Seelische Belastung Lieber arbeitslos als einen miesen Job

Arbeitslose sind gestresst, werden häufiger krank und sind oft von Selbstzweifeln geplagt. Doch eine neue Studie zeigt: Menschen, die mit ihrem Job unzufrieden sind, geht es noch schlechter.

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Fünf Tipps, damit Ihnen Ihr Job wieder Spaß macht
Fangen wir doch gleich mal mit dem "Nein " sagen an. Lassen Sie die Kollegen 2014 einfach nicht mehr alles auf Sie abwälzen. "Könntest du bitte hier...", "würde es dir etwas ausmachen, wenn..." Wenn Sie immer den Mist der anderen miterledigen, kommen Sie selber nicht voran und glücklicher werden Sie damit auch nicht. Also sagen Sie "Nein". Und zwar persönlich, nicht per Mail. Auch wichtig: Begründen Sie Ihr Nein und bieten Sie Alternativen an. Quelle: Fotolia
Und wo wir schon dabei sind, dass Sie sich gegen etwas entscheiden - entscheiden Sie doch öfter etwas. Natürlich innerhalb Ihres Kompetenzbereichs. Nutzen Sie Ihre Entscheidungsfreiheit und hören Sie auf, sich wegen jedem Kinkerlitzchen hundertmal rückzuversichern. Das ist weder gut fürs Selbstbewusstsein, noch macht es sonderlich viel Spaß. Quelle: Fotolia
Schließlich wird niemand gerne wie eine Marionette gelenkt. Falls Sie das Gefühl haben, an Ihrem Arbeitsplatz nur die Marionette des Chefs oder der Kollegen zu sein, müssen Sie daran etwas ändern. Legen Sie für sich fest, welche von den auf Sie abgewälzten Aufgaben wichtiger ist und wie Sie sie erfüllen. So gewinnen Sie - zumindest teilweise - die Herrschaft über Ihr Tun zurück. Quelle: Fotolia
Dafür ist natürlich eine Strategie unabdingbar. Nicht nur Ihre, sondern auch die der Vorgesetzten. Deshalb ist es wichtig, dass der Chef klare Anweisungen gibt: Wer macht was wann und warum. Gibt es die nicht automatisch, bestehen Sie darauf, dass Ihnen Ihr Chef sagt, wohin er mit dem Projekt will und welche Aufgaben Priorität haben. Dann kann sich auch keiner verzetteln. Quelle: Fotolia
Ihre Vorgesetzten loben zu wenig bis gar nicht? Dann tun Sie es doch! Loben Sie Ihre Kollegen, wenn etwas gut geklappt hat. Mit etwas Glück werden demnächst auch Sie gelobt - und das tut immer gut. Egal, von wem es kommt. Quelle: Fotolia

Der sogenannten Generation Y ist es wichtig, sich im Beruf selbst verwirklichen zu können und die richtige Balance zwischen Arbeiten und Freizeit zu finden. Ein Job muss Sinn und Spaß machen, wie der 19-jährige Unternehmensberater Philipp Riederle im Interview mit der WirtschaftsWoche sagte. Und auch die zahlreichen Studien, die über die Generation verfasst wurden, zeigen: Junge Arbeitnehmer sind lieber arbeitslos als in einem Beruf zu arbeiten, der sie nicht glücklich macht.

Das mag arrogant erscheinen, denn jahrelang herrschte die Devise, dass jeder Job besser ist, als arbeitslos zu sein.

Arbeitslosigkeit hat negative Auswirkungen auf Psyche und Gesundheit

Keine Frage, der Verlust des Jobs ist ein harter Einschnitt - und das nicht nur finanziell: Arbeitslose leiden häufiger unter chronischem Stress als Manager, sie sind häufiger krank, werden träger und leiden häufiger unter Depressionen. Das belegen verschiedene Studien.

"Erwerbslose haben eine höhere Stressbelastung als Erwerbstätige", bestätigt auch Jörg Marschall vom Forschungsinstitut IGES. Arbeitslose machen sich demnach sehr viel mehr Sorgen. "Sie sagen: Ich schaffe es einfach nicht, die Leistung zu bringen, die von mir erwartet wird", so Marschall.

Was ein Jobverlust aus Menschen macht
Ein Mann betritt einen Raum hinter einer Tür, auf der steht "Zugang Agentur für Arbeit" Quelle: dpa
Eine Frau fasst sich an den Kopf Quelle: dpa
Krebs Quelle: dpa
Psychische Belastung bei Verlust des Arbeitsplatzes Quelle: dpa
Ein Mann im Anzug dreht dem Betrachter vor einem schwarzen Hintergrund den Rücken zu Quelle: dpa Picture-Alliance
Eine Frau steht in einem Treppenhaus in Hannover. Quelle: dpa
Jugendlicher liegt am 09.12.2014 in München (Bayern) gemütlich auf dem Fußboden und betrachtet die Video-Plattform "Youtube" auf seinem iPad Quelle: dpa

Doch ein Job ist leider kein Garant für Zufriedenheit: Zwar sind laut einer Untersuchung des US-Marktforschungsinstituts Gallup 49 Prozent der Arbeitslosen mit ihrem Leben unzufrieden. Menschen, die ihren Job hassen, sind aber mit 54 Prozent noch unglücklicher.

Das zeigt sich der Umfrage zufolge schon an Kleinigkeiten: 80 Prozent der Arbeitslosen geben an, oft zu lachen oder zu lächeln. Menschen, die ihren Job nicht mögen, haben mit 70 Prozent noch weniger Grund zu lachen. Die beste Laune haben die, die ihren Job mögen. Aso doch lieber arbeitslos als unzufrieden?

So finden Sie den Spaß im Job wieder!

Abgesehen vom monetären Aspekt scheint das zuzutreffen: Forscher der Australischen Nationaluniversität in Canberra untersuchten mehr als 7.000 Erwachsene aus repräsentativ ausgewählten Haushalten über einen Zeitraum von sieben Jahren. Dabei verglichen sie die seelische Verfassung der Teilnehmer mit ihrem Berufsstand und den Arbeitsbedingungen - also etwa der Bezahlung, der Jobsicherheit, den beruflichen Anforderungen oder der Unterstützung am Arbeitsplatz.

Erwartungsgemäß waren arbeitslose Teilnehmer generell in schlechterer mentaler Verfassung als berufstätige Menschen. Aber bei näherer Analyse hing das Wohl der Beschäftigten wesentlich von der Qualität ihres Jobs ab. Fanden arbeitslose Teilnehmer eine gute Anstellung, so besserte sich ihr seelischer Zustand. Bekamen sie aber einen schlechten Job, so sank die psychische Verfassung vieler Menschen auf einen neuen Tiefpunkt.

Diese Berufe machen krank

"Nur mit dem richtigen Job sind die meisten Menschen wirklich glücklich und zufrieden", sagt auch Charles Purdy, Karriereexperte bei der Online-Stellenbörse Monster. Die Plattform hatte vor zwei Jahren knapp 3000 Arbeitnehmer zu ihrer Lebensqualität und ihrer Zufriedenheit mit ihrem Job befragt.

Rund 20 Prozent der Befragten gaben damals an, dass ihr Beruf entscheidend zu ihrer Lebensqualität beitrage. Nur 13 Prozent waren der Ansicht, dass Job allein dazu da sei, die Miete zu bezahlen. Für deutsche Arbeitnehmer hat die Zufriedenheit sogar einen besonders hohen Stellenwert: 76 Prozent gaben an, dass der richtige Job ausschlaggebend für Glück und Zufriedenheit sei.

Dementsprechend sollten wir vielleicht unsere Einstellung zur Arbeit überdenken. "Die Politik mit dem Grundsatz 'Hauptsache Arbeit' basiert auf der Auffassung, dass jeder Job besser ist als keiner, weil er das wirtschaftliche wie auch das persönliche Wohl steigert", schreiben die Forscher der Nationaluniversität Canberra in der Zeitschrift "Occupational and Environmental Health". Dabei werde die psychosoziale Qualität der Arbeit außer Acht gelassen. Was ein Fehler sei.

Derzeit sind laut einer Arbeitsmarktstudie des Personalunternehmens Orizon allein in Deutschland 24,3 Prozent aller Arbeitnehmer unzufrieden mit ihrem Job - und suchen eine neue Stelle. Die Gründe für die schlechte Stimmung sind dabei vielfältig - vom jähzornigen Chef über fehlende Aufstiegschancen bis zu monotonen Aufgaben ist alles dabei.

"Die zunehmende Befristung von Stellen – selbst im Öffentlichen Dienst – verunsichert die Arbeitnehmer. Sogar wenn die Möglichkeit auf einen Anschlussvertrag besteht, schaut sich ein Arbeitnehmer mit Weitblick nach anderen Optionen um", sagt Dieter Traub, Geschäftsführer von Orizon. Dem wollen viele entfliehen.

Wer jeden morgen mit Bauchschmerzen zu Arbeit geht und abends mit Kopfschmerzen wieder nach Hause kommt, sollte nicht auf Dauer an dieser Stelle festhalten, riet auch Psychologin Ilona Bürgel im Interview mit der WirtschaftsWoche.

"Wenn es gar nicht geht, muss ich die Situation verlassen. Nämlich dann, wenn ich für mich entscheide, dass die Art mit Kunden umzugehen, mit Mitarbeitern umzugehen, die Arbeitszeiten oder was auch immer nicht gut für mich sind. Dann muss ich da raus."

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