Urlaub ist für viele Beschäftigte die Zeit, in der sie nur einmal täglich ihre Job-Mails checken. Dabei ist die Ferienzeit so viel mehr als die körperliche Abwesenheit vom Arbeitsplatz. Im besten Fall sollte zum Zwecke der Erholung nicht einmal an Arbeit gedacht werden. Die Realität sieht leider anders aus. Die meisten Angestellten halten auch im Urlaub den Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten.
Fast zwei von drei Angestellten (64 Prozent) sind laut dem Xing Urlaubsreport während der Ferien grundsätzlich für Kollegen oder Vorgesetzte erreichbar. Jeder Zehnte der Befragten gab an, sogar ständig zur Verfügung zu stehen.
- lesen 61 Prozent der Berufstätigen im Urlaub berufliche Kurznachrichten,
- 57 Prozent sind telefonisch für Chef, Kollegen oder Kunden erreichbar,
- und 27 Prozent checken geschäftliche E-Mails.
Die reine Nettozeit, die mit der Job-Kommunikation verbracht wird, ist dabei fast Nebensache. Das wahre Problem besteht darin, dass der Beruf unterschwellig ständig präsent bleibt. Digitale Kommunikation ist mittlerweile so normal, dass sie schon gar nicht mehr als Arbeit oder als Störung empfunden wird. Im Gegenteil sorgt Informations-Multitasking für schnelle Befriedigung, eine hohe Zahl von erledigten E-Mails stärkt womöglich das Selbstwertgefühl. Da kann sich in den ersten Urlaubstagen anstelle von Erleichterung das ungute Gefühl breitmachen, dass man gerade etwas Wichtiges verpasst. Viele Angestellte bleiben deshalb freiwillig im Hamsterrad der Kommunikation und schalten lediglich einen Gang runter.
Tun Sie sich einen Gefallen und machen Sie es in diesem Sommer besser. Dabei können diese Tipps und Anregungen für einen möglichst störungsfreien Urlaub helfen.
#1 Sie müssen nicht erreichbar sein
Ständige Erreichbarkeit im Urlaub ist oft das Resultat eines Missverständnisses. Viele Angestellte freuen sich, wenn sie scheinbar unersetzlich sind und finden es daher normal, in den Ferien ansprechbar zu sein. Dabei ist das aus rechtlicher Sicht der Ausnahmefall. Das Arbeitszeitgesetz und das Bundesurlaubsgesetz regeln, dass jeder Angestellte in Deutschland Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat. „Während dieser Zeit ruht die Hauptleistungspflicht der Beschäftigten“, betont der Deutsche Gewerkschaftsbund. „Denn: Wer arbeitet, kann sich nicht erholen.“ Daraus leite sich für Arbeitnehmer ein Recht auf Nichterreichbarkeit ab. „Sie müssen während ihres gesetzlichen Erholungsurlaubs keine Telefonate beantworten und sind nicht verpflichtet, ihre E-Mails zu checken“, erklärt der DGB.
Die ungestörten Ferien der Beschäftigten liegen auch im Interesse des Arbeitgebers – nicht nur, weil sich die Angestellten dann mit neuem Elan ans Werk machen. „Wenn auf Anweisung des Chefs während des Urlaubs telefoniert, gemailt oder anderweitig gearbeitet wird, gilt diese Zeit als Arbeitszeit. Das heißt: Sie muss regulär bezahlt und der Urlaub entsprechend nachgeholt werden“, mahnt der DGB.
#2 Regeln Sie die Erreichbarkeit im Urlaub
Oft gibt es in Firmen keine eindeutigen Vorgaben, was die Kontaktaufnahme während des Urlaubs angeht. In dem Fall sollte vorab mit Vorgesetzten und Kollegen abgesprochen werden, in welchen Ausnahmesituationen und zu welchen Konditionen man in den Ferien gestört werden darf – wenn überhaupt. Das Arbeitszeitgesetz gilt übrigens nicht für leitende Angestellte. Aber auch mit ihnen sollten klare Regeln für die Erreichbarkeit im Urlaub vereinbart werden.
#3 Vollwertige Vertretung
Je besser die Vertretung, desto störungsfreier wird der Urlaub. Bei manchen Beschäftigten ist es eindeutig, wer ihre Arbeit übernehmen wird. Hier ist es wichtig, dass diese Mitarbeiter sich früh bei der Urlaubsplanung absprechen, um nach Möglichkeit Überschneidungen zu vermeiden.
Oft ist die Vertretung jedoch eine eher spontane Entscheidung auf den letzten Drücker und die Übergabe erfolgt zwischen Tür und Angel. Da sind Nachfragen während der Ferien fast programmiert. Es lohnt sich, Arbeit in das Briefing der Vertretung zu investieren. Allein schon, weil man dann selbst sicher sein kann, nach den Ferien alles möglichst wohlgeordnet vorzufinden.
Am besten führt man frühzeitig eine Liste über die anfallenden Aufgaben. Viele Aspekte des Jobprofils werden automatisch erledigt und fallen schnell unter den Tisch, wenn es daran geht, eine Vertretung anzulernen. Da ist eine Checkliste für Aufgaben, bevorstehende Termine und mögliche Fallstricke sehr hilfreich. Bei Führungskräften mag es nicht möglich sein, dass die Vertretung zu einhundert Prozent einspringt. Dann sollten Szenarien durchgespielt werden, um echte Notfälle von weniger dringenden Problemen unterscheiden zu können.
Tipps gegen den Urlaubs-Stau im E-Mail-Postfach
#4 Urlaub ankündigen
Der Urlaub sollte den Hauptansprechpartnern in und außerhalb der Firma mit einigem Vorlauf angekündigt werden. Auf diese Weise haben Sie genügend Zeit, Fragen vorab zu klären beziehungsweise wissen, ab wann man wieder ansprechbar ist. Bei dieser Gelegenheit kann gleich schon die Vertretung vorgestellt werden. Die übernimmt im besten Fall bereits vor dem Urlaub Anliegen, die absehbar länger dauern werden.
#5 Sie haben keine neuen Nachrichten
Es gibt einen ziemlich guten Grund für das regelmäßige Abarbeiten von E-Mails während des Urlaubs. Wer einige Wochen offline war, darf am ersten Arbeitstag erst einmal Hunderte von ungelesenen Nachrichten lesen und löschen. Diese Aussicht beeinträchtigt die Erholung und führt zum Einknicken. Es gibt aber eine dritte Möglichkeit. E-Mails, die während der Urlaubszeit eintreffen, werden automatisch gelöscht. Der Absender erhält eine Abwesenheitsnotiz mit den Kontaktdaten des Stellvertreters, der die Anfrage beantworten kann.
Das klingt radikal, hat sich aber bei der Daimler AG bewährt. Dort wurde das Programm „Mail on Holiday“ 2014 nach einer Testphase eingeführt. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen sich im Urlaub erholen und keine geschäftlichen E-Mails lesen. Mit 'Mail on Holiday' starten sie nach den Ferien mit einem sauberen Schreibtisch“, hieß es damals. „Es entsteht kein Stau im elektronischen Postfach. Das ist eine emotionale Entlastung.“ Bei Kunden und Lieferanten kam das Löschprogramm den Angaben zufolge gut an. Denn wichtige Aufgaben hätten dank des Kontakts zur Vertretung rasch erledigt werden können.
Fünf Jahre später scheint sich das Angebot durchgesetzt zu haben. „Theoretisch kann jeder unserer rund 100.000 Mitarbeiter in Deutschland mit einem E-Mail-Postfach 'Mail on Holiday' nutzen“, heißt es beim Konzern. Damit stünde die Löschfunktion auch leitenden Angestellten offen. Jeder Mitarbeiter darf laut Daimler selbst entscheiden, ob er das Angebot in Anspruch nehmen möchte. Die Teilnahme wird demnach nicht erfasst.
#6 Erreichbarkeit für Selbstständige
Viele Selbstständige können es sich nicht leisten, wochenlang offline zu gehen. Aber gerade sie sind oft ständig erreichbar und müssen deshalb dringend mal abschalten. Hier kann es helfen, für sich selbst strenge Urlaubsregeln aufzustellen. Das kann so aussehen, dass der Abruf neuer geschäftlicher E-Mails auf dem Handy von „automatisch“ auf „manuell“ gestellt oder die Benachrichtigung abgeschaltet wird. E-Mails werden zu festen Zeiten gelesen (täglich vor dem Schlafengehen oder an bestimmten Wochentagen). Kunden, die unbedingt schnell Antwort bekommen müssen, erhalten gegebenenfalls die private E-Mail-Adresse oder eine Adresse, die auf das private Postfach weitergeleitet wird. Auf diese Weise behält man beruflich den Überblick und darf während der restlichen Zeit rein gar nicht an die Arbeit denken.
#7 Rückkehr planen
Die Erholung soll möglichst lange nachwirken. Umso wichtiger ist es, den ersten Tag zurück im Büro nicht zu unterschätzen. Wer mit einer Aufholjagd startet, ist schnell wieder urlaubsreif. Am besten ist das Meeting mit der Vertretung bereits für den Vormittag geplant, um Sie auf den neuesten Stand zu bringen. Auf diese Weise ist klar, welche ungelesenen E-Mails getrost ignoriert werden dürfen. Packen Sie sich trotzdem den ersten Tag nicht zu voll. Nach einer längeren Jobpause kann es etwas dauern, ehe man wieder zu hundert Prozent im Betriebsmodus ist. Was vorher automatisch erledigt wurde, fühlt sich plötzlich etwas fremd an. Ein Glück. Denn das ist der beste Beweis dafür, dass Sie im Urlaub wirklich abgeschaltet haben.