Pendeln Pendler haben keine Zeit für Sport

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Die vergebliche Hatz zur U-Bahn

Es gibt sogar viel zitierte Studien, wonach Pendeln so anstrengend sein kann wie das Fliegen in einem Kampfjet. Kann das stimmen? Ich mache den Test. Mit meiner Pulsuhr verkabelt, bringe ich erst meine Tochter in den Kindergarten und versuche dann den nächsten Zug nach Hamburg zu erwischen.

In der Spitze schlug mein Herz 150 mal in der Minute. Das war in dem Moment, als ich der U-Bahn hinterherrannte und sie gerade nicht mehr bekam. Schon vorher lief mir der Schweiß den Nacken runter, denn die Tochter wollte trotz Regen lieber Kleid als Hose anziehen. Die Zeit bis zur Abfahrt tickte und tickte.

Bin ich nun anfälliger für einen Herzinfarkt? Das hängt vermutlich ganz davon ab, wie ich diesen Stress empfinde. Man kann die vergebliche Hatz zur U-Bahn sportlich nehmen oder innerlich kochen. Letzteres regt im Körper die Produktion von Cortisol an. Das kann im Dauerzustand dazu führen, dass die Hirnleistung sinkt und sich Magengeschwüre bilden. Wer hingegen mit einer gewissen Leichtigkeit unterwegs ist, dem können die Pulsausschläge sogar gut tun. Kurze Rennen zu Bus und Bahn sind der Gesundheit sogar förderlich.

So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag

Viel wichtiger aber wäre es, wenn Arbeitgeber mal auf die Idee kämen, die sportlichen Aktivitäten ihrer Mitarbeiter tagsüber zu unterstützen. Das beginnt meist damit, ordentliche Duschen zur Verfügung zu stellen. In der ZEIT-Redaktion beispielsweise gibt es eine großzügige Kantine, in der morgens geschnittene Rohkost für Mitarbeiter bereitsteht, es gibt Einzelbüros für die Redakteure und dienstags eine Masseurin. Es gibt aber auch: die winzigste Dusche der Welt. Wer die Tür zu früh öffnet, steht halbnackt auf dem Flur des Feuilletons; wer sie zu spät öffnet, fühlt sich angesichts der Luftfeuchtigkeit von annähernd 100 Prozent wie im Regenwald. Höchstens eine Handvoll Redakteure soll dort je gesichtet worden sein.

Nächste Hürde: die Akzeptanz. Ein Arbeitsessen setzen die meisten auf die Spesenrechnung. Versuchen Sie das mal mit der Tennisstunde mit Ihrem Geschäftspartner.

Vielen Pendlern wird die Ignoranz der Arbeitgeber zum Verhängnis. Pendeln ist Privatsache. Mit der Folge, dass Sport Privatsache ist. Mit der Folge, dass Pendler weniger Sport treiben und häufiger krank sind als ihre Kollegen. Am Ende zahlt die Krankenkasse – und damit letztlich die Gesellschaft.

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