Technik im Homeoffice Abschied von Laufwerk C

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Weg mit dem Wäscheständer

Die Ursache für eingefrorene Bilder und schnarrende Tonspuren in der Videokonferenz sahen die  Deutschen in der von DE-CIX beauftragten Umfrage meist im mangelnden Ausbau der Internetversorgung. Dabei ist es mitunter die mangelhafte Vernetzung im eigenen Haus, die dafür sorgt, dass die Verbindung in die Videokonferenz weit unter der Qualität liegt, die einem der Internetanbieter im Vertrag versprochen hat: Offene Metallrohre, Mikrowellen, Heizkörper, sogar ein Wäscheständer mit nasser Kleidung können Funkverbindungen empfindlich stören. Deshalb gilt als Faustregel für die stabile Verbindung mit den Kollegen: lieber per Kabel als per Wlan.

Zu Hause sei die Internetverbindung meist noch ganz gut, so die Erfahrung von Simon Kuhlman, Berater beim Dienstleister Sector 27. Die Bandbreite, die die Anbieter Privatkunden zusichern, reiche meist für Videokonferenzen. „Aber ich kenne Unternehmen, gerade auch in Ballungsräumen, die ihre Büros viel schlechter ausgerüstet haben. Da heißt es ,In die Besprechung nur mit ausgeschalteter Kamera!‘,  weil ansonsten keiner mehr irgendwas online erledigen könnte.“ Er kennt Unternehmen, die ihren Mitarbeiter eine Internetpauschale zahlen, damit diese sich einen schnellen Anschluss oder einen stärkeren Router fürs Homeoffice besorgen können.

Und er kennt Firmen, die nun ganze Pakete aus Router mit einem Funkmodul samt Laptop schnüren. Aus gutem Grund: Es gebe durchaus die Gefahr, Mitarbeiter über eine wacklige Internetverbindung oder einen klapprigen Rechner im wahrsten Sinne des Wortes zu verlieren, sagt Sector-27-Chef Kiy. Der eine leide ernsthaft darunter, dass er mit einer derart schlechten Ausstattung zu Hause einfach nicht so gut arbeiten könne wie im Büro. Der andere nutzt sie als Ausrede, bestimmte Aufgaben liegenzulassen. „Beide Argumente lassen sich leicht aushebeln, wenn ich als Unternehmen bei der Ausstattung unterstütze.“

Stau ist keine Ausrede mehr

Inzwischen, mehr als ein Jahr nach dem kollektiven Umzug ins Homeoffice, geht es in den Beratungen von Sector 27 weniger um technische Fragen, sondern eher um das Miteinander in dieser neuen Arbeitswelt. Wo früher fünf Kollegen aus dem Controlling nacheinander die Spalten in einer Exceltabelle befüllt haben, erledigen sie das nun gleichzeitig an einer in der Cloud hinterlegten Tabelle. Wo sich drei Mitarbeiter im Marketing die Präsentation mit immer neuen Ergänzungen übergeben mussten, feilen sie nun parallel an den einzelnen Folien. „Das geht viel schneller und unkomplizierter. Fehler lassen sich so auch frühzeitiger erkennen. Aber es ist eben ein anderes Arbeiten: offener und direkter“, sagt Kuhlmann.

Und mitunter, so Kiy Beobachtung, fordere dies manch einem Mitarbeiter, der sich in seinem stillen Kämmerlein ganz gut eingerichtet habe, auch mehr ab. Es gibt zum Beispiel eine ganze Reihe von Ausreden, die er nicht mehr gelten lasse: Ich verspäte mich, weil ich im Stau stehe, gehöre dazu. Oder: Das kann ich gerade nicht nachgucken, weil ich nicht an meinem Platz bin.

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„Das können sie alles streichen. Und das ist natürlich eine extreme Veränderung unserer Arbeitsweise“, sagt Kiy. Auch die Frage, wie sehr sich Mitarbeiter darauf verlassen können, über den aktuellen Stand eines Projekts informiert zu werden, oder ob sie nicht ihrerseits auch eine Pflicht haben, sich schlau zu machen, werde nun neu verhandelt. „Früher habe ich mich an die Arbeit gemacht, wenn ich in der Adresszeile einer E-Mail stand. Heute schiebe ich die nötigen Dinge selbst an, wenn ich in CC stehe – und ich suche mir vielleicht alle dazu nötigen Infos in einem Teams-Kanal. Natürlich gebe es auch noch Geschäftsführer, die sagen: Ich will aber meine Budgetplanung auf Laufwerk C, sagt Kiy. Aber das sei die Ausnahme. Und nicht selten, so seine Beobachtung, unterschätzen Manager ihre Mitarbeiter. „Manchmal müssen wir die Belegschaft regelrecht bremsen, wenn die sehen, was alles möglich ist.“

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