Recht auf Ferien Was Sie über Urlaub wissen sollten

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Arbeitnehmer müssen nicht erreichbar sein

Katrin Scheicht, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin in der der Kanzlei Norton Rose Fulbright LLP in München

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub krank wird?

Wird der Mitarbeiter in seinen Ferien krank, kann er diese Tage retten, indem er sich am Urlaubsort ein Attest vom Arzt geben lässt. Dann kann er kann diese Tage später nachholen. Dies gilt auch, wenn er schon vor dem Urlaub krank wird und die Ferien daher gar nicht erst antreten kann.

Müssen Arbeitnehmer im Urlaub für ihren Chef erreichbar sein?

Laut Gesetz muss das Unternehmen den Urlaub unwiderruflich und „unter Freistellung von der Arbeitspflicht“ gewähren. Daher sind Arbeitnehmer im Urlaubs nicht verpflichtet, gegen ihren Willen über Smartphone & Co erreichbar zu sein.

Darf die Firma Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückbeordern?

Solange Arbeitnehmer nicht ausdrücklich zustimmen, können Arbeitgeber nicht erzwingen, dass er ihn abbricht oder unterbricht. Ausnahme: In echten Notfällen wie Gefahr in Verzug, Brand- oder Überschwemmungskatastrophen oder das drohende Verderben größerer Warenmengen. In einer existenziellen Krise der Firma kann auch ein rettender Großauftrag ein Grund sein, Mitarbeiter ausnahmsweise aus dem Urlaub zurückzuholen zu dürfen.

Zehn Rechte, die Ihr Chef lieber verschweigt
ÜberstundenDer Chef darf Überstunden nur dann anordnen, wenn es sich um einen Not- oder Katastrophenfall handelt. Dazu zählt etwa ein Wasserrohrbruch, durch den das Betriebsgelände überflutet wurde, oder die Gefahr, dass Rohstoffe oder Lebensmittel verderben. In der Regel haben Mitarbeiter bei Überstunden einen Anspruch auf Freizeitausgleich, der nach drei Jahren verjährt. Je nach Betrieb und Arbeitgeber sind zudem bezahlte Überstunden möglich. Hier lohnt sich ein Blick in den Vertrag. Quelle: dpa
GehaltIn schlechten Zeiten darf der Chef das Gehalt kürzen. So kann er etwa mit einer Änderungskündigung das Arbeitsverhältnis auflösen und dafür anbieten, den Vertrag gegen geringere Bezahlung fortzusetzen. Dagegen klagen aber viele Mitarbeiter erfolgreich. Üblicher sind die Anordnung von Kurzarbeit oder die Streichung von Boni bzw. Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Quelle: dpa
PersonalakteIn vielen Unternehmen wird für die Mitarbeiter ein individuelles Personaldossier erstellt. Jeder Arbeitnehmer darf in seine Akte Einsicht nehmen. Gerade vor einer Kündigung empfiehlt es sich, von dem Recht Gebrauch zu machen. Die Personalakte dokumentiert das Arbeitsverhältnis und enthält üblicherweise das Zwischenzeugnis, Beurteilungen, den Arbeitsvertrag sowie die Korrespondenz zwischen Beschäftigtem und Vorgesetztem, etwa über Gehaltsverhandlungen. Quelle: dpa
Freie MeinungsäußerungDas Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gilt auch am Arbeitsplatz. Jedoch steht es Arbeitnehmern keineswegs frei, Kollegen und Vorgesetzte zu beleidigen oder den Ruf des Arbeitgebers zu schädigen. Auch üble Nachrede ist nicht erlaubt. Werden diese Grenzen überschritten – hier muss immer der Einzelfall beurteilt werden – kann eine Vertragsverletzung vorliegen, die den Chef ggf. auch zu einer fristlosen Kündigung berechtigt. Quelle: dpa
AttestNicht immer muss nach drei Tagen ein Attest eingereicht werden. Im Entgeltfortzahlungsgesetz steht: „Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.“ Allerdings gilt der Gesetzestext nur, wenn nichts anderes im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt wurde. Wer es genau wissen will, sollte seinen Vertrag durchlesen. Quelle: dpa
Befristete VerträgeNicht jeden befristeten Vertrag kann der Chef unendlich verlängern. Es gibt zwei Arten von Befristungen: Eine Befristung mit sachlichem Grund und eine ohne sachlichen Grund. Eine Befristung mit sachlichem Grund, zum Beispiel als Elternzeit- oder Krankheitsvertretung oder für ein bestimmtes Projekt, kann im Prinzip unendlich verlängert werden. Liegt kein sachlicher Grund vor, ist gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz eine Befristung in der Regel bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieses Zeitraumes darf der Vertrag höchstens dreimal verlängert werden. Quelle: dpa
Nützliche KontakteWissen, das Mitarbeiter in einem Unternehmen erworben haben, dürfen sie auch bei ihrem nächsten Arbeitgeber einsetzen. Nicht erlaubt ist es, die wertvollen Kundendaten mitzunehmen. Dazu gehören unter Umständen auch Kontakte in persönlichen Netzwerken wie Xing und Datenspeicherungen auf Smartphones. Wer unerlaubt mit Kundendaten hantiert, kann sich strafbar machen - daneben kann die unerlaubte Verwendung der Daten einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Allerdings darf man einem ehemaligen Angestellten nicht auf alle Zeit den Kontakt zu Kunden seines vorherigen Arbeitgebers untersagen. Hier muss der Einzellfall betrachtet werden. Quelle: dpa

Was passiert, wenn ein Mitarbeiter zu spät aus dem Urlaub zurück kommt?

Dann kommt es darauf an, ob er den Grund selbst verschuldet hat: Er riskiert eine Abmahnung und – wenn es mehrmals vorkommt – sogar seine Kündigung, wenn er am Urlaubsort zu spät abgereist ist oder sich selbst eigenmächtig Urlaub nimmt. Kommt ein Mitarbeiter allerdings deshalb zu spät zurück aus dem Urlaub, weil er Opfer eines Fluglinienstreiks oder einer Vulkanwolke über Europa wurde, braucht das Unternehmen ihm für diese Tage kein Gehalt zahlen.

Dürfen Arbeitnehmer im Urlaub andere Jobs ausüben?

Während des Urlaubs darf der Mitarbeiter keine Arbeit leisten, die dem Urlaubszweck widerspricht – er soll sich erholen. Bezahlte Tätigkeiten, die ihn anstrengen, sind daher in der Regel ausgeschlossen. Allerdings ist beispielsweise bei Büroangestellten ein gewisses Maß an körperlicher Ausgleichsarbeit wie etwa in der Landwirtschaft möglich. Arbeitsgerichte haben auch schon entschieden, dass körperliche Ausgleichsarbeiten bei einem Geistesarbeiter durchaus Erholung darstellen können und damit zulässig sind. Was in jedem Fall verboten ist: Jede Form der Tätigkeit für einen Konkurrenten des Arbeitgebers während der Urlaubszeit.

Müssen Arbeitnehmer Betriebsferien akzeptieren, die der Arbeitgeber vorschreibt?

In Unternehmen ohne Betriebsrat können Arbeitgeber bei dringenden betrieblichen Gründen – etwa um den Betrieb ganz oder teilweise vorübergehend schließen. Etwa weil ihre Zulieferer oder Kunden ebenfalls Urlaub machen. Dann haben alle Arbeitnehmer in dieser Zeit einheitlich Urlaub. Ein anderes Beispiel: In Arztpraxen sind abgestimmte Anwesenheitszeiten vom Chef und den Mitarbeitern erforderlich. Alleine kann die Arzthelferin keine Patienten verarzten. Ärzte sind daher berechtigt, den Betriebsurlaub anzuordnen. Sie müssen nur beachten, dass die Angestellten rund die Hälfte ihrer Urlaubstage noch frei wählen dürfen.

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