Um eine Antwort zu finden, startete das Trio eine Reihe von Experimenten. Im ersten legten sie zwei unabhängigen Beobachtern 740 Tweets vor, die der Account @humblebrag zwischen 2011 und 2013 veröffentlichte. Um die beiden Testpersonen nicht von der Prominenz einiger Personen zu beeinflussen, anonymisierten sie sämtliche Kurznachrichten.
Anschließend sollten die beiden Juroren die Tweets anhand folgender Parameter bewerten: Für wie aufrichtig halten Sie die Nachricht? Und: Würden Sie den Beitrag mit einem Stern markieren, gewissermaßen als virtuelles Zeichen Ihrer Sympathie? Das Ergebnis: Die Tweets, die als besonders unehrlich angesehen wurden, erhielten auch den geringsten Applaus.
Im zweiten Experiment beschäftigte sich das Forschertrio mit den beruflichen Auswirkungen von humblebragging. Bringt es im professionellen Kontext Vorteile? Sezer, Gino und Norton konzentrierten sich dabei auf eine der beliebtesten Fragen im Bewerbungsgespräch, und zwar die nach den Schwächen – denn kaum eine Frage birgt so viele Chancen für Leidprahler. „Meine größte Schwäche ist, dass ich so wahnsinnig perfektionistisch bin“ oder „Ich wünschte mir manchmal, besser abschalten zu können – aber ich bin einfach ein Arbeitstier“.
Lüge aus strategischen Gründen
Die Wissenschaftler befragten 122 Studenten nach ihrem größten Defizit. 77 Prozent von ihnen entschieden sich für eine als Schwäche getarnte Stärke als Antwort. Davon bezeichneten knapp 33 Prozent ihren Perfektionismus als größtes Defizit. Rund 25 Prozent antworteten, immer zu hart zu arbeiten. Und rund 15 Prozent nannten die Scheinschwäche, „einfach zu nett zu sein“. Anschließend wurden die Humblebragger nach ihrer Motivation befragt: 66 Prozent gaben zu, es aus strategischen Gründen gemacht zu haben. Sie erhofften sich schlicht bessere Chancen auf den Job.
Eine schlechte Idee, wie die Harvard-Wissenschaftler herausfanden. Denn die Mitarbeiter, die über die Einstellungen entscheiden sollten, zeigten deutlich mehr Interesse an jenen Kandidaten, die eine wirkliche Schwäche ehrlich preisgaben.
Zum Glück haben Ariana Huffington und Salman Rushdie keine allzu großen beruflichen Sorgen. Für alle anderen gilt: Stehen Sie offen zu Ihren Stärken – das ist immer noch besser, als sie hinter einer Jammerei zu verstecken.