Unbezahlte Arbeit Frauen leisten mehr Stunden ab als Männer

Die Studie hat ergeben, dass Frauen sechs Stunden mehr pro Woche arbeiten als Männer Quelle: imago images

Eine Mammutstudie der ILO widmet sich den Arbeitsbedingungen in 41 Ländern. Zentrales Ergebnis: Insgesamt arbeiten Frauen deutlich mehr als Männer – sie werden dafür nur schlechter bezahlt. Das gilt auch für Deutschland.

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Mehr als einen halben zusätzlichen Arbeitstag, genauer gesagt vier Stunden und 29 Minuten verbringen Frauen in Deutschland jeden Tag im Schnitt mit unbezahlter Arbeit. Darunter fallen Haushalt, Kümmern um Kinder und andere Angehörige, Vereins- und Wohltätigkeitsarbeit. Mit ihren 269 Minuten liegen Frauen in Deutschland nach einer Studie fast genau im Durchschnitt von 41 untersuchten Ländern, wie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen gemessen haben. Die Studie wurde an diesem Montag vorgestellt.

Wie viele Stunden oder Minuten die deutschen Männer pro Tag unbezahlt arbeiten, verrät die Studie leider nicht. Der errechnete Durchschnittswert für alle 41 Länder lässt aber den Schluss zu, dass Männer auch in Deutschland deutlich weniger ohne Bezahlung arbeiten als Frauen. Im Durchschnitt aller Länder arbeiten Frauen 266 Minuten am Tag zusätzlich, Männer 108 Minuten. Das sind nicht einmal 40 Prozent der Frauenleistung.

Da viele Frauen in Deutschland und der Welt auch einem bezahlten Job nachgehen, summieren sich die Arbeitsstunden auf: Zählt man auch Arbeitsstunden im Haushalt, bei der Pflege und bei gemeinnützigen Aktivitäten, sind Frauen deutlich stärker belastet. Sie arbeiten im Schnitt 55 Stunden pro Woche, Männer 49.

Weltweit werden laut ILO sage und schreibe 16,4 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit pro Tag geleistet. Drei Viertel davon erledigen Frauen. Innerhalb der EU arbeiten Frauen in Finnland am wenigsten ohne finanziellen Ausgleich: im Schnitt 211 Minuten am Tag. In Litauen sind es dagegen 308 Minuten.

Beschäftigte haben es in der Europäischen Union besser als Kollegen in vielen anderen Ländern, wie aus der Studie weiter hervorgeht. Sie arbeiten insgesamt viel weniger. Nur 15 Prozent der Beschäftigten arbeiten in der EU im Durchschnitt pro Woche mehr als 48 Stunden. In den USA sind es 19 Prozent, in vielen Regionen Chinas 41 Prozent und in der Türkei sogar 57 Prozent.

Während in der EU und in den USA rund drei Viertel der Beschäftigten sagen, sie lernten neue Fähigkeiten, sind es in der Türkei 57 Prozent und in Südkorea nur 30 Prozent. Rund ein Drittel aller Befragten arbeitet nach eigenen Angaben in Jobs ohne Perspektive für eine Karriere. Etwa ein Drittel hat Angst, die Arbeit zu verlieren. Das betrifft vor allem Beschäftigte in Teilzeit und mit befristeten Verträgen, wie ILO-Projektleiterin Manuela Tomei sagte.

Telearbeit, also Arbeit außerhalb der Büros des Arbeitgebers, ist vor allem in Dänemark (37 Prozent), Schweden (33 Prozent) und den Niederlanden (30 Prozent) verbreitet. Deutschland liegt mit weniger als 20 Prozent im unteren Drittel der ILO-Statistik, neben Rumänien, Ungarn und Argentinien. Telearbeit oder Homeoffice hat Vor- und Nachteile. Wer zuhause arbeitet, spart sich zwar den Arbeitsweg, gewinnt dadurch Zeit und kann die Arbeit flexibler organisieren. Studien haben aber gezeigt, dass viele Menschen dadurch länger arbeiten. Häufig haben die Arbeitenden auch Schwierigkeiten damit, Arbeit und Freizeit voneinander zu trennen.

Die Studie umfasst 1,2 Milliarden Arbeitende in 41 Ländern. Darunter waren die 28 EU-Länder sowie China, Südkorea, die Türkei, die USA und einige mittel- und südamerikanische Staaten.

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