Langweilige Powerpoint-Präsentationen sind kein deutsches Problem. Sie sind eine globale Seuche. Das wurde mir bei einem zweitägigen Workshop in Kuala Lumpur, Malaysia klar. Das Thema: Bankwesen nach islamischem Recht.
Zugegeben, das Thema ist nicht der reine Rock’n’Roll. Und ja, die wenigsten Dozenten waren charismatisch oder zum Präsentieren geboren. Aber das größte Problem war: Sie alle nutzten Powerpoint-Präsentationen, um die Erfahrungen aus ihren Heimatländern (Tansania, Deutschland, Indonesien, Oman) zu erzählen. Leider war das, was ich dabei gelernt habe, ein Gähnen nach innen. Alles, was nach den zwei Tagen übrig blieb, waren Handouts von Folien, auf denen mehr Wörter standen als in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von islamischen Banken.
Ich frage mich: Warum präsentieren wir unsere Ideen so ideenlos? Warum unterwerfen wir uns dem Powerpoint-Primat? Und was können wir dagegen tun?
Tipps für die perfekte Rede
Schon beim Betreten des Raumes oder auf dem Weg zum Rednerpult müssen Sie konzentriert sein und Ihre Sprechhaltung einnehmen. Denn die Zuhörer nehmen Sie schon wahr, bevor Sie die Bühne betreten.
Reden Sie nie ohne Plan. Auch wenn Sie sich im Thema blind auskennen – überlegen Sie sich ganz genau, wie Sie Ihren Zuhörern die Informationen vermitteln wollen.
Machen Sie sich Stichwörter auf Moderationskarten. Ein ausformulierter Text ist unübersichtlich und verführt zum monotonen Ablesen.
Verzichten Sie auf lange Handouts oder eine vollgestopfte PowerPoint-Präsentation – Folien oder Charts sollen den Vortrag unterstützen und ihn nicht überflüssig machen.
Was wollen Sie erreichen? Bauen Sie eine Beziehung zu ihrem Publikum auf und verzichten Sie auf Belehrungen von oben herab. Damit die Distanz zwischen Ihnen und Ihren Zuhörern nicht zu groß wird, sprechen Sie sie direkt an und beziehen Sie sie so in den Vortrag mit ein.
Ihre Gesten müssen das Gesagte unterstreichen und gezielt eingesetzt werden. Zu viel Bewegung kann vom Inhalt ablenken und wirkt hektisch. Symmetrische Gesten und eine geschlossene Körperhaltung, zum Beispiel verschränkte Arme, kommen beim Zuhörer nicht gut an.
„Meiner Meinung nach“, „Am Ende des Tages“, „äh“ oder „übrigens“ sind Floskeln, die Sie nicht brauchen und den Zuhörer nerven. Überlegen Sie, was Sie stattdessen sagen können, damit Sie diese Lückenfüller nicht brauchen.
Wählen Sie Ihre Formulierungen so, dass Sie deren Inhalt glaubwürdig vertreten können. Neutrale Ausdrücke können dabei helfen, falls eigenes Empfinden und Firmenpolitik auseinander fallen.
Sich über Nervosität zu ärgern oder sie verdrängen zu wollen, macht es meist noch schlimmer. Nehmen Sie ihre Nervosität hin. Häufig erhöht sie sogar die Konzentration.
Das Wirtschaftsportal Bloomberg schätzt, dass auf der Welt pro Sekunde 350 Powerpoint-Präsentationen entstehen.
Tick. Tack. Tausend mehr.
Meinald Thielsch, ein promovierter Psychologe aus Münster, hat 2012 in einer Studie über „Präsentations-Software“ herausgefunden, dass 96 Prozent aller digitalen Vorträge mit Powerpoint gehalten werden. Dieser Marktanteil wird auch in anderen Studien bestätigt.
Das Wort „alternativlos“ drängt sich auf. Powerpoint existiert seit fast 30 Jahren. Wir Menschen haben uns in den letzten Jahrzehnten so viel weiterentwickelt. Warum nutzen wir immer noch Powerpoint?
„Weil es so einfach ist“, sagt Barbara Messer. Die 53-Jährige ist Trainerin und Autorin eines Buchs, das alternative Präsentationsmethoden beschreibt. „Viele denken: Wenn mein Vortrag auf Powerpoint steht, ist es seriös und bedeutsam. Aber so einfach funktioniert das nicht“, meint Messer. Denn es müsse vor allem darum gehen, bei den Zuschauern einen „bleibenden Eindruck“ zu hinterlassen – im wörtlichen Sinne. Das funktioniere nicht beim Einsatz von zahlreichen Folien mit kleinteiligen Grafiken und Text.
„Eine gute Powerpoint-Folie lässt sich vom Zuhörer in maximal fünf Sekunden erfassen“, sagt Marcus Werner, Romanautor und Kolumnist bei WirtschaftsWoche Online.
Das Problem: Führungskräfte in deutschen Unternehmen finden die meisten Businesspräsentationen überhaupt nicht überzeugend. Das hat die Manager-Umfrage „Publikumeter 2012“ des Hamburger Instituts praesentarium ergeben. Demnach werden 82 Prozent aller Präsentationen als langweilig eingestuft, 14 Prozent als zielführend und nur vier Prozent als begeisternd.
Steve Jobs hasste Power Point
Oder hat schon mal jemand gesehen, wie Steve Jobs vor der Präsentation des iPhones an die Anwesenden ein Handout verteilt hat? Nein, der Apple-Gründer hat Powerpoint gehasst.
Es mag daran liegen, dass die Software vom Konkurrenten Microsoft stammt. Oder daran, dass Jobs bei seinen Urteilen meist nur die Kategorien Liebe und Hass kannte, wie in der Biografie von Walter Isaacson beschrieben. In dem Buch steht auch folgendes Zitat von Jobs: „Ich hasse es, wenn jemand Präsentationen auf Folien macht, anstatt nachzudenken. Menschen, die wissen, worüber sie reden, brauchen kein Powerpoint.“ Ein Treppenwitz in der Geschichte von Powerpoint: Die erste Version erschien im Jahr 1987 und lief auf dem Macintosh-Computer – ein Produkt von Apple. Doch Microsoft lizensierte das Produkt noch im gleichen Jahr.
Steve Jobs ist nicht der einzige prominente CEO, der sich gegen die Software von Microsoft wehrte. Jeff Bezos, Chef des Onlinehändlers Amazon, erteilte seinen Kollegen bereits im Jahr 2004 eine Lektion darin, wie man eine Idee in einer Besprechung präsentiert.
In einer Mail mit dem Betreff „Keine Powerpoint-Präsentationen mehr“ wies Bezos seine Mitarbeiter an, ihre Ideen auf vier bis sechs Seiten aufzuschreiben und an die Kollegen zu verteilen. Dann hätte jeder 20 Minuten Zeit, das sogenannte „narrative“ (die Erzählung) zu lesen, als Grundlage für eine Diskussion. „Powerpoint-Präsentationen lassen zu, Ideen schönzufärben. So wird der Sinn für die wahre Bedeutung abgeflacht. Außerdem ignorieren sie, dass Ideen miteinander verbunden sind.“
In einer Mischung aus Verzweiflung und Eigennutz hat der Rhetoriktrainer Matthias Pöhm eine „Anti Powerpoint-Partei“ gegründet, die im vergangenen Jahr an den Schweizer Nationalratswahlen teilgenommen hat. Seinem Erfolg als Trainer hat der politische Marketinggag nicht geschadet. In Erfurt hat die „Partei“ sogar eine eigene Hochschulgruppe, in dessen Statuten steht: „Ziel ist es, über die wesentlich besseren Alternativen zu Powerpoint zu informieren, denn ,ppt’ ist wie eine Krankheit, zu der es längst Gegenmittel gibt, das aber keiner kennt.“