Selbstständigkeit Werden Sie doch Investmentprofi

Den Banken geht es nicht gut: Der aktuelle Zinssatz und die Fin-Techs rücken ihnen auf die Pelle. Trotzdem oder gerade deswegen lohnt es sich genau jetzt, sich in der Finanzbranche selbstständig zu machen.

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Tschüß Bank, ich berate jetzt selbstständig. Quelle: dpa

Finanzkrise, Niedrigzinspolitik und der Trend zum Online-Banking setzen die Geldhäuser unter Druck, ihr Filialnetz auszudünnen. Damit stehen auch etliche Stellen in der Anlageberatung zur Disposition. Ist das ein Problem? Keineswegs, denn die Selbstständigkeit eröffnet Bankberatern gerade jetzt aussichtsreiche Chancen.

Der Umbruch ist in vollem Gange: Allein in diesem Jahr setzen verschiedene Banken und Sparkassen den Rotstift an und schließen 1.000 Filialen in Deutschland, noch weit mehr Streichungen sollen in den kommenden Jahren folgen. So warnt die Unternehmensberatung McKinsey, dass 75 Prozent der Institute ins Minus rutschen werden, wenn sie nicht rasch handeln. Digitalisierung, Niedrigzinsen und Regulierung machen der Branche zu schaffen.

Mit der Umstrukturierung in der Bankenlandschaft zeichnet sich auch ein massiver Stellenabbau in der Anlageberatung ab. Wer bleibt, muss dann zusätzlich die Arbeit der ehemaligen Kollegen stemmen, wobei immer weniger Raum für die individuelle Beratung bleibt. Die Zeit für persönliche Kundengespräche ist schon heute knapp, zudem wird oft nur eine sehr eingeschränkte Produktauswahl angeboten.

Christian Hammer, Geschäftsführer NFS Netfonds Financial Service Quelle: Presse

Oft muss der Berater vor allem Verkaufen, was der Bank nützt – und nicht dem Kunden. Das kompetente Anlagegespräch, ausgerichtet an den Bedürfnissen des Kunden, wird zum Auslaufmodell. An dessen Stelle tritt ein Höchstmaß an Standardisierung.

Finanz-Startups und neue Technologien rund um Finanzdienstleistungen treiben die Veränderungen in der Branche mit Wucht weiter voran. Sie gewinnen bisher vor allem dort an Boden, wo es unkompliziert und schnell gehen soll, etwa bei Überweisungen.

So digitalisieren Banken ihr Geschäftsmodell

Für persönliche Anlagekonzepte und individuelle Strategien kann ein Algorithmus jedoch kaum die fachliche Erfahrung eines Beraters und dessen Empathie für die persönliche Situation des Kunden ausstechen.
Gleichwohl setzen die Banken panisch auf Fintech-Kooperationen und schließen Filialen statt ihr Beratungsgeschäft zu stärken – und so ihren eigentlichen Trumpf im Wettbewerb auszuspielen. Das frustriert verständlicherweise einige in den Banken.

Bankkunden möchten individuelle Tipps

Der Umbruch eröffnet aber auch neue Chancen für fachkundige Berater. Zwar deckt sich das, was Anleger erwarten, immer weniger mit dem, was die Institute liefern. Freie Berater jedoch können genau das liefern, was Anleger erwarten.

Eine repräsentative Erhebung zeigt, dass 97 Prozent der befragten Bankkunden eine persönliche Beratung mit passgenauen Produkten und verständlichen Erklärungen möchten. Gleich danach kommt ein unabhängiges Produktportfolio, 95 Prozent wollen sich nicht einschränken lassen, indem ihr Berater seine Empfehlung nur auf ganz bestimmten Anbietern aufbaut. Gleichzeitig fordern sie einen festen Ansprechpartner für ihre Finanzanliegen.

Kunden richtig beraten

All das können die Geldinstitute gerade in Zeiten der Umstrukturierung nur noch selten leisten. Dass es mit der Beratung in den Geldhäusern ohnehin nicht zum Besten steht, zeigen auch immer wieder andere Untersuchungen wie die von Stiftung Warentest, von 23 Anlagegesprächen in Banken schnitten hier nur drei gut ab.

Die Lücke zwischen der Nachfrage der Anleger und dem Angebot der Banken können clevere Investmentexperten effektiv nutzen. Für selbstständige Vermögensverwalter, Finanzberater, Honorarberater und Fondsvermittler öffnet das aktuelle Marktgeschehen die Tür zu erfolgversprechenden Möglichkeiten jetzt noch ein gutes Stück weiter.

Der Trend weist bereits in diese Richtung: Trotz temporärem Gegenwind ist die Zahl der unabhängigen Finanzprofis seit dem Jahr 2013 von rund 35.000 auf über 41.000 im Herbst 2015 gestiegen.

In der Rückschau lohnt die Unabhängigkeit oft auch finanziell. Gut 80 Prozent unserer Berater legen mit dem Umstieg beim Einkommen zu, bei der Bank lag ihr Verdienst im Schnitt zwischen 60.000 und 100.000 Euro. Klar ist dabei natürlich, dass selbstständige Einkünfte naturgemäß monatlich variieren. Mit dem staatlichen Gründungszuschuss lässt sich die eventuell kippelige Anfangszeit überbrücken. Zu den finanziellen Vorteilen kommt bei vielen das gute Gefühl, endlich Kunden so beraten zu können, wie man es für richtig hält – und nicht wie die Bank es vorgibt.

Wer diesen Weg einschlägt, hat aber als Einzelkämpfer kaum Chancen. Woher bekommt er Produkte, die er anbieten kann? Wie geht er mit Haftungsfragen um? Häufig entscheiden sich Finanzexperten aus diesen Gründen auf dem Weg in die Selbstständigkeit, einem Unternehmen aus mehreren freien Beratern beitreten oder einem Haftungsdach. So ein Haftungsdach erlaubt es auch Direktanlagen zu vermitteln, für die sonst eine teure Zulassung nach § 32 Kreditwesengesetz notwendig wäre.

Die Probleme der FinTech-Branche

Aktuell arbeiten fast 400 Berater in 292 Beratungsunternehmen unter dem Haftungsdach, das wir als Netfonds anbieten. Von ihnen blicken rund 90 Prozent auf eine klassische Bankerlaufbahn zurück. Expertise und Gewissenhaftigkeit der Partner prüfen wir über die Schufa und ein Führungszeugnis, anschließend dann die Berufsqualifikation.

Existenzgründer können mit dem Haftungsdach in ihrer Beratung nicht nur aus über 1,3 Millionen Finanzprodukten schöpfen, sondern erfahren auch breite Unterstützung, etwa beim Erstellen des Businessplans oder in punkto Marketing beim Aufbau eines Corporate Design und einer professionellen Homepage.

Arbeitsvertrag auf Klauseln prüfen

Gerade Finanzberater mit festem Kundenstamm können bei ihrem Start als Unternehmer oft auf ein solides Fundament bauen. Denn nach Auflösung des offiziellen Arbeitsverhältnisses dürfen ehemalige Bankmitarbeiter durchaus Kontakt zu Kunden aufnehmen. Lediglich wenn sie dabei zum Telefonhörer greifen, fällt dies unter das aufsichtsrechtlich verbotene „cold calling“. Grundsätzlich ist es beim Wechsel gang und gäbe, dass sich einige wichtige Kunden anschließen.

Prüfen sollte man allerdings beizeiten, ob etwa Arbeitsvertrag oder Aufhebungsvereinbarung besondere Klauseln zu diesem Punkt enthalten, denn eine Verletzung der Regelungen könnte unter Umständen Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Auch müssen alle Unterlagen beim alten Arbeitgeber verbleiben – egal ob der Weg ins Unternehmertum führt oder in ein anderes Institut.

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