Was ist Ihre?
Müller: Das persönliche Gespräch. Das kann auch mal Small Talk sein. Dieser Kontakt ist total wichtig, um ein Gespür für die Stimmung im Unternehmen zu bekommen und ein persönliches Wort mit den Mitarbeitern zu wechseln.
Berger: Wenn die sachliche Kommunikation effizient über die neuen Medien läuft, hat man für solche persönlichen Gespräche mehr Zeit. Und das ist wichtig, denn so entstehen Sympathie und Zusammenhalt.
Ist Sympathie wichtig, um zu führen?
Berger: Zumindest helfen gegenseitige Wertschätzung, Respekt, Achtung, Hilfsbereitschaft. Es kostet ja nichts, einem Mitarbeiter zur Vaterschaft zu gratulieren – oder einen anderen zu fragen, wie sein Urlaub war.
Verliert diese Aufmerksamkeit an Bedeutung, weil Kundenbeziehungen und Arbeitsverhältnisse kurzlebiger werden?
Berger: An Bedeutung vielleicht, aber nicht an Wichtigkeit. Denn tatsächlich pflegen wir den persönlichen Umgang in der Eile heute weniger. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich weniger über ein persönliches Wort freuen. Im Gegenteil: Eine solche Geste sticht umso mehr heraus.
Manche weinen den alten Zeiten hinterher, als die Menschen ein Leben lang beim selben Arbeitgeber tätig waren.
Müller: Ich finde die heutige Entwicklung begrüßenswert. Im Laufe eines Lebens verändern sich die Bedürfnisse, dann passt ein anderer Arbeitgeber vielleicht besser.
Lassen sich diese Jobnomaden überhaupt führen?
Müller: Klar, problemlos. Denen schwirrt ja der Wechsel nicht ständig im Kopf rum. Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als mit jemandem zu arbeiten, der keine Alternativen hat. Insofern bin ich froh, dass unsere Mitarbeiter ständig Headhunteranfragen über Xing reinkriegen. Wenn sie trotzdem bleiben, kann ich mir sicher sein, dass sie wirklich bei uns arbeiten wollen.
Herr Berger, wenn Sie heute noch mal gründen würden – was würden Sie anders machen?
Berger: Ich gründe ja immer noch und gehe heute anders mit jungen Menschen um als 1967, bei der Gründung von Roland Berger.
Inwiefern?
Berger: Natürlich habe ich auch mal Fehler im Umgang mit Mitarbeitern gemacht, war hier und da vielleicht zu dominant. Aber vor allem haben sich die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Menschen verändert. Darauf müssen sich Führungskräfte einstellen.
Wie meinen Sie das?
Berger: In der Nachkriegszeit hatte das Materielle eine ganz besondere Bedeutung. Wir mussten uns ja erst mal unsere Existenzgrundlagen schaffen. Die jungen Menschen sind heute wohlhabender, verwöhnter. Und sie wissen viel mehr. Sie sind schneller, internationaler und haben eine andere Einstellung zur Selbstständigkeit und zu ihrem Privatleben. Solchen Leuten muss man natürlich andere Angebote unterbreiten, damit sie für einen arbeiten.
Zum Beispiel?
Berger: Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Das ist gerade im Beraterjob nicht einfach. Außerdem würde ich heute eine Mischung aus Beratung und Beteiligungsgesellschaft wählen, um zum Beispiel Start-ups oder Restrukturierungen zu finanzieren.
Müller: So macht das auch die Beratungsfirma eTribes, bei der ich Gesellschafter bin: Beratung plus Start-up-Inkubator. Ich denke, das ist eine moderne Herangehensweise.
Berger: Da bin ich ja erleichtert. Offenbar habe ich trotz meines fortgeschrittenen Alters noch das richtige Gespür für die Zeit.