Denn wer Gleit- und Teilzeit anbietet, hat zumindest administrative Kosten in der Personalabteilung – irgendjemand muss ja den Überblick behalten. Wer Elternzeit anbietet, muss womöglich in der Zwischenzeit einen Ersatz suchen, einstellen und anlernen. Wer Kita-Plätze verspricht, muss sich um die Vermittlung kümmern. Innerbetriebliche Kindergärten verlangen nach Räumen, für das Home-Office braucht es Technik. Und die Führungskräfte müssen sich für individuelle Wünsche Zeit nehmen und mit mobil arbeitenden Beschäftigten anders kommunizieren.
Da stellt sich die Frage: Kostet das alles nur Geld – oder bringt das unter dem Strich auch was? Eine Antwort liefert eine bislang unveröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Die Beratung Roland Berger kooperierte dafür mit den Personalexperten Jutta Rump (Hochschule Ludwigshafen) und Helmut Schneider (Steinbeis School of Management and Innovation in Berlin). Zehn deutsche Unternehmen äußerten sich in ausführlichen Interviews zu ihren Vereinbarkeitsmaßnahmen und deren Kosten – und zwar solche Unternehmen, die sich durch vorbildliche Maßnahmen auszeichnen.
In welchen Branchen sich Teilzeitarbeit für Frauen lohnt - und in welchen nicht
In der Energieversorgung in Teilzeit zu arbeiten lohnt sich für Frauen: Gegenüber einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 3962 Euro (Vollzeit) verdienen Sie immerhin 2529 Euro in Teilzeit - das sind gerade einmal 36 Prozent weniger.
Quelle: Adzuna-Studie, basierend auf einer Analyse der Verdienste und Arbeitskosten - Fachserie 16 Reihe 2.1, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
Wer in den genannten Branchen des öffentlichen Dienstes arbeitet, hat als Frau bei einer Teilzeitstelle gegenüber einer Vollzeitstelle ebenfalls nur Verdiensteinbußen von 36 Prozent zu erwarten. (Vollzeit: 3335 Euro im Monat, Teilzeit: 2128 Euro im Monat).
Frauen in der industriellen Produktion verdienen in Deutschland in Vollzeit im Schnitt 3062 Euro, in Teilzeit 1895 Euro.
Auch in der Informations- und Kommunikationsbranche ist der Unterschied im Verdienst zwischen Voll- und Teilzeitangestellten nicht größer als 39 Prozentpunkte. In Vollzeit verdient eine Frau dort 3838 Euro im Monat, in Teilzeit 2360 Euro im Monat.
Auch Frauen in der Wasserversorgung und Abfallentsorgung bekommen in Teilzeit nur 39 Prozent weniger Gehalt als in Vollzeit (1953 Euro im Monat gegenüber 3203 Euro im Monat).
Lehrerinnen und Erzieherinnen in Teilzeit können damit rechnen, 40 Prozent weniger zu verdienen als ihre in Vollzeit angestellten Berufsgenossinnen. (Vollzeit: 3920 Euro im Monat, Teilzeit: 2336 Euro im Monat).
In Verkehr und Lagerei verdienen Frauen in Teilzeit 1697 Euro, in Vollzeit 2854 Euro.
Das Gesundheits- und Sozialwesen bietet Frauen in Teilzeit 1837 Euro, in Vollzeit 3095 Euro.
In der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche erhalten Frauen in Vollzeit im Schnitt 3924 Euro, in Teilzeit 2317 Euro.
Freiberuflerinnen in den genannten Dienstleistungsbranchen können bei einer Vollzeit-Tätigkeit mit 3382 Euro im Monat rechnen, arbeiten sie freiberuflich nur eine Teilzeit-Stundenzahl, können sie mit Brutto 1993 Euro im Monat rechnen.
Hier verdienen Frauen in Vollzeit 2720 Euro im Monat, in Teilzeit 1574 Euro im Monat.
Im Gastgewerbe bekommen Frauen in Vollzeit im Schnitt einen Bruttoverdienst von 1935 Euro im Monat, in Teilzeit 1094 Euro im Monat.
Im Grundstücks- und Wohnungswesen gibt es für weibliche Mitarbeiter 1837 Euro in Teilzeit und 3286 Euro in Vollzeit.
Im Bergbau verdienen Arbeiterinnen in Vollzeit 3790 Euro im Monat, in Teilzeit 2086 Euro im Monat.
1489 Euro gibt es für Frauen in Teilzeit im Handel, in Vollzeit 2741 Euro.
Im Baugewerbe lohnt es sich für Frauen nicht, in Teilzeit zu arbeiten. Sie verdienen dann 51 Prozent weniger als Vollzeitarbeiterinnen. (Vollzeitbeschäftige bekommen 2912 Euro, Teilzeitbeschäftigte bekommen 1437 Euro).
Darunter waren neben Innotax etwa die Bitburger Braugruppe und der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim.
Doch es äußerten sich auch kleinere Mittelständler wie das IT-Beratungshaus Perbit Software. Die Auswahl trafen die Studienautoren bewusst. Denn viele Arbeitgeber sehen zwar die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen, befürchten aber zu hohe Kosten und zu wenig Nutzen. Um es vorwegzunehmen: Diese Sorge kann ihnen die Studie nehmen.
Familienfreundliche Unternehmen haben weniger Fehltage
Zunächst erstellten die Berater in einer Szenariorechnung die Kosten der entsprechenden Maßnahmen – also beispielsweise Betreuungs- und Beratungskosten wie Kita-Plätze oder Zuschüsse für eine Ferienbetreuung; Verwaltungs- und Abstimmungskosten für flexible Arbeitszeitmodelle und Home-Office-Angebote. Um die Aufwendungen in Zahlen zu fassen, fragten die Berater unter anderem den Anteil an der Gesamtarbeitszeit ab, der für die Verwaltung und Organisation entsteht, und multiplizierten ihn mit der entsprechenden Stundenzahl und dem Lohnsatz.
Nun berechneten sie die Einsparungen, die sich durch all diese Maßnahmen ergeben. Und siehe da: Unter dem Strich überwog der Nutzen. Familienfreundliche Unternehmen verzeichneten insbesondere weniger krankheitsbedingte Fehltage, die Angestellten kehrten nach einer familienbedingten Pause schneller in den Beruf zurück, sie waren motivierter, zufriedener und produktiver.
Die Autoren der Studie glauben sogar, diese Zahl beziffern zu können. Demnach liegt die „Vereinbarkeits-Rendite“ auf Investitionen zur Familienfreundlichkeit bei bis zu 25 Prozent. Zugegeben, dabei handelt es sich nur um einen Näherungswert. Die Botschaft der Studie stimmt dennoch optimistisch. Belegt sie doch, dass sich die Investitionen in die viel zitierte Work-Life-Balance durchaus lohnen.