
Früher wurde bei der Deutschen Flugsicherung viel geraucht. „Man kennt das aus alten Filmen. Beinahe jeder hatte eine Zigarette in der Hand“, sagt eine Sprecherin. Mancherorts haben Vorhänge und Teppiche „eine gewisse Duftmarke“ gehabt. Später seien die Raucher in der Unternehmenszentrale in Langen nach und nach eingeschränkt worden. Erst habe es drinnen noch „Raucherinseln“ gegeben. Mittlerweile müssen die Raucher raus.
„Es gibt einen grundsätzlichen Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz“, sagt Stefan Lunk von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dieser ist begründet in der Arbeitsstättenverordnung. Das schützt insbesondere Nichtraucher - und schränkt Raucher ein. Die meisten Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren mit Betriebsvereinbarungen Regelungen getroffen, die zwischen Rauchern und Nichtrauchern vermitteln.
Diese Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Mitarbeitern oder dem Betriebsrat beantworten viele Fragen: Wo darf geraucht werden? Gibt es Raucherräume? Müssen die Raucher die Uhr stechen, wenn sie für eine Zigarettenlänge ihren Arbeitsplatz verlassen? So vielfältig wie die Unternehmen sind auch die Regelungen.
Recht einfach: Rechtsprechung zum Thema Rauchen
Bei einer Eigentümerversammlung im Ruhrgebiet stritten die Eigentümer im wesentlichen um die Frage: Darf während des Treffens geraucht werden? Als eine Einigung nicht in Sicht war, zog ein Zigarettengegner vor den Kadi. Mit Erfolg. Die Juristen bestätigten dem Kläger, dass keinem Eigentümer zuzumuten sei, sich den Gefahren des Passivrauchens auszusetzen. Wenn jemand paffen wolle, könnten Rauchpausen eingelegt werden (Landgericht Dortmund, 1 S 296/12).
Die Eigentumswohnung eines Frankfurters hatte zwei Balkone. Rauchen tat er jedoch immer nur auf einem. Dies störte den Eigentümer der Nachbarwohnung, der neben dem „Raucherbalkon“ sein Schlafzimmerfenster hatte. Die Bitte, zukünftig nur noch auf dem anderen Balkon zu qualmen, lehnte der Raucher ab. Der Zweitbalkon, so seine Begründung, sei nur vom Gästezimmer erreichbar, und seine Gäste wolle er nicht stören. Das sahen die Richter anders. Tagsüber könne man Gästezimmer durchqueren. Nachts könne der Hesse außerhalb des Hauses qualmen (Landgericht Frankfurt am Main, 2–09 S 71/13).
Ein Lehrer entdeckte die Vorzüge der E-Zigarette. Als der Direktor ihn damit auf dem Schulhof erblickte, setzte es ein Verbot. Auch vor Gericht erhielt der Lehrer eine Abfuhr. Laut Schulgesetz
sei Rauchen auf dem Schulgelände verboten. Experten plädieren für die Gleichstellung mit herkömmlichen Zigaretten. Zudem sei der Konsum von Tabak-Ersatzprodukten nicht mit der „Vorbildfunktion“ von Lehrern zu vereinbaren (Verwaltungsgericht Gießen, 5 K 455/12 GI).
Bei Daimler zum Beispiel ist das Rauchen in allen Gebäuden verboten. „Außerhalb von Gebäuden gilt das Rauchverbot, soweit es sich um feuergefährdete Bereiche handelt“, heißt es in der Gesamtbetriebsvereinbarung. Raucherräume gibt es nach Angaben des Unternehmens keine.
Komplettes Rauchverbot ist nicht zulässig
„Es gibt keinen Anspruch auf einen Raucherraum“, sagt Anwalt Lunk. Durch die Gerichte sei aber klargestellt, dass der Betrieb das Rauchen nicht komplett verbieten darf. Eine Ausnahme wäre, wenn ein Verbot aus Sicherheitsgründen nötig ist.
Gefährlich wären Glimmstängel auf dem Vorfeld des Frankfurter Flughafens. Wegen des Umgangs mit Kerosin sei das Rauchen dort schon lange verboten, sagt Dieter Hulick, Sprecher bei der Betreibergesellschaft Fraport. „Selbst wenn Sie Hangars in Filmen aus den 50ern sehen, hängen da überall „No Smoking“-Schilder“, fügt er hinzu. Man habe in den Bereichen aber Raucherräume.
In Flugzeugen habe sich das Rauchverbot erst seit Beginn der 1990er Jahre nach und nach durchgesetzt, erläutert Hulick. Ansonsten dürfen die Flughafen-Angestellten laut Betriebsvereinbarung nur draußen rauchen. Nicht in den Raucher-Lounges für die wartenden Fluggäste, sondern vor der Tür. Stechen müssen sie nicht, aber die Pause sollte in einem „vertretbaren Rahmen“ sein, sagt Hulick.
Was die Deutschen über Raucher denken
Laut einer Umfrage im Auftrag der Krankenkasse BKK Mobil Oil halten 85 Prozent der Deutschen die Willensschwäche der Raucher für den Grund, dass vielen das Aufhören nicht gelingt.
Quelle: repräsentative Umfrage von TNS Emnid
53 Prozent der Befragten gaben an, sich im Alltag zumindest gelegentlich von Rauchern gestört zu fühlen, 12 Prozent sogar häufig.
Mehr als jeder fünfte Deutsche (22 Prozent) sieht zu niedrige Tabaksteuern als Grund für hohe Rückfallquoten bei Rauchern. 39 Prozent befürworten die Erhöhung der Tabaksteuer, um Raucher zum Aufhören zu bewegen.
Um Raucher auf dem Weg in ein qualmfreies Leben zu unterstützen, sieht die Mehrheit (66 Prozent) das soziale Umfeld in der Pflicht, Aufhörwilligen beizustehen - nur jeweils 11 Prozent sehen diese Unterstützerrolle bei Ärzten und Krankenkassen. 37 Prozent sprachen sich laut BKK für drastischere Warnhinweise auf Tabakprodukten aus. Als erfolgsversprechendend für einen Rauchstopp bewerten die Befragten jedoch kostenlose Beratungsangebote (74 Prozent).
„Ein Recht auf eine bezahlte Raucherpause gibt es nicht“, sagt Lunk. Der Arbeitgeber könne verlangen, dass der Arbeitnehmer sich vor dem Rauchen aus- und danach wieder einstempelt. Grundsätzlich sei ein Verstoß ein kündigungsrelevanter Sachverhalt, sagt Lunk. Eine Kündigung sei aber nur verhältnismäßig und damit realistisch, wenn dies öfters passiere.
Angestellte im öffentlichen Dienst riskieren die Kündigung
Schwieriger sei die Lage, wenn Angestellte in Krankenhäusern und Schulen beim Rauchen im Gebäude erwischt würden. In den öffentlichen Einrichtungen vieler Bundesländer und des Bundes ist das Rauchen per Gesetz verboten. „Ein Verstoß gegen ein solches Gesetz ist schon eher ein Kündigungsgrund, aber immer muss der Einzelfall betrachtet werden“, sagt Lunk.
Gibt es bei all den Gesetzen noch Rückzugsräume für die Raucher? An den Standorten Hamburg und Bayreuth des Tabakunternehmens British American Tobacco regelt eine sogenannte „Smoking Policy“, ob geraucht werden darf. Der Einzelbüroinhaber entscheidet demnach erstmal selbst. Vor einer Besprechung wird verhandelt: Wenn der Qualm nur einen störe, würde es automatisch zum „Nichtrauchermeeting“.
Zahl der Raucher sinkt
Bei Mittelstandsunternehmen sieht mancher Nachholbedarf bei der Verbannung des Zigarettenqualms. Erst 30 Prozent der Mittelständler würden sich mit Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung beschäftigen, zu denen auch Rauchen zähle, sagt Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft. Das Bild vom Bauarbeiter mit Kippe im Mund scheint aber nicht mehr in Stein gemeißelt. „Dieses Klischee ist nicht mehr so richtig“, sagt Sicherheitsingenieur Wilfried Figiel, der auf Baustellen in Berlin und Brandenburg regelmäßig knapp 400 Bauarbeiter sieht. „Es rauchen ein Drittel weniger als vor zehn Jahren.“ Laut Betriebsvereinbarung einiger Niederlassungen des Straßenbauunternehmens Eurovia darf in den Gemeinschaftscontainern am Bau nicht mehr geraucht werden.
Beim Bauunternehmen Hochtief kommt man ohne Betriebsvereinbarung zum Thema Rauchen aus. Auf Freiluftbaustellen gebe es keine expliziten Regelungen, sagt ein Unternehmenssprecher. In den Containerburgen sei Nichtrauchen ein „übergreifender Konsens“. Und auch hier bröckelt das Klischee: Generell ließe sich feststellen, dass die Anzahl der Raucher drastisch abgenommen hat. „Selbst auf Baustellen stellen wir einen zunehmenden Gebrauch von E-Zigaretten fest.“