Rhetorik Angeben ist wenigstens ehrlich

Angestellte kaschieren Angebereien gerne mit falscher Bescheidenheit. Daher: wenn schon protzen, dann wenigstens offensiv.

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Sind Sie auch rhetorisch der Chef?
Mitarbeiter machen nicht, was sie sollenWenn Mitarbeiter nicht wissen, was es ihnen persönlich einbringt, dann machen sie in den seltensten Fällen, was ihnen gesagt wird. Deshalb sollten die Manager persönliche Anreize setzen und erklären, was der Vorteil für den individuellen Mitarbeiter ist: Ob er Fußballkarten, einen Bonus oder eben Karten für die Oper möchte, Sie sollten ihm den Wunsch erfüllen. Quelle: dpa/dpaweb
4. Effektiv kommunizierenIst erstmal ein Aktionsplan erstellt, sollten ihn auch alle Mitarbeiter verstehen. Konkret bedeutet das, dass Sie Ihre Pläne mit allen Kollegen teilen und diese um Ihre Meinung bitten sollten. Dank Chester Barnards Klassiker "The functions of the executive" ist bekannt, dass Organisationen in Wahrheit durch Informationen zusammengehalten werden, nicht durch gutes Management oder Besitzverhältnisse.Druckers Tipp: Sparen Sie nicht an Informationen, sondern kommunizieren Sie Ihre Pläne. Dabei sollten Sie auch untergebene Mitarbeiter nicht ausschließen. Quelle: dpa
Mit den Enttäuschten reden! Bei Umstrukturierungen wird immer jemand der Leidtragende sein: Damit der Enttäuschte nicht auf Rache sinnt, sollte mit ihm geredet werden. Persönliche Anerkennung in wenigen Sätzen kann manchmal dafür sorgen, dass er die Kröte besser schluckt. Und Sie und die Firma in Ruhe lässt. Quelle: REUTERS
5. Chancenorientiert denkenEs klingt wie eine Floskel, ist aber ein effektives Element guten Managements. Erfolgreiche Führungskräfte konzentrieren sich auf Chancen, nicht auf Probleme. Japan geht dabei als gutes Beispiel voran: Dort wird sichergestellt, dass vorhandene Chancen nicht von Problemen erdrückt werden. Dabei spielt auch die Stellenbesetzung eine wichtige Rolle. Japanische Führungskräfte lassen ihre besten Mitarbeiter an Chancen arbeiten, nicht an Problemen.Druckers Tipp: Probleme und Risiken gibt es überall – aber auch Chancen. Stellen Sie diese in Ihrem Unternehmen in den Mittelpunkt. Auch Probleme lassen sich in Chancen umwandeln, indem Sie sich fragen: Wie können wir diese Veränderung oder jenes Problem als Chance für unser Unternehmen nutzen? Quelle: dpa
Das Kündigungsgespräch: kurz und schmerzlosMachen Sie es sich und ihrem bald Ex-Mitarbeiter nicht schwerer als es ist: Zwei, drei Sätze reichen, um keine der beiden Seiten unnötig zu belasten. Und helfen Sie Ihrem ehemaligen Mitarbeiter dann noch, indem Sie ihm schnell und unbürokratisch seine Papiere geben und ihm ein Arbeitszeugnis schreiben. Quelle: dpa-tmn
Konsequenzen dramatisieren!Sie müssen unpopuläre Maßnahmen wie Kostensenkungen und Budgetkürzungen kommunizieren? Kein Problem, wenn Sie nur dramatisch und konsequent sind. Denn nur dann können die Mitarbeiter Ihre Maßnahmen nachvollziehen. Die meisten Manager schreiben Mails, weil sie die nicht beantworten müssen. Ein Gespräch mit dem Mitarbeiter könnte hingegen zu unbequemen Nachfragen führen. Quelle: dpa
Loben Sie die Mitarbeiter namentlich!Seien Sie kein eitler Hahn, sondern geben Sie etwas vom Erfolg auch an Ihre Mitarbeiter zurück. Ein rhetorisch guter Manager lobt sein Team namentlich - das führt auch bei gelobten Mitarbeiter zu einem kleinen Motivationsschub. Quelle: dpa

Was will uns „Huffington Post“-Gründerin Arianna Huffington mit folgender Nachricht bei Twitter sagen? „Gerade auf dem Weg von Mailand nach Istanbul, und keines meiner drei Blackberrys funktioniert!“ Möglichkeit Nummer eins: Die Unternehmerin ist tatsächlich genervt, dass ihre Handys nicht funktionieren. Oder, Möglichkeit Nummer zwei: Huffington jettet nicht nur durch die Welt – sie ist offensichtlich auch noch so wichtig, dass sie gleich drei Blackberrys besitzt.

Oder der Schriftsteller Salman Rushdie: „Der Schreibtisch ist so gut wie leer. Arbeite noch an den Memoiren, Film ist fast fertig. Vielleicht nehme ich mir ein Wochenende frei, bevor ich mit der Arbeit für meine neue TV-Serie beginne?“

Tipps für den gelungenen Smalltalk

Ist das eine ernst gemeinte Frage? Oder der Versuch, ganz nebenbei einfließen zu lassen, dass er nicht nur an seiner Biografie arbeitet, einen Film fertiggestellt hat und bald eine eigene Serie bekommt – sondern gleichzeitig auch noch ordentlich ist und sich nun ernsthaft darüber den Kopf zermartert, ob er sich eine kleine Auszeit gönnen darf?

Angeben ist wenigstens ehrlich

Rushdie und Huffington haben sich in ihren Tweets des „humblebragging“ schuldig gemacht. Das Wort ist eine Kombination aus dem englischen Adjektiv „humble“ (bescheiden) und dem Verb „to brag“ (angeben). Als deutsches Äquivalent zu dieser Neuschöpfung käme etwa leidprahlen oder bescheidenheitsprotzen infrage. Das Ziel der durch eine Beschwerde kaschierten Angeberei ist klar: Man will Sympathiepunkte erlangen – denn echte Prahler mag niemand. Bescheidenheit hingegen ist gesellschaftlich überaus akzeptiert.

Häufige Fehler von Vorgesetzten (aus "Mitarbeitergespräche" von W. Mentzel, S. Grotzfeld und C. Haub)

In den USA hat sich humblebragging schon im alltäglichen Wortschatz etabliert. Bereits 2011 eröffnete der vor einigen Monaten verstorbene Komiker Harris Wittels einen eigenen Twitter-Account unter dem Namen @humblebrag, der meistens Prominente und manchmal auch Unbekannte beim Leidprahlen zitiert. 2012 veröffentlichte er seine Beobachtungen in einem Buch mit dem Titel: „Humblebrag: Die Kunst der falschen Bescheidenheit“. Jetzt hat es das Phänomen gar bis an die Harvard Business School geschafft, dort wurde es zum Forschungsgegenstand einer Studie. Die drei Wissenschaftler Ovul Sezer, Francesca Gino und Michael Norton interessierten sich vor allem für eine Frage: Kommen Leidprahler sympathischer rüber als konventionelle Angeber?

Unehrliche Antworten erhalten wenig Zuspruch

Um eine Antwort zu finden, startete das Trio eine Reihe von Experimenten. Im ersten legten sie zwei unabhängigen Beobachtern 740 Tweets vor, die der Account @humblebrag zwischen 2011 und 2013 veröffentlichte. Um die beiden Testpersonen nicht von der Prominenz einiger Personen zu beeinflussen, anonymisierten sie sämtliche Kurznachrichten.

Die zehn Karrierekiller bei der Kommunikation
Wer beruflich aufsteigen will, muss das auch signalisieren. Denn Talent allein reicht nicht, auch die Kommunikation der Qualitäten und Ambitionen ist zentral. Dies hat eine Umfrage des New Yorker Center for Talent Innovation unter 4.000 Fachkräften mit Hochschulabschluss und 268 Führungspersönlichkeiten ergeben. Die Studie zeigt die zehn größten Kommunikationsfehler für die Karriere auf.Platz 10: Gekicher und Schrillheit Zu viel Gekicher und Lachen, lässt laut den Studienteilnehmern Frauen schlecht da stehen – und eine zu schrille Stimme Männer. Ein angemessenes Lachen und der richtige Tonfall wird von Führungspersonen erwartet. Gerade eine hohe Stimme wirkt zu emotional und lässt Zuhörer den Faden verlieren. Quelle: fotolia.com
Platz 9: GefaselDie Argumente können noch so gut sein – wer sie nicht knapp und prägnant vertreten kann hinterlässt einen schlechten Eindruck. Ausschweifende Erklärungen und Gerede lassen die Standpunkte viel schwächer erscheinen. Wer wiederum knackig überzeugen kann, hat auch das Zeug zum Chef. Mögen die Argumente inhaltlich noch so schwach sein – auf ihre Kommunikation kommt es an. Quelle: fotolia.com
Platz 8: Augenkontakt meidenWer seinem Kollegen oder Geschäftspartner nicht in die Augen schaut, hinterlässt einen schlechten Eindruck. Es zeigt, dass man nicht interessiert, etwas zu verbergen hat oder sogar lügt – alles Eigenschaften, die einem beim Karriereaufstieg nicht weiter bringen. Quelle: fotolia.com
Platz 7: Ablenkungen suchenEine Führungskraft soll Aufmerksamkeit und Interesse zeigen – für sein Projekt, die Konferenz, die Rede oder das Gespräch. Wer jedoch im Meeting auf dem Handy rumspielt, im Gespräch Fussel auf dem Pulli sucht oder seine Nägel begutachtet, gibt der Umwelt den Eindruck, sie nicht ernst zu nehmen. Quelle: fotolia.com
Platz 6: FlirtenEs kann ein Späßchen sein, ein ernster Annäherungsversuch, oder ein Mittel sich beim Vorgesetzten oder Geschäftspartner beliebt machen zu wollen – in jedem Fall ist Flirten in der Wirtschaftswelt unangebracht und untergräbt das professionelle Ansehen des Charmeurs. Quelle: fotolia.com
Platz 5: FluchenZu fluchen, ist generell die falsche Kommunikationsart – doch gerade bei Führungspersönlichkeiten, die ein Unternehmen repräsentieren,  sind Schimpfworte besonders unangebracht.   Quelle: fotolia.com
Platz 4: Keine ManierenChef sein verpflichtet: Führungspersönlichkeiten müssen sich entsprechend zu benehmen wissen. Zu den Erwartungen, die an eine hohe Position geknüpft sind, gehört eine ausgewählte Ausdrucksweise, Intellektualität, Höflichkeit und Würde. Quelle: fotolia.com

Anschließend sollten die beiden Juroren die Tweets anhand folgender Parameter bewerten: Für wie aufrichtig halten Sie die Nachricht? Und: Würden Sie den Beitrag mit einem Stern markieren, gewissermaßen als virtuelles Zeichen Ihrer Sympathie? Das Ergebnis: Die Tweets, die als besonders unehrlich angesehen wurden, erhielten auch den geringsten Applaus.

Im zweiten Experiment beschäftigte sich das Forschertrio mit den beruflichen Auswirkungen von humblebragging. Bringt es im professionellen Kontext Vorteile? Sezer, Gino und Norton konzentrierten sich dabei auf eine der beliebtesten Fragen im Bewerbungsgespräch, und zwar die nach den Schwächen – denn kaum eine Frage birgt so viele Chancen für Leidprahler. „Meine größte Schwäche ist, dass ich so wahnsinnig perfektionistisch bin“ oder „Ich wünschte mir manchmal, besser abschalten zu können – aber ich bin einfach ein Arbeitstier“.

Lüge aus strategischen Gründen

Die Wissenschaftler befragten 122 Studenten nach ihrem größten Defizit. 77 Prozent von ihnen entschieden sich für eine als Schwäche getarnte Stärke als Antwort. Davon bezeichneten knapp 33 Prozent ihren Perfektionismus als größtes Defizit. Rund 25 Prozent antworteten, immer zu hart zu arbeiten. Und rund 15 Prozent nannten die Scheinschwäche, „einfach zu nett zu sein“. Anschließend wurden die Humblebragger nach ihrer Motivation befragt: 66 Prozent gaben zu, es aus strategischen Gründen gemacht zu haben. Sie erhofften sich schlicht bessere Chancen auf den Job.

Eine schlechte Idee, wie die Harvard-Wissenschaftler herausfanden. Denn die Mitarbeiter, die über die Einstellungen entscheiden sollten, zeigten deutlich mehr Interesse an jenen Kandidaten, die eine wirkliche Schwäche ehrlich preisgaben.

Zum Glück haben Ariana Huffington und Salman Rushdie keine allzu großen beruflichen Sorgen. Für alle anderen gilt: Stehen Sie offen zu Ihren Stärken – das ist immer noch besser, als sie hinter einer Jammerei zu verstecken.

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