Überforderte Arbeitnehmer Hilfe, mein Job bringt mich noch um

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Erschöpft durch Konsum

So verhindern Sie Überforderung
Mit Multitasking ablenken Quelle: alphaspirit - Fotolia
Allgäu Quelle: dpa
Ein Mann zeigt eine abwehrende Hand Quelle: Brian Jackson - Fotolia
Eine Schwarzwälder-Kirsch-Torte Quelle: dpa
Ein Kalender Quelle: 2009 Reinhold Foeger
Ein Ein-Aus-Knopf Quelle: Benno Hoff - Fotolia
E-Mails Symbolbild Quelle: Sven Hoppe

Und doch sind Arbeit und Familie nur zwei Quellen für unsere Dauererschöpfung. Denn Tag für Tag schlüpfen wir in viele unterschiedliche Rollen, die wir, jede für sich, optimal ausfüllen wollen – zum Beispiel als Verbraucher und Konsument: Kam früher der Telefonanschluss alternativlos zum undiskutierbaren Festpreis von der Telekom und der Strom von den örtlichen Stadtwerken, befinden wir uns heute dauerhaft auf der Jagd nach dem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis – für die neue Waschmaschine, den Stromtarif, den optimalen Handyvertrag. Durchforsten vor Vertragsabschluss stundenlang für einen halbwegs gründlichen Überblick Vergleichsportale und Vertragsbedingungen – um Geld zu sparen und vor Freunden und Nachbarn nicht als altmodisch dazustehen. Dennoch rät Soziologe Rosa: „Lieber einen Vertrag wählen, der in Ordnung ist, aber nicht perfekt sein muss. Und sich dann den wirklich wichtigen Dingen widmen“ (siehe Bildergalerie).

Zum Beispiel den vielfältigen Beziehungen im Privatleben. Doch selbst die können angesichts hoher Erwartungshaltungen in Stress ausarten. Etwa, weil man im Zusammenleben mit dem Partner versucht, auch Jahre nach dem ersten Verliebtsein die Schmetterlinge im Bauch noch zu spüren. Oder gegenüber den Eltern, die mit zunehmendem Alter auf die Unterstützung ihrer Kinder setzen – auch wenn diese Hunderte Kilometer entfernt leben. Als Freund mit dem festen Vorsatz, alte Beziehungen auch über große Distanzen nicht langsam einschlafen zu lassen – und den seit Wochen fest vereinbarten Kinobesuch nicht auch noch zum dritten Mal abzusagen. Und, nicht zuletzt, als Optimierer des eigenen Körpers – mit strengem Ernährungs- und Laufplan, mit dem Ziel, endlich die überflüssigen Pfunde zu verlieren und beim Marathon mit einer vorzeigbaren Zeit ins Ziel zu kommen.

Burnout

Ständige Erreichbarkeit und Informationsflut

„Die Summe unserer Aufgaben überfordert uns“, sagt Soziologe Rosa. Und dennoch falle den Menschen Verzicht schwer, denn sie seien ständig auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt. „Gehen wir nicht zum Kegelabend, haben wir Angst, nächstes Mal nicht mehr eingeladen zu werden – allein der Gedanke daran löst Stress aus.“

Genau wie die ständige Erreichbarkeit und Informationsflut. Um auf neue Nachrichten bei WhatsApp, Facebook oder im E-Mail-Postfach möglichst unmittelbar reagieren zu können, wird auch jenseits des Schreibtischs ständig auf Smartphone oder Tablet gestarrt, gierig auf die nächste Nachricht gewartet – auf Kosten wertvoller Verschnaufpausen, sei es an der Bushaltestelle oder in der Kaffeeküche. Selbst das altbekannte stille Örtchen trägt da seinen Namen nicht mehr zu Recht.

„Wir freuen uns über ein Like, noch mehr über einen Kommentar“, sagt Soziologe Rosa. „Wir füttern alle digitalen Kanäle auf der Suche nach Anerkennung.“

Hohe Ansprüche an sich selbst

Und das hat nicht nur mit den neuen technischen Möglichkeiten zu tun: „In der Nachkriegszeit ging es in erster Linie darum, satt zu werden“, sagt Burn-out-Beraterin Jutta Betz aus Wiesbaden. In der heutigen Gesellschaft seien solche grundlegenden Bedürfnisse in der Regel längst erfüllt. „Es liegt in der Natur des Menschen, immer noch einen draufsetzen zu wollen“, sagt die 51-Jährige.

Sie wollen die perfekte Partnerschaft, eine erfolgreiche Karriere, einen gesunden, durchtrainierten Körper. Laut einer Forsa-Umfrage für die Techniker Krankenkasse vom vergangenen September fühlten sich 41 Prozent der Befragten von den hohen Ansprüchen an sich selbst gestresst. Bei den Frauen waren es gar 48 Prozent. Perfektionismus war damit beim weiblichen Geschlecht Stressfaktor Nummer eins. Dennoch: Der Druck kommt im Alltag von allen Seiten, die Überforderung ist programmiert, die Zahl der Menschen, denen ihre von außen oktroyierten, wie selbst auferlegten Pflichten über den Kopf wachsen, ist riesig. Knapp 23 Millionen Deutsche fühlten sich im Jahr 2013 zeitlich unter Druck gesetzt, belegt eine Studie des IfD.

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