Ranking Plötzlich spießig? Hier wollen Berufsanfänger arbeiten

Berufsanfänger legen in der Pandemie Wert auf eine krisenfeste Anstellung und wollen zunehmend bei alteingesessenen Unternehmen wie Porsche, Aldi Süd und BASF arbeiten. Quelle: Presse

Auf in die Old Economy! Junge Menschen zieht es in der Pandemie zu deutschen Traditionsunternehmen, zeigt eine exklusive Umfrage. Das sind ihre Motive.

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Tina Smetana erinnert sich noch genau, mit welchen vier Worten ihr Kollege die Ergebnisse der Umfrage auf den Punkt brachte: „Back to the basics“. Zurück zum Wesentlichen. Zurück zu den deutschen Traditionsunternehmen: zur Post oder zur Telekom, zu BASF und Aldi Süd. Die alteingesessenen Firmen gewinnen bei den jungen Berufstätigen in der Umfrage nämlich ungeahnt stark an Beliebtheit, wie der „Universum Young Professional Survey 2021“ zeigt. Die Umfrage liegt der WirtschaftsWoche exklusiv vor. Die Employer-Branding-Beratung Universum befragte dafür Berufstätige mit Uni-Abschluss und durchschnittlich drei Jahren Berufserfahrung zu ihren Anforderungen an den idealen Arbeitgeber.

Smetana, Deutschlandchefin bei Universum, und ihre Kollegen wollten wissen, wie wichtig den Berufsanfängern etwa hohe Gehälter oder flexible Arbeitsbedingungen sind und bei welchem Unternehmen sie arbeiten wollen. Die Untersuchung ist vollständig während der Pandemie entstanden, anders als noch im vergangenen Jahr. Und sie zeigt, wie sich die Prioritäten der jungen Fachkräfte, die in Management- und Beratungskreisen auch gerne „Young Professionals“ genannt werden, auf dem Arbeitsmarkt verschoben haben.

Die Befragten besinnen sich nämlich zunehmend auf Werte, die bis vor kurzem noch keine größere Rolle spielten: So verlangen mehr Berufsanfänger von ihrem Arbeitgeber eine sichere Beschäftigung als noch in den Jahren zuvor. Es ist eines von 40 Attributen, die die Beratung in diesem Jahr abgefragt hat. Gehörte die sichere Anstellung im Vorjahr nicht mal zu den Top Ten, ist sie in der diesjährigen Umfrage die drittwichtigste Anforderung der jungen Berufstätigen an den Arbeitgeber. Am meisten achten die Befragten dann allerdings in allen fünf Fachrichtungen – namentlich Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwesen, Informatik, Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften – doch auf ein angemessenes Gehalt. „Ein anderes Attribut, das bei Berufsanfängern fast aller Studienrichtungen ganz deutlich an Bedeutung gewonnen hat, ist der Respekt für die Mitarbeitenden“, sagt Smetana.

Das exklusive Ranking der WirtschaftsWoche zeigt, dass die Hochschulen in den neuen Bundesländern der Konkurrenz aus München, Aachen und Co. hinterherhinken. Noch – denn jetzt kommen Tesla, Intel und Bosch.
von Jannik Deters, Dominik Reintjes

Der Wunsch nach mehr Sicherheit und Respekt schlägt sich auch in der Beliebtheit der Arbeitgeber nieder: Das Rennen machen im diesjährigen Ranking nicht etwa die Dax-Neulinge Hello Fresh und Zalando, keine Techkonzerne wie Apple und Microsoft. In diesem Jahr zählen ausgerechnet Aldi Süd und Lidl zu den großen Gewinnern im Ranking. „Als eines der Attribute, die wir abfragen, ist Markterfolg durchaus wichtig. Das passt etwa zu den Handelsunternehmen, die in der Pandemie die Grundversorgung sicherstellten und sogar als Pandemiegewinner wahrgenommen wurden. Da ist es nachvollziehbar, dass die Befragten, die Wert auf Sicherheit legen, diese Unternehmen positiv bewerten“, so Smetana.
Und so ging es im Ranking der Wirtschaftswissenschaftler für Aldi Süd 25 Plätze nach oben, für Lidl 23 Plätze. Konkurrent Rewe konnte immerhin 16 Plätze gutmachen. Mit ihren Hauptsitzen in Mühlheim an der Ruhr, Neckarsulm und Köln befinden sich die Handelsketten dabei in bester Gesellschaft: „Die deutschen Arbeitgeber schneiden in diesem Jahr tendenziell sehr gut ab“, sagt Smetana. „Vor dem Hintergrund der Pandemie“, sagt Smetana, ergebe das durchaus Sinn: „Ein deutsches Unternehmen kennt die Lage im Land nun mal besser, hat hier vielleicht schon lange seinen Sitz und vermittelt dadurch auf den ersten Blick mehr Sicherheit.“

Und so profitieren auch andere deutsche Firmen: Der Pharmakonzern Bayer steigt im Ranking der Wirtschaftswissenschaftler 20 Plätze auf, die Allianz 14 Plätze, die Telekom immerhin zehn. Bei den ITlern liegen Continental und die Deutsche Post zwar nur auf den Plätzen 42 und 43. Doch beide Dax-Konzerne machen im Vergleich zum Vorjahr mehr als 30 Positionen gut. Bei den Naturwissenschaftlern ist der Rückversicherer Munich Re der größte Gewinner (plus 24 Plätze), bei den Geistes- und Sozialwissenschaftlern geht es für BASF (48) und die Telekom (41) am stärksten nach oben.

Alleinunterhalter Elon Musk

Die Verschiebungen zugunsten der deutschen Arbeitgeber spielen sich dabei allerdings stärker auf den mittleren und hinteren Plätzen ab. An der Spitze der jeweiligen Rankings finden sich vor allem die Unternehmen, die schon in den Vorjahren vorn lagen. Bei den Wirtschaftswissenschaftlern und Ingenieuren steht Autobauer Porsche im Ranking ganz oben, bei den ITlern Google – wie schon im Vorjahr. Die Naturwissenschaftler kürten den Schweizer Pharmakonzern Roche zum attraktivsten Arbeitgeber, die Geistes- und Sozialwissenschaftler das Auswärtige Amt.

Den größten Sprung legte jedoch ein US-amerikanisches Unternehmen hin. Zum ersten Mal nahm Universum in diesem Jahr Autobauer Tesla mit in die Auswahlliste, die etwa bei den Wirtschaftswissenschaftlern mehr als 150 Firmen umfasst. Tesla sprang im Ranking jedoch gleich auf den dritten Platz unter den ITlern und belegt bei den Ingenieuren den sechsten Platz. Obwohl der E-Auto-Hersteller mit der Batteriefabrik in Grünheide bei Berlin seine Präsenz in Deutschland gerade erst aufbaut.

Dass sich Tesla allerdings erst noch als beliebtester Arbeitgeber unter den Berufsanfängern beweisen muss, betont auch Smetana: „Als Arbeitgeber ist Tesla in Deutschland immer noch recht unbekannt – gewissermaßen eine Black Box“, sagt Smetana. Nur wenige hätten dort schon gearbeitet und könnten wirklich einschätzen, wie der Arbeitsalltag ist. „Spannend wird sein, wie Tesla in den kommenden Jahren in den Rankings abschneidet, wenn klar wird, wie die Arbeit dort wirklich ist.“

Bei einer anderen Erhebung steht Tesla schon jetzt unangefochten an der Spitze. Universum wollte von den Befragten auch wissen, welcher Arbeitgeber sie in den vergangenen zwölf Monaten mit seinen Social-Media-Aktivitäten am meisten beeindruckt hat. Hier steht Tesla an der Spitze. Das liegt vor allem an einem Mann: „Wir haben in den Befragungen gesehen, dass Elon Musk das Bild des Unternehmens sehr stark prägt – das war bei anderen Unternehmenschefs in der Vergangenheit nicht ansatzweise so deutlich.“ Dem Tesla-Chef folgen auf Twitter mehr als 60 Millionen Menschen. Apple-Chef Tim Cook kann da mit seinen 13 Millionen Followern nicht mithalten. Google-Chef Sundar Pichai mit 3,9 Millionen Followern erst recht nicht.

Hinweis: Auf den nachfolgenden Seiten des Artikels finden Sie Tabellen mit den attraktivsten Arbeitgebern der Berufsanfänger, aufgeteilt nach den Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwesen, Informatik, Naturwissenschaften und Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Tabellen haben mehrere Seiten.

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