Veränderte Arbeitswelt Eine gute Feedback-Kultur verlangt Umdenken

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Digitalisierung und unmittelbares Feedback

2. Etablierte Systeme modernisieren, nicht austauschen
Wer das hauseigene Feedback-System überarbeiten möchte, sollte dem Motto folgen: Was gut ist, soll bleiben, was besser geht, muss neu gedacht werden: „Etablierte Systeme als Hülle können Unternehmen durchaus weiter nutzen – aber sie können dann entsprechend anders genutzt werden. Etwa durch häufigere Gespräche oder indem man den Informationsaustausch zusätzlich auf online verlagert“, empfiehlt Remdisch.

Veränderung heißt also nicht, das eigene Feedback-System komplett zu kippen, sondern die Schwachstellen zu erkennen und in kleinen Schritten Veränderungen vorzunehmen. Und zwar dort, wo es hakt. „Bei einem klar aufgestellten Geschäftsmodell, bei dem Tätigkeiten standardisiert und die Abläufe gut strukturiert sind – warum sollte ich dort nicht mit Zielvereinbarungen auf Jahresbasis arbeiten? Da spricht nichts dagegen“, sagt von Hülsen. „Aber wenn Bereiche flexibel aufgestellt werden müssen, sind möglicherweise halbjährliche oder sogar noch kürzere Rhythmen sinnvoller.“

3. Digitalisierung nutzen
Nicht nur indirekt durch eine veränderte Arbeitswelt; auch ganz direkt kann und muss die Digitalisierung das Performance-Management verändern. Und zwar durch Einbinden digitaler Möglichkeiten. Zum einen dürfte Big Data bei der Weiterentwicklung eine entscheidende Rolle spielen: „Früher wurden aufwendig Kennzahlen erfasst, an denen Leistung gemessen werden kann“, sagt Remdisch. „Heute lassen sich systemimmanente Big Data einfach abrufen, um Leistungsmonitoring zu machen.“ Die Folge: Es ist weniger Zeit notwendig, um Daten und Zahlen fürs Leistungsfeedback auszuwerten – und so mehr Zeit für den Austausch mit den Mitarbeitern, individuell und direkt.

Zum anderen gibt es auf dem Markt einige Anbieter, die unkomplizierte und schnelle Feedback-Lösungen anbieten. Sei es ein einfaches Online-Tool zur Leistungsbewertung oder Feedback-Apps. „Die Technologie für flexible Feedback-Systeme ist da und bietet viele Möglichkeiten, aber der wesentliche Punkt ist, dass die Feedbackkultur für diesen Nutzen entsprechend geprägt werden muss“, sagt von Hülsen. „Das macht nicht unbedingt eine Feedback-App, sondern die Art der Führung, die erstmal gewandelt werden muss, bevor so ein technisches System überhaupt Sinn macht.“

Sind Manager offen für digitale Angebote im Performance Management, so könnten derartige Feedback-Tools eingesetzt werden. „Es geht dann auch weg von der klassischen Mitarbeiterbefragung ein Mal im Jahr“, sagt Remdisch. Hier ist noch viel Theorie und wenig Praxis, wer aber zukunftsorientiert planen möchte, sollte solche Feedback-Lösungen in Betracht ziehen.

Tipps für ehrliche Kritik

4. Unmittelbares Feedback als ein Element
Unmittelbareres Feedback geben – das gewinnt in der modernen Arbeitswelt klar an Bedeutung: „Die schnelle, unmittelbare Form des Feedbacks, wie wir sie von Postings in Sozialen Netzwerken mittlerweile gewöhnt sind, wird in den sogenannten Mikro- oder Instant-Feedback-Systemen aufgegriffen“, sagt Remdisch.

Das könnten etwa Ampelsysteme in einer App auf dem Handy sein. Damit kann der Chef quasi per Knopfdruck am Freitag eine kurze Push an sein Team schicken: Wie war die Woche? Wie fühlt ihr Euch? Wie ist die Stimmung? „So bekommen Führungskräfte Feedback in Echtzeit“, sagt Remdisch. Das bedeutet aber auch, dass Führungskräfte entsprechend geschult werden müssen. „Manager müssen lernen, wie sie mit so unmittelbaren und direktem Feedback umgehen. Was ist die richtige Reaktion, wenn der Chef auf einmal eine rote Ampel sieht…“

Zudem sollten sich Manager überlegen, wie sie solche Tools für sich und ihre Mitarbeiter nutzen können. Interessant ist dabei etwa die Frage, agile Feedbackinstrumente dann systematisch in einem Performance-Management-Prozess eingebunden werden könnten. „Letztlich möchte ich im Performance-Management Entscheidungen darüber treffen, ob ich jemandem einen Bonus zahle, ob ich ihn fördere und aufgrund der gezeigten Kompetenzen auf andere Funktionen hin entwickele“, sagt von Hülsen. „Deshalb ist die systemische Einbindung der Informationen über das individuelle Leistungsbild in Gesamtkonzept von Performance extrem wichtig, erst dann werden diese Instrumente voll in Wert gesetzt.“

Ob dieser Nutzen jedoch gelingt – da scheiden sich bislang die Geister: „Die Mikro-Feedback-Systeme kranken noch daran, dass sie Bewertungen sehr stark aufnehmen, aber nur quantitativ darstellen“, sagt Remdisch. „Die qualitative Befütterung der Systeme muss nun online aber ebenfalls umgesetzt werden, um qualitatives Leistungsfeedback gewährleisten zu können.“

Es gibt aber auch andere Varianten des direkten Feedbacks, die mittlerweile bei mehr und mehr Firmen genutzt werden und vergleichsweise leicht umsetzbar sind – sozusagen als erster Schritt. Das sind kurze Feedbackrunden, wie zum Beispiel regelmäßige Lunchtalks zwischen Mitarbeiter und Chef oder die sogenannte „Boxenstopps“. Dabei wird etwa alle drei Monate schon überprüft, ob die Umsetzung der formulierten Ziele und Aufgaben gelingt oder bereits gelungen ist. Das allein reicht unter Umständen als erster Schritt bereits aus, um die Leistung nicht nur einmal im Jahr zu prüfen und zu besprechen. Im Fokus sollte dabei immer stehen: „Am Ende des Tages möchte ich Mitarbeiter steuern, fördern, entwickeln, ihre Leistungen nach vorne bringen – und das systemisch unterstützt“, sagt van Hülsen.

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