Positiv denken Suchen Sie nicht immer nach dem Haar in der Suppe

„Tschakka, du schaffst es!“ Wer positiv denkt, kann alles schaffen? Das haben Psychologen mittlerweile wiederlegt. Aber trotzdem schadet es nicht, den inneren Griesgram zu beerdigen. Auch ganz ohne Motivationsgurus.

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Die größten Mythen vom Glück
1. Du bist deines eigenen Glückes Schmied......sagt jede Mutter gerne zu ihren Kindern. Dabei stimmt diese Predigt des individualistischen Glücks so nicht.  Der Mensch als soziales Wesen ist eingebunden in die Gesellschaft, deren Regeln, soziale Normen und Werte er beachten muss. Unbegrenzte Selbstverwirklichung und radikaler Individualismus sind schon deshalb nicht möglich. Zwar ist jeder selbst dafür verantwortlich, seine Träume zu verwirklichen, doch schafft dies niemand ohne die Hilfe oder die Unterstützung seiner Mitmenschen. Quelle: dpa
2. Kinder sind glücklicherSie sind unbeschwert, denken weniger nach und sind demnach glücklicher. Pustekuchen. Forscher des US-National Opinion Research Center in Ann Arbor haben herausgefunden, dass die glücklichsten Menschen die sogenannten „jungen Alten“ sind. Sie stellten die Frage: "Im Großen und Ganzen, was würden Sie sagen: Wie fühlen Sie sich zurzeit? Würden Sie sagen, Sie sind zurzeit: a) sehr glücklich, b) ziemlich glücklich oder c) nicht allzu glücklich?" Das Ergebnis: „Sehr glücklich“ sind vor allem Menschen zwischen 65 und 70 Jahren. Quelle: dpa
3. Ziele machen glücklichVorsicht, auch hier versteckt sich ein Mythos. Zielen können glücklich machen, aber nur, wenn man sie auf die richtige Weise angeht. Wenn Sie sich einreden, etwas tun zu müssen, um glücklich zu sein, laufen Sie mit dem Kopf gegen die Wand. Wer sagt „Ich muss....tun“, macht sich zum Opfer und setzt sich selber unter Druck. Keine gute Voraussetzung für Glück. Besser ist es, sich zu sagen „Ich möchte gerne...tun“. Damit zeigen Sie, dass Sie sich das Ziel freiwillig gesetzt haben. Quelle: dpa
4. Elternglück ist das schönste GlückSchlaflose Nächte, stinkende Windeln und die unvorhersehbaren Launen pubertierender Teenager: Kinder zu haben ist kein Zuckerschlecken. Vielleicht gerade deshalb reden sich viele Eltern ein, dass die lieben Kleinen ihr Leben bereichern und „sooooo glücklich“ machen. Psychologen haben jetzt herausgefunden, dass auch das Elternglück ein Mythos ist. Denn die frischgebackenen Eltern, so die Psychologen, reden sich ihr Leben mit Kind und Kegel schön, so wie Menschen, die einen Haus- oder Autokauf rationalisieren. Quelle: dpa
5. Geld macht glücklichViele Menschen machen große Augen, wenn Sie einen schicken Sportwagen sehen, das I-Phone 6 oder den neusten Schrei von Gucci.  Sie denken „Wenn ich DAS hätte, wäre ich der glücklichste Mensch auf Erden.“ Falsch! Eine Studie der University of British Columbia hat bewiesen, dass viel Geld oder materieller Reichtum zwar weniger traurig macht, auf Dauer aber nicht glücklich. „Viel Geld und tägliches Glücksgefühl, da gab es keinerlei messbaren Zusammenhang“, so die Forscher. Quelle: dpa

Unsere Gedanken haben Einfluss auf unser Tun. Psychologie und Coaching haben im Zuge von Wellnessbewegung und Selbstoptimierungstrend wissenschaftliche Grundlagen für die Erklärung des Einflusses unserer Gedanken auf unseren Körper und unser Leben gelegt.

Allerdings haben sie auch dazu beigetragen, dass viele Menschen heute zwiegespalten auf das Thema reagieren. Es gibt leider zu viele „Tschakka - Du schaffst es Gurus“ und stumme Vorwürfe, dass man nur nicht gewollt oder richtig dahinter gestanden habe, wenn etwas nicht gelingt. Das alles hat uns ein bisschen abgeklärt. Trotzdem lohnt es sich, am heutigen Tag des positiven Denkens, dem Ganzen noch eine Chance zu geben. Denn was und wie wir denken, bestimmt, was wir wahrnehmen, tun und fühlen.

In Arbeit
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Wirft man einen Blick ins Gehirn zeigt sich: Enthusiastische, positive Menschen sind aufgrund der Aktivitäten im linken präfrontalen Kortex neugierig und energievoll und freuen sich an den kleinen Dingen des Alltags. Nachgewiesen hat das Richard Davidson, Psychologe an der Universität Wisconsin.

Ist dagegen der rechte präfrontale Kortex aktiv, sind wir nervös, gestresst, ängstlich. Der rechte vordere Gehirnlappen ist also der "Jammerlappen". Doch man kann den Jammerlappen ausschalten: Je häufiger Sie positive Gedanken haben, angenehme Dinge tun oder sich entspannen, umso mehr trainieren Sie die linke Seite. Wenn Sie sich allerdings immer wieder aufregen und dann in der negativen Stimmung verharren, wird sich auch das im Gehirn abbilden.

Denken Sie positiv!

Das ist nicht nur schlecht für die Laune, sondern auf Dauer auch für die Gesundheit. Denn positives, ressourcenorientiertes Denken stärkt das Immunsystem. Einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse zufolge bekommen optimistische Studenten auch in stressigen Prüfungsphasen weniger leicht eine Erkältung als ihre pessimistischen Kommilitonen. Außerdem sehen Menschen, die pessimistisch denken, Prüfungsphasen eher als Belastung denn als Herausforderung.

Menschen, denen es gut geht, sehen, nutzen und erweitern ihre psychischen Ressourcen und sind dadurch nicht nur kreativer, motivierter und energievoller, sondern auch hilfsbereiter und sozial engagiert. So entsteht ein sich selbst verstärkender positiver Kreislauf.

Glück lässt sich beeinflussen

Die Glücksforschung hat sich darauf verständigt, dass es keine geborenen Optimisten oder Pessimisten gibt, genauso wenig wie Glückspilze und Pechvögel. Zu 50 Prozent bestimmt zwar die genetische Disposition, wie leicht oder schwer es uns fällt, glücklich zu sein und positiv zu denken. Von den restlichen 50 Prozent entfallen 10 Prozent auf die äußeren Umstände. 40 Prozent sind wir also selbst.

Dabei ist es allerdings wichtig zu betonen, dass Glück selten unglaublich intensiv und ekstatisch, sondern eher mittel angenehm ist. Es ist nicht der Millionengewinn im Lotto, sondern das entspannte Frühstück mit der ganzen Familie, bei dem mal keiner streitet oder quengelt. Der Urlaub im eigenen Garten macht nicht weniger glücklich als die teure Kreuzfahrt.

Und wir können das Glück noch verstärken, wenn wir uns mit ihm beschäftigen, wie Kai Ludwigs, Direktor der Happiness Research Organisation, nachgewiesen hat. Wer sich also jeden Tag an den ruhigen Stunden mit Buch und Kaffee im Garten freut, profitiert davon also mehr, als wenn er sich ausmalt, wie schön doch die Kreuzfahrt gewesen wäre.

Fünf Tipps, damit Ihnen Ihr Job wieder Spaß macht
Fangen wir doch gleich mal mit dem "Nein " sagen an. Lassen Sie die Kollegen 2014 einfach nicht mehr alles auf Sie abwälzen. "Könntest du bitte hier...", "würde es dir etwas ausmachen, wenn..." Wenn Sie immer den Mist der anderen miterledigen, kommen Sie selber nicht voran und glücklicher werden Sie damit auch nicht. Also sagen Sie "Nein". Und zwar persönlich, nicht per Mail. Auch wichtig: Begründen Sie Ihr Nein und bieten Sie Alternativen an. Quelle: Fotolia
Und wo wir schon dabei sind, dass Sie sich gegen etwas entscheiden - entscheiden Sie doch öfter etwas. Natürlich innerhalb Ihres Kompetenzbereichs. Nutzen Sie Ihre Entscheidungsfreiheit und hören Sie auf, sich wegen jedem Kinkerlitzchen hundertmal rückzuversichern. Das ist weder gut fürs Selbstbewusstsein, noch macht es sonderlich viel Spaß. Quelle: Fotolia
Schließlich wird niemand gerne wie eine Marionette gelenkt. Falls Sie das Gefühl haben, an Ihrem Arbeitsplatz nur die Marionette des Chefs oder der Kollegen zu sein, müssen Sie daran etwas ändern. Legen Sie für sich fest, welche von den auf Sie abgewälzten Aufgaben wichtiger ist und wie Sie sie erfüllen. So gewinnen Sie - zumindest teilweise - die Herrschaft über Ihr Tun zurück. Quelle: Fotolia
Dafür ist natürlich eine Strategie unabdingbar. Nicht nur Ihre, sondern auch die der Vorgesetzten. Deshalb ist es wichtig, dass der Chef klare Anweisungen gibt: Wer macht was wann und warum. Gibt es die nicht automatisch, bestehen Sie darauf, dass Ihnen Ihr Chef sagt, wohin er mit dem Projekt will und welche Aufgaben Priorität haben. Dann kann sich auch keiner verzetteln. Quelle: Fotolia
Ihre Vorgesetzten loben zu wenig bis gar nicht? Dann tun Sie es doch! Loben Sie Ihre Kollegen, wenn etwas gut geklappt hat. Mit etwas Glück werden demnächst auch Sie gelobt - und das tut immer gut. Egal, von wem es kommt. Quelle: Fotolia

Die Psychologin Sonja Lyubomirsky hat ein Experiment zur Wirkung von Wohlbefindenstrainings durchgeführt und nachgewiesen, dass man sich bewusst dafür entscheiden muss, sich wohl zu fühlen. Denn in jeder Suppe ist ein Haar – die Kunst ist es, nicht danach zu suchen.

Auch das muss man lernen. Oft erlebe ich, dass Menschen zu schnell aufgeben, wenn sie sich etwas vorgenommen haben und es nicht so schnell wie erhofft funktioniert. Von Violinisten und Schachspielern ist bekannt, dass in der Regel 10 Jahre bzw. 10.000 Stunden Übung nötig sind, um richtig gut zu sein. Spitzenleistungen gibt es nicht ohne Üben und tüchtige Unbegabte bringen keine Spitzenleistungen. So dürfte es auch mit dem Wohlbefinden sein.

Die Anlage entscheidet, ob es einfacher oder schwieriger ist, positiv zu denken, doch die tägliche Praxis entscheidet über den langfristigen Erfolg. Ein bemerkenswertes Nebenergebnis von Lyubomirskys Arbeit war übrigens, dass sowohl die Trainings- als auch die Kontrollgruppe den subjektiven Eindruck hatten, dass sie von der Teilnahme profitierten. Ich schlussfolgere daraus, dass schon allein die Absicht, etwas Gutes für sich zu tun, eine entsprechende Wirkung hat.

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