Personalberater Robert Harich „Wer mehr kann, als er zeigen darf, muss gehen“

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„Bleibt der Erfolg aus, wird der Trainer gewechselt“

Was sind die ersten Schritte, die man tun sollte, wenn man einen Wechsel anstrebt?
Gut ist, sich einigermaßen klar darüber zu werden, was man selbst will ohne dabei ständig die Erwartungshaltungen anderer zu erfüllen. Es geht darum, die Autorenschaft über die eigene Lebensgeschichte zu erlangen.

Woher weiß man, dass es bei einem neuen Arbeitgeber besser wird?
Man sollte grundsätzlich nur zu solchen Firmen wechseln, von deren Geschäften man wirklich etwas versteht und nicht davon ausgehen, dass man alles kann. Grundsätzlich gilt: wenn es nach sechs Monaten in der neuen Firma nichts gibt, was Sie am liebsten ändern möchten, ist die Firma perfekt oder es stimmt etwas mit Ihrer Wahrnehmung nicht.

Sind Arbeitnehmer in Deutschland zu wenig veränderungsfreudig? Müssten sie mutiger sein?
Die Komfortzone zu verlassen, ist nicht nur im Beruf eine Herausforderung, an der man wachsen kann. Die Veränderungsbereitschaft ist größer geworden, aber die drängenden Herausforderungen verlangen noch viel mehr Agilität im Denken und Handeln. In großen Konzernen sitzen zu viele Mitfünfziger auf ihren Posten, für die die alten Geschäftsmodelle noch bis zur Rente reichen. Die bewegen oft nicht mehr genug.

Wann raten Sie Managern vom Wechsel ab, die auf Sie mit solchen Absichten zukommen?
Wenn die Wechselmotivation in übertriebenem Ehrgeiz, verletztem Stolz oder materieller Gier liegt.

Sucht man länger oder weniger lang, wenn man von einer Top-Position aus wechseln will?
Top-Jobs werden schnell und langsam besetzt. Wobei man Schnelligkeit nicht von vorne herein mit mangelnder Sorgfalt und Langsamkeit nicht mit alles umfassender Gründlichkeit verwechseln sollte. Es gibt Situationen, in denen schnell entschieden werden muss, sei es aus der Situation der Firma heraus oder weil der Kandidat sonst ganz einfach nicht mehr zu haben ist. Unverändert gilt aber: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das machen selbst Google & Co. nicht anders.

Ändert sich die Wechselmotivation und -bereitschaft, je höher man in der Hierarchie kommt?
Gipfelstürmer sind besonders endorphinabhängig und leiden schnell an Erlebnisarmut, wenn sie nichts bewegen und verändern können. Denen wird es schnell langweilig. Aber es gibt auch immer wieder diejenigen, die ihre Verträge aussitzen oder nur auf die nächste Verlängerung spekulieren. Das ist die Folge von häufig fehlgeleiteten Vergütungssystemen.

Ist ein Vorstand schneller „ablösereif“, so wie Trainer im Spitzenfußball?
Ihre Anleihe im Fußball ist gar nicht so falsch. Spitzenkräfte agieren durchaus wie Trainer, die ihre Mannschaft zum Erfolg führen. Sie müssen allerdings auch selbst auf den Platz und Tore schießen, zumal die Zuschauertribünen in großen Unternehmen in der Regel voll besetzt sind. Bleibt der Erfolg aus, wird der Trainer gewechselt. Wie schnell das geht, hängt auch von der Unternehmensform ab. Geschäftsführer oder Vorstände in Familienunternehmen bleiben häufig länger in ihren Positionen.

Wie helfen Sie Menschen konkret beim Jobwechsel?
Ich versuche mich in sie hineinzuversetzen, sie zu mögen und zu verstehen und ihnen mit kritischem Rat gerecht zu werden. Es ist nicht so furchtbar wichtig, wie groß ihr Kompetenzkreis ist, aber es ist furchtbar wichtig zu wissen, wo genau die Kreislinie verläuft. Alles Weitere geschieht dann möglichst geräuschlos.

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