
Der Partner, die Familie, die Freunde, die Hobbys, die neue Ausstellung, der neue Kinofilm – alles ruft in der Freizeit nach Aufmerksamkeit. Wer das alles jonglieren will, bekommt Stress, sagt Psychologe Joachim Kugler von der Technischen Uni Dresden: „Wir leben in einer Gesellschaft, die immer mehr Freizeitmöglichkeiten bietet. Nach der Arbeit geht es nicht mehr um Entspannung, sondern darum, nichts zu verpassen.“ Das kann zu mehr Stress führen als auf der Arbeit.
Eine demnächst im Fachjournal „Science & Medicine“ erscheinende Studie zeigt, dass Menschen daheim tatsächlich gestresster sind als auf der Arbeit. Die Forscher der Pennsylvania State University untersuchten die Speichelproben von 122 Berufstätigen an Wochen- und Wochenendtagen auf Cortisol. Das Hormon, das auf Stress hinweist, kam deutlich weniger vor, wenn Menschen am Arbeitsplatz waren.
Joachim Kugler warnt vor voreiligen Schlüssen: „Generell kann man nicht sagen, dass es im Büro entspannter zugeht. Denken Sie an Schlagworte, wie Mobbing und Burnout.“ Wenn es zu Konflikten kommt, dann sind diese für Menschen jedoch im Privatleben belastender als im Berufsleben. „Zwischenmenschliche Konflikte berühren uns zuhause natürlich mehr, als wenn wir mit jemanden auf der Arbeit im Hader liegen“, sagt Kugler. „Die persönliche Bindung an eine Person ist wichtig.“
Daher sei es sinnvoll Privates von Beruflichem zu trennen: „Warum halten Beziehungen am Arbeitsplatz so schlecht? Warum gelten Gemeinschaftspraxen von Ehepartnern als der Vorhof zur Hölle? Weil es keine Rückzugsräume gibt, wenn es auf der Arbeit oder zuhause funkt“, sagt Kugler. Dann ist das Problem in allen Lebensbereichen präsent und wiegt umso schwerer.