2016 hat sich für Verbraucher viel geändert. Arbeitnehmer in Thüringen haben seit Januar zum Beispiel einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Fünf Tage im Jahr dürfen die Thüringer ab jetzt ihrem Arbeitsplatz fern bleiben und sich weiterbilden. Dabei geht es jedoch nicht ausschließlich um fachliche, sondern auch um gesellschaftspolitische Weiterbildung. Wer in einem Kleinstbetrieb mit weniger als fünf Mitarbeitern angestellt ist, hat allerdings keinen Rechtsanspruch. Geregelt wird diese sogenannte Bildungsfreistellung im Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz (ThürBfG).
Die Thüringer sind damit allerdings Nachzügler - in anderen Bundesländern gibt es das Recht auf Bildungsurlaub schon lange. Welcher Kurs als Bildungsurlaub zählt - und was Sie bei der Anerkennung beachten müssen.
In diesen Bundesländern gibt es einen Anspruch auf Bildungsurlaub
Beschäftigte in Baden-Württemberg haben einen Anspruch auf Bildungszeit. Konkret dürfen sie sich zur Weiterbildung von ihrem Arbeitgeber an bis zu fünf Tagen pro Jahr freistellen lassen. Das Gehalt wird weiter bezahlt. Geregelt ist dies im Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg.
Quelle: InfoWeb Weiterbildung (IWWB) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Auch in Berlin haben Arbeitnehmer und Auszubildende einen Rechtsanspruch auf 10 Tage Bildungsurlaub innerhalb von zwei Jahren. Auch Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes gibt es diesen Anspruch. Der Bildungsurlaub kann allerdings frühestens nach einem halben Jahr im Unternehmen in Anspruch genommen werden.
In Brandenburg haben Beschäftigte einen Anspruch auf zehn Tage Bildungsfreistellung innerhalb zweier Jahre. Laut Brandenburgischem Weiterbildungsgesetz wird während der politischen, beruflichen oder kulturellen Bildung der Lohn fortgezahlt.
Jeder Arbeitnehmer hat innerhalb eines Zeitraums von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren Anspruch auf zehn Tage bezahlten.
Jeder Hamburger Angestellte bzw. Auszubildende hat einen Anspruch auf zehn bezahlte Tage Freistellung für Bildungsurlaub. Der entsprechende Kurs bzw. die Veranstaltung muss jedoch in Hamburg anerkannt sein. Teilzeitbeschäftigte können im Rahmen ihres Beschäftigungsanteils Bildungsurlaub beanspruchen.
Arbeitnehmer und Auszubildende haben einen Rechtsanspruch von fünf Tagen Bildungsanspruch pro Jahr, für die sie weiter bezahlt werden.
Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern haben einen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr.
Niedersächsische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben im Jahr grundsätzlich Anspruch auf fünf Tage bezahlte Freistellung für die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen nach dem Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetz.
Fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr gibt es in NRW nicht nur für Angestellte im Büro oder Arbeiter in der Fabrik, sondern auch für Leute, die ausschließlich im Home-Office arbeiten. Der Anspruch entsteht nach einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten und hängt von der Betriebsgröße, sein Umfang von eventueller betrieblicher Weiterbildung ab.
Seit Inkrafttreten des Bildungsfreistellungsgesetzes zum 1. April 1993 haben Beschäftigte in Rheinland-Pfalz einen Rechtsanspruch auf zehn Tage bezahlte Freistellung innerhalb von zwei Jahren.
Beschäftigte, Beamte, Richter und Auszubildende im Saarland haben jährlich Anspruch auf bis zu 6 Tage Freistellung für berufliche oder politische Weiterbildung. Lohnfortzahlung gibt es jedoch nur drei Tage lang.
Seit Januar 1998 können sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fünf Tage lang bezahlt für Weiterbildungsveranstaltungen freistellen lassen.
Beschäftigte, Beamte, Richter und in Schleswig-Holstein haben einen Rechtsanspruch auf fünf Tage Bildungsfreistellung. Zum ersten Mal Bildungsurlaub machen kann man jedoch erst nach sechs Monaten im Job.
Der Anspruch auf Bildungsfreistellung in Thüringen beläuft sich grundsätzlich auf fünf Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres.
Woher kommt die Idee des Bildungsurlaubs?
Auf die Idee, Angestellte und Arbeiter bezahlt freizustellen, damit sie sich weiterbilden können, kam die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Anfang der 1970er Jahre. Am 24. Juni 1974 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland, „einen bezahlten Bildungsurlaub zum Zwecke der Berufsbildung, der allgemeinen und politischen Bildung sowie der gewerkschaftlichen Bildung einzuführen.“
Was Weiterbildung Mitarbeitern bringt
Im Auftrag des Hamburger ILS Instituts für Lernsysteme befragte forsa im Februar 2015 rund 1.000 Personen zwischen 20 und 40 Jahren aus deutschsprachigen Privathaushalten zu ihren Erfahrungen mit Weiterbildung. Mehrfachnennungen waren möglich.
78 Prozent der Befragten stellen fest, dass ihnen die Fortbildung mehr Kompetenz und Sicherheit im Beruf gebracht hat.
60 Prozent der Befragten bezeichnen sich nach ihrer Weiterbildung als insgesamt zufriedener.
52 Prozent der 20- bis 40-Jährigen erleben nach der Fortbildung mehr Anerkennung durch Arbeitgeber und Kollegen.
43 Prozent der Befragten mit Weiterbildungserfahrung konnten unmittelbar in eine höhere Position aufsteigen oder erhielten mehr Verantwortung.
36 Prozent konnten sich außerdem über finanzielle Vorteile wie eine Gehaltserhöhung freuen.
Da Bildung in Deutschland Ländersache ist, gibt es den Anspruch Bildungsurlaub jedoch noch immer nicht überall. In Bayern und Sachsen gibt es kein derartiges Gesetz, hier sind Mitarbeiter vom guten Willen ihres Vorgesetzten abhängig.
Was fällt unter Bildungsurlaub?
Wer nach zum Sonnen nach Mallorca fliegt, kann das nicht als Bildungsurlaub deklarieren. Auch nicht, wenn er dabei sein Mallorquinisch auffrischt. Sprachkurse zu besuchen, kann dagegen sehr wohl unter Bildungsurlaub fallen. Selbst wenn ein solcher Sprachkurs nicht an der örtlichen Fachhochschule, sondern an der Costa del Sol stattfindet. Es muss aber eben ein explizit ausgewiesener Sprachkurs sein. Eine Übersicht der anerkannten Sprachkurse finden Sie hier.
Wichtig ist bei allen Kursen und Veranstaltungen, dass sie als Bildungsurlaub anerkannt sind und von einem entsprechenden Träger veranstaltet werden. Die Weiterbildungsmaßnahme mindestens sechs Stunden pro Tag umfassen. Für einen zweistündigen Kurs in Business-Englisch wird man nicht fünf Tage bezahlt freigestellt, um nach London zu düsen.
Grundsätzlich muss der Bildungsurlaub aber nicht explizit berufs- oder unternehmensbezogen sein, dies ist Aufgabe der betrieblichen Weiterbildung.
Fakten zur Weiterbildung
Da Bildung Ländersache ist, wird der Bildungsurlaub in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Welches Recht gilt, entscheidet sich nach dem Ort des Arbeitsplatzes. Während für Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen keine gesetzlichen Regelungen über den Bildungsurlaub haben, sind die Gesetze in den übrigen Ländern recht ähnlich geregelt.
In den Bundesländern, die eine gesetzliche Regelung haben, hat ein Arbeitnehmer nach sechs Monaten in einem Unternehmen Anspruch auf Bildungsurlaub. Einzige Ausnahme: Rheinland-Pfalz. Dort sind es zwei Jahre. Zudem hat Nordrhein-Westfalen für Auszubildende und Beamte sowie Mitarbeiter in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten getroffen. Ihnen steht gesetzlich kein Bildungsurlaub zu.
Wer fünf Tage die Woche arbeiten geht, hat üblicherweise Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr. Wer weniger arbeitet, bekommt auch entsprechend weniger Bildungsurlaubstage. Möchte man längere Weiterbildungen besuchen als die jährlichen fünf Tage, kann der Bildungsurlaub auch verlängert werden. Dann gelten zehn Tage für zwei Jahre, die dann am Stück genommen werden können.
Wer eine Fortbildung besuchen möchte, muss seinen Arbeitgeber mindestens sechs Wochen im Voraus informieren – im Saarland sind es acht, in Niedersachsen und Bremen vier Wochen im Voraus. Der Arbeitgeber muss seine Zustimmung generell geben. Ablehnen kann er ihn nur, wenn es wichtige betriebliche Gründe gibt, die gegen einen Weiterbildungsurlaub zu diesem Zeitpunkt sprechen.
Generell fallen unter den Begriff der Weiterbildung, die einen Bildungsurlaub rechtfertigt, berufliche und politische Fortbildungsmaßnahmen. In Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, dem Saarland und Schleswig-Holstein ist der Arbeitnehmer noch freier in seiner Wahl: Hier spricht der Gesetzgeber von Weiterbildung allgemeiner Art. In Brandenburg wird darüber hinaus auch die kulturelle Weiterbildung noch eingeschlossen.
Obwohl die Arten der Weiterbildung zunächst sehr schwammig klingen und viel Auswahl bieten, müssen Weiterbildungsgewillte doch die eine oder andere Einschränkung beachten. So gibt es verschiedene Ausschlusskriterien, die die Bundesländer festgelegt haben. Veranstaltungen, die in erster Linie der Erholung oder Unterhaltung dienen – also eher allgemeine Freizeitveranstaltungen sind – können nicht als Weiterbildungsmaßnahmen genutzt werden. Auch Angebote, die nur dadurch zugänglich werden, dass man beispielsweise einer bestimmten Gewerkschaft, Partei oder Religionsgemeinschaft angehört, werden vom Gesetzgeber zumeist ausgeschlossen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Weiterbildungseinrichtung muss vom jeweiligen Bundesland anerkannt werden. Das gilt etwa für Volkshochschulen oder verschiedene Fortbildungswerke.
Wer Bildungsurlaub macht, bekommt zunächst auf jeden Fall seinen Lohn in voller Höhe weitergezahlt. Handelt es sich um eine betriebliche Weiterbildung trägt der Arbeitgeber zudem die Seminarkosten. Handelt es sich allerdings um eine andersartige Weiterbildung, muss der Arbeitnehmer selbst dafür aufkommen. Trotzdem lohnt es sich mit dem Arbeitgeber zu sprechen. Auch wenn dieser gesetzlich nicht dazu verpflichtet ist, übernehmen viele Chefs trotzdem die Kosten, wenn es sich für die Firma lohnt. Außerdem gibt es verschiedene Förderungen, die Arbeitnehmer für ihre Weiterbildung beantragen können. So gibt es bei der Agentur für Arbeit sogenannte „Bildungsgutscheine“, die für Fortbildungen verwendet werden können. Wer in Hessen arbeitet, kann zudem auf einen Qualifizierungsscheck vom hessischen Wirtschaftsministerium hoffen.
Ein Schreiner kann also guten Gewissens Russisch lernen oder "Politik, Praxis und Philosophie des tibetischen Buddhismus in Nord-Indien" studieren. Auch Rhetorik-Kurse oder "Entspannt durch den Berufsalltag mit Yoga" können ein Seminarangebot sein.
Wer sind anerkannte Veranstalter von Bildungsurlaub?
Im Aus- und Weiterbildungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen heißt es beispielsweise, dass „Volkshochschulen oder anerkannte Einrichtungen der Weiterbildung in anderer Trägerschaft, Bund, Land oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts“ solche Träger sein können.