Dafür haben sie andere Vorzüge, weiß auch der Managementprofessor Adam Grant von der Wharton School der Universität in Pennsylvania. Vor allem trieben sie jene Mitarbeiter zu Spitzenleistungen, die gerne Eigeninitiative ergreifen. Grants Erklärung: Die Neigung zum Zuhören und das mangelnde Interesse an sozialer Dominanz führen dazu, dass introvertierte Führungskräfte die Vorschläge ihrer Mitarbeiter eher wahrnehmen und umsetzen.
Zudem wird Introvertierten ein erhöhtes Streben nach Sicherheit nachgesagt. Schon 2005 untersuchten britische Forscher den Zusammenhang zwischen Risikobereitschaft und den fünf Persönlichkeitsdimensionen. Extrovertierte nahmen in allen Bereichen – von Gesundheit über Karriere bis hin zu Investitionen – höhere Risiken auf sich. Sicher, eine gewisse Unsicherheit ist unabdingbar, wenn sich Branchen im Umbruch und neue Geschäftszweige im Aufbau befinden. In anderen Situationen kann sich Vorsicht auszahlen. Erst kürzlich veröffentlichte der Wissenschaftler Jacob Hirsh von der Universität Toronto eine Überblicksuntersuchung, die bestätigt, dass Extrovertierte deutlich weniger für die Rente zurücklegen als Introvertierte.
Auch in ihrer Kommunikation unterschieden sich Intro- und Extrovertierte gravierend. Während die Forschen am liebsten direkt zum Hörer greifen oder im Büro des Kollegen vorbeischauen, setzen Introvertierte auf schriftlichen Austausch. Die E-Mail ist für sie ein Segen. „So können sie sich besser ausdrücken“, sagt Löhken. „Sie haben Zeit, um ihre Antwort zu formulieren, und müssen nicht spontan eine Lösung aufzeigen.“ Denn darin sind sie den großen Rednern hoffnungslos unterlegen.
Stärken liegen oft im Verborgenen
Doch ihre Kommunikation unterscheidet sich noch in einem zweiten Punkt, wie eine Studie der Freien Universität Amsterdam aus dem Jahr 2012 belegt. 40 Angestellte einer niederländischen Firma sollten darin fünf Bilder beschreiben und anschließend einen Persönlichkeitstest ausfüllen.
Das Ergebnis: Extrovertierte bleiben in ihrer Sprache vage und werten mehr. Introvertierte hingegen beschränken sich auf das, was sie wirklich sehen, und beschreiben dies konkret. Während ein Extrovertierter also etwa „schöne Bäume“ gesehen hätte, würde ein Introvertierter von „fünf Birken“ sprechen.
Diese präzise und sachliche Sprache ist für Controller, Ingenieure oder Programmierer unerlässlich. Ein Verkäufer kann damit nichts anfangen – für ihn zählt die Emotion des Kunden.
Wie so oft geht es also um die richtige Mischung, denn ein starkes Team setzt sich aus beiden Temperamenten zusammen – auch wenn die Stärken der Introvertierten häufig im Verborgenen liegen.