Petra Hinz und der gefälschte Lebenslauf In der Politik ein Einzelfall, in der Wirtschaft normal

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Unternehmen geben Verantwortung ab

Das liegt vor allem daran, wie solche Personen in ein Unternehmen kommen, sagt der Berater und Psychologe: „Der Headhunter kauft diese Leute von einer Position in einem anderen Unternehmen frei und setzt ihn auf eine ähnliche Position bei seinem Auftraggeber. Der prüft doch nicht mehr, ob der Kandidat da rechtmäßig sitzt.“ Auf der anderen Seite geben die Unternehmen mit dem Beauftragen eines Headhunters ihre Verantwortung ab. Wer viel Geld für die Suche zahlt, geht davon aus, dass mit dem Kandidaten alles in Ordnung ist.

Dabei sei das gerade bei den Personen, die ab 200.000 Euro aufwärts im Jahr kosten, wirklich wichtig, wie Wirtgen sagt: „Die Sekretärin oder der Auszubildende machen so einen Laden ja nicht kaputt, falls sie sich als Fehlgriff erweisen. Beim Boss sieht es da schon ganz anders aus.“

Seiner Meinung nach können Fälle wie der von Hinz in der Wirtschaft deshalb vorkommen, weil

1) der jeweilige Kandidat angeblich ein fachfremdes Studium absolviert hat, das für den Job nicht wichtig ist und das deshalb nicht überprüft wird;

2) Headhunter und Recruiter davon ausgehen, dass jemand, der es weit nach oben geschafft hat, dort wohl rechtmäßig sein werde;

3) Unternehmen davon ausgehen, dass der Recruiter den Kandidaten schon überprüft haben wird;

Und dann gebe es noch die ganz großen Konzerne, die eigene Recrutingabteilungen und eigene Diagnostikabteilungen beschäftigen. „Da holt die eine Abteilung jemand für viel Geld an Board und die andere soll entscheiden, ob das gut war. Das ist doch Wahnsinn, was die Unternehmen da machen“, sagt Wirtgen. Eine Krähe hacke der anderen schließlich kein Auge aus – und einer Krähe aus demselben Nest schon mal gar nicht.

Um den entgegenzuwirken, könne man nur die Aufsichtsräte dazu verpflichten, sich an Abfindungen der auf diese Weise ins Haus geholten Blender zu beteiligen, so Wirtgen. Anders ändere sich an der Mentalität vermutlich nichts.

Und im Bundestag? Da soll sich an den Regularien in Bezug auf die Lebensläufe auch nichts ändern. „Jeder darf und kann erst einmal ohne besondere Qualifikationen in den Bundestag einziehen“, sagte Ebener der Nachrichtenagentur dpa. Es wäre auch unnötig, mehr als 600 Lebensläufe zu prüfen und dann bei einigen kleine Ungereimtheiten festzustellen.

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