Sendhil Mullainathan, ein Ökonom aus Harvard, und Eldar Shafir, ein Psychologe aus Princeton, haben Knappheit beschrieben als Gefühl, weniger von etwas zu haben, als wir zu brauchen meinen. Hier liegen Problem und Lösung also genau beieinander. Denn es geht - jenseits von Kriegen und Katastrophen - in der Regel nicht um einen objektiven Mangel, sondern um subjektiv erlebten. Das heißt, wir haben eine Situation subjektiv entsprechend negativ bewertet.
Wenn sich unsere Bedürfnisse mit unseren Lebensumständen immer weiter nach oben schrauben, werden wir also immer Mangel erleben - solange uns diese Mechanismen nicht bewusst sind. In gewisser Weise schaffen wir uns unseren Mangel also selbst, weil es keine objektiven Maßstäbe für subjektive Bedürfnisse gibt.
Wenn wir uns auf Diät setzen, denken und reden wir nur noch über Essen. Vermissen wir einen Partner, sehen wir überall Verliebte und können an nichts anderes denken, als dass wir allein sind. Die Gefahr dieses Unbehagens ist also immer da: einen Mangel zu empfinden und das Denken automatisch auf die unerfüllten Bedürfnisse auszurichten. Ein besonderes Phänomen ist der erlebte Zeitmangel.
Zeitmangel ist selbst gemacht
Wir haben heute genau so viel Zeit wie früher. 24 Stunden, jeden Tag. Doch immer wieder glauben wir, dass wir nicht genug Zeit hätten, um all das zu tun, was wir tun wollen. Wir packen immer mehr in unseren Tag, und zwar nicht nur bei der Arbeit, sondern auch im Privatleben. Wir wollen überall dabei sein, nichts verpassen, stets dazugehören. Deshalb ist es so schwer, Nein zu sagen und sich zu beschränken. Hinzu kommt, dass wir viele Dinge unaufmerksam und routiniert tun. Dadurch konzentrieren wir uns nicht darauf und deshalb sind wir ungenau, machen Fehler. Die müssen wir später ausbügeln, was wiederum Zeit kostet. Genau dort können wir ansetzen.
Wenn wir den Tag bereits mit dem Gefühl beginnen, dass nicht genug Zeit vorhanden ist, werden wir viel Zeit verlieren, eben weil wir uns mit diesem Gedanken befassen. Bereits der Gedanke an die Zeitknappheit führt zu unangenehmen Gefühlen und dieser negative Stress schränkt unsere Leistungsfähigkeit ein. Wir schaffen dann tatsächlich nicht, was wir uns vorgenommen haben, springen von einer Aufgabe zur anderen, bringen nichts zu Ende und am nächsten Tag geht der gleiche Kreislauf weiter.