Teamwork Vor lauter Meetings bleibt die Arbeit liegen

Seite 2/3

Ideen werden besprochen, aber nicht umgesetzt

Dabei sollte doch eigentlich alles ganz anders sein. Teamarbeit gilt spätestens seit dem Aufstieg des Großraumbüros in den Siebzigerjahren als Kernkompetenz der modernen Arbeitswelt. Der Hinweis auf die eigene Teamfähigkeit darf in keiner Bewerbung fehlen. Statt einsam vor sich hinzubrüten, soll alles gemeinsam geplant und besprochen werden.

Das Versprechen: Zusammen kommt man auf bessere Ideen und hat mehr Spaß. Und das stimmt ja auch, einerseits. „Gruppen sind tatsächlich sehr gut darin, neue Ideen und kreative Lösungsvorschläge zu entwickeln“, sagt Christopher Diller, Managementprofessor an der Universität von Nebraska in Omaha. „Leider sind sie nur sehr schlecht darin, diese Ideen auch umzusetzen.“

Beim Arbeiten stört das Team

Diller erforscht die Ursachen seit Jahren. Am Anfang eines gemeinsamen Projekts gehe es vor allem darum, mögliche Lösungswege zu entwickeln. Da sei es gut, wenn möglichst viele Menschen zusammenarbeiten, denn alle bringen unterschiedliche Ideen mit. Doch irgendwann muss aus den zahlreichen Ideen ausgewählt werden. „Das ist nicht nur anstrengend, weil man viele Einfälle vergleichen muss, sondern führt auch zu Konflikten, denn dabei werden nun mal die Ideen der meisten Teammitglieder aussortiert“, sagt Diller. Deswegen würden viele die Arbeit im Team nach der kurzen Anfangseuphorie als ermüdend und frustrierend empfinden. Hinzu kommt: Hat man sich irgendwann mal auf einen gemeinsamen Plan geeinigt, geht die eigentliche Arbeit erst los – und dabei ist das Team häufig mehr Hindernis als Hilfe.

Die unterschiedlichen Typen eines Teams

In einer Studie 2011 fand die Computerwissenschaftlerin Gloria Mark von der Universität von Kalifornien in Irvine heraus: Im Durchschnitt werden Büroarbeiter alle zwölf Minuten bei ihrer Arbeit gestört. Zu 56 Prozent der Unterbrechungen kommt es, weil ein Kollege anruft, eine Mail schreibt oder plötzlich in der Tür steht.

Einer Unterbrechung kostet uns 20 Minuten

Bis jemand wieder zu der Aufgabe zurückkehrte, bei der er unterbrochen wurde, dauerte es in der Studie von Gloria Mark mehr als 20 Minuten. Denn oft schoben die beobachteten Büroarbeiter noch weitere kleine Aufgaben ein, wenn sie eh schon einmal etwas anderes machten. Von einem echten Arbeitstag könne dabei eigentlich keine Rede sein, so Mark. Für viele sei ein Tag im Büro eher eine Abfolge von Arbeitsminuten oder höchstens Arbeitsviertelstunden.

Da könne nichts Gutes herauskommen, sagt Cal Newport. Denn für gute Arbeit braucht es vor allem eines: Ruhe. Newport hat das Konzept der „Deep Work“ entworfen, der konzentrierten Arbeit, bei der man sich voll und ganz auf eine Aufgabe fokussiert. Das sei in der modernen Wirtschaftswelt wichtiger denn je. Die Aufgaben und Werkzeuge würden in vielen Berufen immer komplexer – sei es bei der Entwicklung von Software oder der Analyse der Finanzmärkte. Um voranzukommen und Großes zu leisten, müsse man sich daher richtig in Probleme hineinarbeiten, so Newport. Leider werde dafür aber in vielen Unternehmen immer weniger Raum gelassen.

Darunter leidet jedoch nicht nur die Konzentration. Zu viel Teamarbeit kann das ganze Unternehmen regelrecht ausbremsen, glaubt der Management-Professor Mark Bolino von der Universität von Oklahoma. Verantwortlich dafür ist ein Phänomen, das er „eskalierende Bürgerpflicht“ nennt. In vielen Unternehmen gibt es laut Bolino eine kleine Zahl von extrem vernetzten Mitarbeitern, die bei allen Projekten mit drin hängen. Weil sie gute Resultate liefern, werden diese Angestellten nach und nach in immer mehr Teams eingesetzt. Alle wollen ihre Meinung hören, Chefs fordern, dass man sie auf jeden Fall hinzuzieht. Irgendwann ist es so weit, und jede Entscheidung geht über den Schreibtisch der Super-Teamspieler. Sie werden zum Flaschenhals für das ganze Unternehmen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%