Urteil Bundesarbeitsgericht legt Vergütung von Überstunden fest

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Genau festlegen, wie Überstunden bezahlt werden

Die Überstunden eines Lagerarbeiter aus Nordrhein-Westfalen wurden zwar dokumentiert, dennoch scheiterte er vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm mit seiner Forderung nach Vergütung seiner Überstunden. Was unterscheidet diesen Fall von dem, der vom BAG zu Gunsten des Arbeitsnehmers entschieden wurde?

Anders als im vom BAG zu entscheidenden Fall, war die arbeitsvertragliche Reglung des Lagerarbeiters hinreichend klar und transparent.  Er konnte seinem Arbeitsvertrag nämlich entnehmen, dass zehn Überstunden pro Monat bereits in seinem Grundgehalt eingerechnet sind. Für jede weitere Stunde, so sein Arbeitsvertrag, wird er zusätzlich vergütet. Der Arbeitnehmer wusste also, auf was er sich da einlässt und wie viel Arbeit für gleichen Lohn auf ihn zukommen kann. In dem anderen Fall war die Regelung im Arbeitsvertrag intransparent formuliert, denn sie hielt offen, wie viel der Arbeitnehmer für sein Gehalt arbeiten muss.  Diese Unklarheit im Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung hielt das BAG für unzulässig.

Transparenz ist also bei der Formulierung des Arbeitsvertrages zentral. Was müssen Arbeitgeber schreiben, damit sie rechtlich nicht angreifbar sind?

Sie müssen in Arbeitsverträgen von Arbeitnehmern, die unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdienen, genau festlegen, wie die Vergütung von Überstunden geregelt ist. Dazu gehört,  eine Überstundenzahl anzuführen, die mit dem normalen Gehalt abgegolten ist, sonst müssen alle Überstunden vergütet werden. Eine korrekte Formulierung ist zum Beispiel: „Mit Ihrem Grundgehalt sind zehn Überstunden im Monat vergütet, ab der elften erhalten Sie zusätzlich als Überstundenvergütung den sich aus ihrem Grundgehalt ergebenden rechnerischen Stundenlohn“.

Das heißt, mit der richtigen Formulierung im Arbeitsvertrag sind unbegrenzt Überstunden erlaubt?

Nein. Das Arbeitszeitgesetz legt fest, dass Arbeitnehmer im Durchschnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. Außerdem sind mehr als 10 Stunden täglich unzulässig.

Wie lange im Nachhinein können Arbeitnehmer eine nachträgliche Vergütung ihrer Überstunden einfordern?

Die Grenze der Verjährung liegt bei drei Jahren, solange im Arbeitsvertrag beziehungsweise im Tarifvertrag nichts anderes geregelt wurde. Arbeitgeber verkürzen die Anspruchszeiträume durch sogenannte Ausschlussklauseln gerne auf drei Monate. Ähnliche Regelungen finden sich auch in Tarifverträgen. Werden Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen geregelt,  sollten die Unternehmen auch hier auf saubere Formulierungen achten, damit diese Klausel auch wirklich wirksam ist. Ist sie unzureichend, gilt die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren.

Das Thema Überstunden ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber immer wieder ein Reibungspunkt. Mit welchen Problemen wird sich das BAG in nächster Zeit auseinandersetzen müssen?

Ich erwarte, dass das BAG bald entscheiden muss, wie viele Überstunden ohne zusätzliche Entlohnung dem Arbeitnehmer, der unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient,  durch eine vertragliche Regelung zugemutet werden können. Diese Frage ist auch vor dem Hintergrund der politischen Debatte zu Mindestlöhnen sehr interessant. 

 

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