Studie zu Arbeitsformen Das sind die deutschen Homeoffice-Hochburgen

Heimliche Kapitale: Nirgends ist der Anteil von Homeoffice-geeigneten Jobs höher als im Landkreis Gifhorn. Quelle: dpa

Immer mehr Konzerne werben offensiv mit der Option zur mobilen Arbeit. Das zeigt sich inzwischen auch in den Stellenanzeigen – mit großen regionalen Unterschieden.

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Als „eines der umfangreichsten sozialen Experimente“ bezeichnen die Wissenschaftler Jean-Victor Alipour vom ifo-Institut, Christina Langer von der Universität Eichstätt und Layla O´Kane den Beginn der Coronapandemie in Deutschland. Innerhalb weniger Wochen stieg der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice von gut zehn Prozent auf fast 35, seither ist er nicht mehr wieder unter 20 Prozent gesunken.

„Es wird immer deutlicher, dass die Erfahrungen der Pandemie die Arbeitswelt nachhaltig prägen wird“, so die Autoren, die nun in einer Studie selbst versucht haben, das Ausmaß dieser Veränderungen zu ergründen. Und dabei feststellen konnten, dass sich der Trend tatsächlich verfestigt – mit einigen interessanten regionalen und branchenspezifischen Besonderheiten.

Um herauszufinden, in welchem Maße die Arbeit im Homeoffice langfristig zur Normalität wird, analysierten die Ökonomen die Stellenanzeigen im deutschsprachigen Raum. Mithilfe des Dienstleisters Emsi Burning Glass konnten sie mehr als 35 Millionen Stellenanzeigen aus den Jahren 2014 bis 2021 auswerten. Sie durchsuchten diese Stellenanzeigen dabei zunächst nach einer Reihe von Schlagworten wie „mobiles Arbeiten“ oder „flexibler Arbeitsort“, die auf eine spätere Tätigkeit im Homeoffice schließen lassen.

Vor der Krise, so das erste Ergebnis der Untersuchung, wurden 3,3 Prozent aller Stellen mit einer Homeoffice-Option versehen. Ein sehr geringer Anteil, ergibt sich aus den amtlichen Statistiken der Bundesagentur doch, dass rund 56 Prozent aller Jobs im Land prinzipiell für die Erledigung aus dem Homeoffice geeignet sind.

Negatives Stigma abgelegt

Tatsächlich ist der Anteil der Jobs mit Homeoffice-Option dann auch spürbar gestiegen, seit die Coronapandemie dem Modell seinen schlechten Ruf genommen hat. „Das negative Stigma, das dem Homeoffice lange anhaftete, könnte auch wesentlich damit zusammenhängen, dass Vorgesetzte in der Vergangenheit die Leistung von Heimarbeitenden nicht adäquat bewerten konnten“, so vermuten die beiden Autoren. Das aber hat sich seit dem Frühjahr 2020 geändert. Und so werden heute immerhin gut zwölf Prozent aller Jobs mit der expliziten Option angeboten, sie auch von Zuhause aus erledigen zu können. Profitiert haben von diesem Wachstum zum einen jene Berufe, die zwar auch vorher schon prinzipiell aus dem Homeoffice erledigt werden konnten, die also Homeoffice-fähig waren, wo dies jedoch kaum geschah. Hier hat die Pandemie offenbar die Vorurteile widerlegt, da auch Arbeitgeber, die das Modell vorher grundsätzlich kritisch sahen, gezwungen waren, die Option zur Heimarbeit zu gewähren. Und dann mitansehen konnten, dass viele der Vorurteile, vor allem das der verringerten Produktivität, unberechtigt waren.

Zudem zeigen die Autoren, dass die Ausweitung der Heimarbeitsoptionen durchaus regionale Unterschiede aufweist. So hat die Ausweitung der Möglichkeiten bevorzugt im ländlichen Raum stattgefunden. War die Wahrscheinlichkeit einer Homeoffice-geeigneten Stellen vor der Krise in städtischen Räumen noch gut 2,5 Mal so hoch wie auf dem Land, liegt der Wert derzeit nur noch bei etwa 1,8. Interessant sind dabei auch die Unterschiede zwischen Ost und West: So ist der Anteil von Homeoffice-geeigneten Jobs in ostdeutschen Städten mit 15 Prozent  im Mittel höher als in westdeutschen Städten, wo er nur bei rund 13 Prozent liegt. Auf dem Land hingegen ist das Bild umgekehrt, hier liegt der Anteil im Westen bei rund acht Prozent, im Osten nur bei rund sechs Prozent.

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Die absoluten Homeoffice-Hochburgen liegen derweil allesamt im Westen. Die Stadt mit dem höchsten Anteil von mobilen Jobs ist München (17 Prozent), dicht gefolgt von Köln und Bonn (je 16 Prozent). Die allermeisten Homeoffice-Jobs aber gibt es bundesweit im Landkreis Gifhorn (Niedersachsen), er liegt bei 21 Prozent, deutlich mehr als im zweitplatzierten Landkreis Lichtenfels in Oberfranken (17 Prozent).

Jean-Victor Alipour, Christina Langer und Layla O’Kane: Wird uns das Homeoffice erhalten bleiben? ifo Schnelldienst 9/21, S.46 ff.

Mehr zum Thema: Erstmals zeigt eine Studie anschaulich, wie Remote-Arbeit Städte und Jobs verändert – und wer dabei am meisten verliert.

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