiment heraus. Die eine Hälfte befand sich währenddessen in einem aufgeräumten Büro, die andere Hälfte an einem chaotischen Arbeitsplatz. Die Probanden sollten sich nun darüber Gedanken machen, wie man Tischtennisbälle nutzen könnte, abgesehen von ihrer sportlichen Funktion.

So werden Sie am Arbeitsplatz glücklicher
Menschen, die häufig lächeln, haben weniger oft Herzkrankheiten und leben länger, schreibt Ilona Bürgel in ihrem Buch „Die Kunst, die Arbeit zu genießen“. Selbst wenn wir uns zwingen, den Mund zu einem Lächeln zu verziehen, erkennt das Hirn den Unterschied nicht und empfängt die Botschaft, dass wir glücklich sind. Quelle: getty images
Glückliche Menschen verbringen 30 Prozent weniger Zeit vor dem Fernseher und sind lieber mit anderen unterwegs. Kino, Kirche oder Tanzen egal: Das Beisammensein mit anderen Menschen zählt. Quelle: dpa
Ob Fotos, Steine oder eben Hasen - die Erinnerungsstücke an schöne Momente tragen zu späteren Glücksgefühlen bei und sorgen für die Erwartung weiteren Glücks. Quelle: dpa
Bewegung baue das Stresshormon Cortisol ab und vertreibe Depressionen, so die Autorin. Wenige Minuten pro Tag reichen bereits. Noch besser ist die Wirkung im Freien, da dann zusätzlich Vitamin D produziert wird, das gesund und glücklich macht. Quelle: dpa
Bürgel zitiert eine Studie mit 160 Yoga-Lehrern. Diese ergab, dass regelmäßiges Yoga die Glücksblutwerte um 27 Prozent steigert. Quelle: REUTERS
Nicht nur negative Informationen, Gefühle und Haltungen stecken an - Glücklicherweise funktioniert das Prinzip auch umgekehrt. Wer bei der Arbeit positive Gefühle hat, nimmt diese mit nach Hause und überträgt sie so ins Privatleben. Und weiter bewirkt ein glückliches Privatleben auch gute Gefühle im Job - der Kreis schließt sich. Quelle: Handelsblatt Online
Massagen sollen die Abwehrkräfte steigern und Stresshormone im Körper abbauen. Quelle: Handelsblatt Online

Und siehe da: Die Probanden im Messie-Büro waren wesentlich origineller und hatten kreativere Ideen. Vohs glaubt: Eine chaotische Umgebung regt zu unkonventionellen Gedanken an. Sterile, ordentliche Räume hingegen veranlassen Menschen eher dazu, in traditionellen Mustern zu denken – und zu handeln.

Wohlgemerkt: Äußere Unordnung garantiert noch lange keine Kreativität. Wichtig ist vielmehr, was währenddessen im Kopf passiert. „Um kreativ zu sein, hilft es nicht, kurzfristig sein Zimmer nicht mehr aufzuräumen oder seinen Schreibtisch zuzumüllen“, sagt Harford, „sondern vielmehr, ein natürliches Maß an Unordnung zuzulassen und manchmal auch spontan zu sein.“

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