
Der Wirtschaft geht es gut. 2015 ist das Bruttoinlandsprodukt um durchschnittlich 1,7 Prozent gestiegen und für dieses Jahr stehen die Zeichen auf Wachstum. Die niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass Unternehmen billig an Geld kommen, die Stimmung ist gut.
Davon wollen auch die Arbeitnehmer profitieren, zeigt eine Jobstudie des Personaldienstleisters Robert Half. 78 Prozent der befragten Büroangestellten wollen ihren Chef 2016 nach einer Gehaltserhöhung fragen.
Der Zeitpunkt ist gut, wie der Karriereberater und Gehaltscoach Martin Wehrle im Interview mit der WirtschaftsWoche sagt: "Normalerweise kommen die Leute erst gegen Ende des Jahres, also im Herbst, auf die Idee. Und dann ist der Gehaltsetat, den man sich wie einen Kuchen vorstellen kann, schon fast vergriffen und die Stücke werden kleiner. Wenn man den Fuß früh in die Tür stellt, sagen wir Ende Januar, Mitte Februar, oder auch noch im März, hat man bessere Aussichten."
Die wichtigsten Tipps für Gehaltsverhandlungen
Überraschen Sie Ihren Vorgesetzten nicht mit einer Gehaltsforderung. Vereinbaren Sie ein Gespräch und machen Sie deutlich, dass Sie über eine Gehaltserhöhung sprechen möchten. Der beste Zeitpunkt für eine Gehaltsverhandlung bietet sich vor allem dann an, wenn Sie ein Projekt erfolgreich abgeschlossen, einen Neukunden gewonnen haben oder die Personalbudgets erhöht wurden.
Sammeln Sie im Vorfeld schlagkräftige Argumente für die Gehaltsverhandlung. Welche Erfolge haben Sie seit Ihrer letzten Gehaltserhöhung erzielt? Hat sich Ihr Aufgabenbereich verändert? Haben Sie Teamverantwortung oder Aufgaben, die nicht direkt zu Ihrem Verantwortungsbereich gehören, übernommen? Ihre Argumente müssen Ihre Forderung stützen, wenn Sie wollen, dass sie erfüllt wird.
Informieren Sie sich über marktübliche Gehälter von Fachkräften mit ähnlicher Qualifikation und Berufserfahrung.
Ist aktuell keine monetäre Gehaltserhöhung möglich, sollten Sie nach Zusatzleistungen oder anderen Verbesserungen, wie Zuschüsse zur Weiterbildung, mehr Urlaub oder flexible Arbeitszeiten, fragen. Zeigen Sie Ihrem Arbeitgeber, dass Sie eine Lösung finden möchten, die für beide Seiten akzeptabel ist.
Wichtig ist, bleiben Sie während des gesamten Gesprächs freundlich und professionell. Dies gilt insbesondere dann, wenn aus bestimmten Gründen derzeit keine Gehaltserhöhung möglich ist. Fragen Sie, wann der richtige Zeitpunkt ist, das Thema erneut anzusprechen. Und in der Zwischenzeit sollten Sie weiter daran arbeiten, Ihre Performance zu verbessern und Ideen einzubringen, die das Unternehmen voranbringen.
Der Zeitpunkt ist entscheidend, zeigt die Studie von Robert Half. Der Beginn eines neuen Projekts oder die Übernahme eines neuen Verantwortungsbereichs sind laut den befragten besonders gute Gelegenheiten für die Frage nach mehr Geld. Für fast ein Viertel der Manager stellt das Mitarbeitergespräch den passenden Rahmen dar. Sven Hennige, Senior Managing Director bei Robert Half, empfiehlt: „Gehaltsgespräche bedürfen für beide Seiten – Vorgesetzten und Mitarbeiter – einer guten Vorbereitung. Sie sollten daher nicht spontan vom Mitarbeiter eingefordert werden.“ Er rät außerdem dazu, schon beim Vereinbaren des Termins zu sagen, dass man mit dem Chef über sein Gehalt verhandeln möchte. Auch er muss sich vorbereiten können.
Schließlich soll derjenige mehr Gehalt bekommen, der mehr geleistet hat. "Bei Gehaltsverhandlungen achten Arbeitgeber neben externen und internen Faktoren besonders auf die Leistungen und persönliche Entwicklung des Mitarbeiters. Wichtig ist auch sein Beitrag zum Unternehmens- oder Teamerfolg", so Hennige. Entsprechend sollten Mitarbeiter auch sagen, was sie geleistet haben.
So treiben Sie Ihren Chef auf die Palme
Wer statt seines Gehalts den Blutdruck seines Chefs in die Höhe treiben will, der sollte folgende Negativargumente beherzigen. Alle anderen sollten lieber einen großen Bogen um solche und ähnliche Sätze bei der Gehaltsverhandlung machen.
Ihr Chef ist kein Schuldenberater, also verschonen Sie ihn besser mit derart privaten Problemen. Außerdem bestätigt ein solches Eingeständnis, dass Sie nicht mit Geld umgehen können. Sie sind ein Risikofaktor für die Firma, die Gehaltserhöhung können Sie vergessen.
Sie wissen doch genau, dass Ihr Chef es nicht mag, wenn sich seine Angestellten hinter seinem Rücken gegenseitig zuflüstern, was sie verdienen. Er bezahlt nur nach Leistung, das ist sein Gerechtigkeitsbegriff.
Die Forderung nach einem Sitzfleisch-Bonus wird bei Ihrem Chef auf taube Ohren stoßen.
Mit dieser Art von Erpressung kommen Sie bei Ihrem Chef nicht weiter. Sogar wenn Sie ein guter Mitarbeiter sind und er Sie braucht, wird er nicht auf dieses Angebot eingehen, um sein Gesicht nicht zu verlieren. Er würde nie eingestehen, dass er von jemandem abhängig ist.
Ihr Chef wird die Vermischung von Privatem und Beruflichem nicht goutieren. Vielmehr wird er sich fragen, ob Sie sich nur bei ihm eingeschleimt haben, um Kapital daraus zu schlagen.
Ihr Chef wird sich fragen, warum Sie Ihre Kollegen schlecht machen. Er wird Sie auch für einen Sprücheklopfer und Spalter halten, dafür hat keiner eine Gehaltserhöhung bekommen.
Das klingt für Ihren Chef, als hätten Sie sich innerlich schon von Ihrem Arbeitsplatz verabschiedet. Dafür gibt es nicht mehr Geld, sondern höchstens eine Abmahnung.
Ihr Chef wird Ihnen Realitätsverlust attestieren und Ihnen unter keinen Umständen noch mehr Geld geben, sonst könnten Sie noch vollends abheben. Er wird sich fragen, ob Sie auch in Ihrem Büro-Alltag so leichtfertig mit Fakten umgehen. Sie hätten mit so einem Spruch sein Vertrauen verloren.
Diese Extraleistung ist nicht immer nur das neue Großprojekt, wie Wehrle weiß. "Das geht in jedem Bereich, also auch bei dem Buchhalter, der eine zuverlässige Arbeit leistet und vielleicht eine Urlaubsvertretung für einen Kollegen übernimmt, die sonst immer jemand von einer Zeitarbeitsfirma gemacht hat." Wer durch seine Arbeit der Firma Geld bringt oder Geld spart, kann dafür durchaus etwas extra verlangen, so der Gehaltscoach. "Es sollte natürlich nicht die Argumentation sein: "Ich habe hier 50 Euro gespart und möchte dafür 5000 Euro haben." Die Argumentation sollte sein: "Ich habe das ganze Jahr im Sinne der Firma gewirtschaftet."
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Jammern sollte man bei der Gehaltsverhandlung hingegen nicht. Laut der Robert Half-Studie wollen 18 Prozent mehr Geld, um ihren individuellen Lebensstil zu finanzieren, zehn Prozent wollen eine Gehaltserhöhung, um die allgemeinen Lebenshaltungskosten zu decken. "Meine Yacht ist so teuer", "ich kann meine Frau nicht so oft ins Kino einladen" oder "wissen Sie eigentlich, wie teuer Kaffee derzeit ist? Und die Miete erst!" sind jedoch keine Argumente, die in einer Gehaltsverhandlung ziehen.