Recht Die gefährlichsten Fallen im Arbeitsvertrag

Der Arbeitsmarkt springt an, jetzt wird ein Jobwechsel wieder interessant. Besseres Gehalt, mehr Verantwortung und neue Aufgaben locken zum neuen Unternehmen. Beim neuen Arbeitsvertrag drohen aber gefährliche Fallstricke. Welche Klauseln Arbeitnehmer ablehnen sollten und was sie bei Verhandlungen mit dem Chef verlangen können.

Keine Kündigung vor dem ersten Arbeitstag Viele Führungskräfte geben bei einem Jobwechsel einen hohen sozialen Besitzstand auf. Bei einer Kündigung des alten Arbeitgebers wären hohe Abfindungen und lange Kündigungsfristen fällig. Jeder Wechsel ist daher auch ein Vertrauensbeweis für das neue Unternehmen. Der neue Arbeitgeber sollte diese Tatsache akzeptieren und im Dienstvertrag eine Kündigung vor Dienstantritt ausschließen. "Der Mitarbeiter kann auch für den Fall einer Kündigung eine Abfindung vereinbaren, die sich der Höhe nach an dem Besitzstand des alten Unternehmens orientiert", sagt Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Solche Vereinbarungen können aber nur Führungskräfte durchsetzen, deren Marktwert besonders hoch ist. Text: Jens Hagen Fotos: PR, dpa, ap, Reuters
Kündigungsfristen optimieren Besonders wichtig sind die Kündigungsfristen. Wer Wert auf Sicherheit legt, versucht eine möglichst lange Frist auszuhandeln. Im Falle einer Kündigung läuft das Gehalt dann monatelang weiter, meist in Verbindung mit einer Freistellung. Zu lange darf die Frist aber auch nicht sein, zumindest bei Mitarbeitern die noch einmal wechseln möchten. Die wenigsten Arbeitgeber möchten neun oder zwölf Monate warten, bis der neue Mitarbeiter anfängt. Führungskräfte, die schon längere Zeit in einem Unternehmen tätig sind, haben meist entsprechend lange Kündigungsfristen. Üblich sind sechs Monaten zum Quartal oder zum Monatsende. Aber auch Kündigungsfristen von einem Jahr zum Monatsende oder Quartal sind in einigen Unternehmen üblich. Wer Sicherheit möchte, sollte versuchen mindestens die gleiche Kündigungsfrist zu vereinbaren, die auch in dem alten Unternehmen galt.
Aufgaben klar definieren Im neuen Arbeitsvertrag sollte die Funktion genau definiert sein. Das gilt vor allem für den Aufgabenbereich, Verantwortungsbereich, Personal-und Budgetverantwortung. "Geschieht dies nicht im Dienstvertrag selbst, so kann auf eine Stellenbeschreibung Bezug genommen werden", sagt Abeln. Im neuen Job können böse Überraschungen drohen, etwa Versetzungen auf andere ungeliebte Positionen, auch im Ausland oder die Beschneidung von Kompetenzen. Mit einer genauen Jobbeschreibung im Vertrag ist die Führungskraft zumindest etwas geschützt, vor willkürlichen Positionsrochaden, die in einigen Unternehmen üblich sind.
Variable Bezüge festschreiben Manager sollte sich bei der Vereinbarung der variablen Bezüge nicht darauf einlassen, dass man diese im Nachgang im Rahmen einer Zielvereinbarung regelt oder sich auf allgemein geltende Regeln einlassen. "Vor Dienstantritt muss feststehen, aus welchen fixen und variablen Anteilen sich das Gehalt zusammensetzt", sagt Abeln. Die Kriterien für die Erreichung der Ziele und deren Gewichtung sollten unmissverständlich und klar geregelt werden, genauso wie das Festgehalt. Sonst drohen nach Jobstart böse Überraschungen und ärgerliche Feilschereien. Eigentlich überflüssige Diskussionen, die das Vertrauensverhältnis zum Vorgesetzten belasten können.
Dienstwagen absichern Vertragsklauseln, wonach Arbeitnehmer im Falle einer Freistellung zur entschädigungslosen Rückgabe des Dienst-Pkw verpflichtet sind, sind in der Regel unwirksam. Schon eine Freistellung stellt einen starken Eingriff in die Freiheit des Angestellten dar, seinen Beruf auszuüben. Der Entzug des Fahrzeuges kann als erstes nach außen signalisieren, dass die Führungskraft den "Job verloren" hat. An Freistellungsregeln, die den Entzug des Pkws beinhalten Komma stellt die Rechtsprechung daher besonders strenge Anforderungen.. Bei einer wirksamen Veränderung des Aufgabenbereichs kann die Führungskraft das Recht auf den vertraglich avisierten Dienstwagen verlieren. Dann kann das Fahrzeug ohne Entschädigung entzogen werden, sofern nichts anderes vereinbart ist.
Dienstwagenklausel bei der Altersvorsorge eliminieren Führungskräfte sollten prüfen, ob der Dienstwagen als Bemessungsgrundlage für die Höhe der betrieblichen Altersversorgung herangezogen wird. Enthält die betriebliche Altersversorgung hierzu keine Regelung, so ist der Dienstwagen nicht zu berücksichtigen. "Bei ausdrücklicher Benennung kann aber eine Berücksichtigung erfolgen", sagt Abeln. Wenn das nicht klar geregelt ist, ist das ist ein klarer Nachteil für den Arbeitnehmer. Vor allem bei Führungskräften der obersten Ebene besteht hier Verhandlungspotential.
Man muss auch gönnen können Arbeitnehmer sollten nicht jede Klausel monieren. Bestimmte Vorgaben - wie beispielsweise die Versetzungsklausel - sollten Arbeitnehmer besser akzeptieren. Der Grund: Nicht ausgehandelte Klauseln gelten als vom Arbeitgeber einseitig gestellte "Allgemeine Geschäftsbedingung" und unterliegen einer strengen gesetzlichen und richterlichen Kontrolle. Zweifel oder Unklarheiten gehen immer zu Lasten des "Klauselverwenders" - des Arbeitgebers. Wenn bestimmte Vereinbarungen individuell ausgehandelt werden und später eher nachteilig wirken, kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr auf die strengen gesetzlichen Kontrollregeln berufen. "Vor Gericht können solche individuell vereinbarte Vertragsklauseln nicht oder mit großen Einschränkungen überprüft werden", sagt Abeln.
Formulierung Vor allem wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Willen auf eine andere Position versetzt werden soll, ist es oft vorteilhaft, wenn er den entsprechenden Passus im Arbeitsvertrag nicht selber ausgehandelt hat. "Viele Arbeitgeber schaffen es trotz jahrelanger Rechtssprechung nicht, eine solche Klausel wasserdicht zu formulieren", sagt Abeln. Dann kann sich der Arbeitnehmer darauf berufen, dass der Absatz unwirksam ist. Der Arbeitgeber kann ihm nicht ohne Weiteres eine andere Aufgabe zuweisen. Das kann im Verhandlungspoker um eine eventuell anstehende spätere Abfindung Gold wert sein.
Vorsicht vor neuen Verträgen beim alten Unternehmen Im Laufe der Jahre sammeln sich in vielen Unternehmen sehr unterschiedliche Arbeitsverträge an. Der Grund sind sich ändernde Gesetze und Rechtssprechung, Umstrukturierungen oder Fusionen oder ein Wechsel in der Personalpolitik. Hin und wieder verfallen Arbeitgeber auf die Idee, die Arbeitsverträge "zu vereinheitlichen". Die Mitarbeiter werden dann gebeten, die neuen Arbeitsverträge zu unterzeichnen. Hier ist besondere Vorsicht geboten. Die so genannte Vereinheitlichung kann bedeuten, dass bestimmte Vertragsinhalte klammheimlich geändert werden sollen. Vor allem Kündigungsfristen, Dienstwagenregelungen, Vergütung oder Altersversorgungsansprüche stehen im Fokus der Arbeitgeber.
PrüfungDiese Änderungen sind selten zum Vorteil der Arbeitnehmer. Kein Mitarbeiter ist verpflichtet, überhaupt einen "neuen" Arbeitsvertrag zu verhandeln oder gar abzuschließen. Wer mit seinem alten Arbeitsvertrag glücklich ist, sollte den neuen Vertrag nicht unterzeichnen, ohne ihn genau geprüft zu haben.
Wettbewerbsverbote ablehnen Wer von vornherein plant, nicht dauerhaft in einem Unternehmen zu arbeiten, sollte den Arbeitsvertrag auf etwaige nachvertragliche Wettbewerbsverbote abklopfen. Wer das Unternehmen nur als Karrieresprungbrett nutzen will, kann mit einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bis zu zwei Jahre nach seinem Ausscheiden daran gehindert sein, bei der Konkurrenz anzufangen. Ein neuer Arbeitgeber dürfte solch langen Wartezeiten kaum akzeptieren.
Aus dem Karrieresprungbrett wird dann sehr schnell ein Fallstrick, denn aus einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot kommt der Arbeitnehmer nur im Verhandlungswege wieder heraus. Die einzige Chance: Der Arbeitgeber begeht bei entsprechenden Klauseln einen Fehler. Das passiert relativ häufig. In einem solchen Fall ist das Wettbewerbsverbot dann je nach Schwere des Fehlers nur unverbindlich oder sogar unwirksam.
Ausschlussfristen beachten Viele Arbeitsverträge enthalten so genannte Ausschlussfristen. Wenn einer der Arbeitsvertragspartner eine vereinbarte Leistung nicht erbringt, muss der andere Partner innerhalb der vereinbarten Ausschlussfrist seinen Anspruch schriftlich anmelden oder sogar Klage einreichen. Ansonsten verfallen diese Ansprüche. Allgemein üblich und zulässig sind Fristen ab drei Monaten aufwärts. Stehen im Vertrag kürzere Ausschlussfristen, könnte dass die Verfallsklausel unwirksam machen. Diese Klauseln dienen dazu, Ansprüche nicht zu verschleppen. Beide Parteien haben über die Wünsche der Gegenseite immer Klarheit. "Wer als Arbeitnehmer seine Ausschlussfristen nicht beachtet, kann Geld verlieren", sagt Abeln. Teilweise sind Ausschlussfristen auch in Tarifverträgen geregelt. Wird auf ein Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag angewendet, so gilt die Ausschlussfrist des Tarifvertrages selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag nichts davon steht.
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