Welche Methoden gibt es noch, um herauszufinden, ob das Gegenüber lügt?
Nehmen wir an, ein Mitarbeiter hat Druckerpatronen geklaut. In diesem Fall hilft Ihnen die Vergleichsfrage weiter. Fragen Sie den Mitarbeiter, ob er die Patrone mitgenommen hat. Er wird mit „Nein“ antworten. Danach fragen Sie ihn, ob er überhaupt in seinem Leben schon mal etwas geklaut hat. Der Schuldige wird sofort zugeben, dass er als Kind mal einen Kaugummi oder ähnliches stibitzt hat, allein um den innerlichen Druck abzulassen. Der Unschuldige wird natürlich die erste Frage verneinen, bei der zweiten aber zögern. Denn er glaubt, nicht mehr glaubwürdig zu sein, wenn er zugibt, irgendwann schon mal gestohlen zu haben. Für ihn ist diese zweite allgemeinere Frage, die deutlich schwieriger zu beantwortende – also genau umgekehrt als beim Wahrhaftigen.
So ein kleines Zögern reicht Ihnen, um zu erkennen, ob jemand ehrlich ist oder nicht?
Nein, um sicher zu gehen, müssen Sie immer mehrere Fragen stellen. Fordern Sie Ihren Mitarbeiter auf alles zu erzählen, was er über die verschwundenen Druckpatronen weiß. Der Unschuldige wird improvisieren. Erzählt alles Mögliche: Wo die Patronen gewöhnlich gelegen haben. Wer ihm von dem Diebstahl erzählt hat. Der Schuldige hat sich vorbereitet. Er wird sich vorher überlegt haben, warum er es nicht gewesen sein kann und seine Argumente schön geordnet runterspulen, häufig auch mit einer Liste: „Es gibt drei Gründe, warum ich es nicht gewesen sein kann...“
Die vier Ebenen der Kommunikation
Hier geht es um die Fakten, die der Gesprächspartner vermittelt.
Je nachdem wie das Gegenüber mit jemandem redet, kann der Angesprochene Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen beiden ziehen.
Der Zuhörer kann hierbei herausfinden, was im Gesprächspartner vorgeht.
Hier versuchen die Empfänger oftmals herauszufinden, was der Sender von einem erwartet.
Gut und schön, aber funktioniert das auch bei anderen Situationen? Schließlich wird eine Firma ja nicht ständig von Ihren Mitarbeitern beklaut.
Natürlich. Nehmen wir an, der Mitarbeiter hatte ein Meeting und der Chef möchte am nächsten Tag wissen, ob alles so gelaufen ist, wie besprochen. Der Wahrhaftige erzählt alles sehr detailliert, aber ungeordnet. Derjenige, der seinem Vorgesetzten etwas verheimlichen will, berichtet detailarm aber sehr chronologisch. Er hat sich sein Geschichtchen zurecht gelegt, wie ein schlechter Drehbuchautor: es fehlen lebendige Details und Emotionen.
Welche Fragemethoden gibt es noch?
Zum Beispiel die Alibi-Testfrage: Ihr Mitarbeiter erzählt Ihnen, er sei zu spät zum Kundentermin gekommen, weil er im Stau stand. Sie sind misstrauisch und wollen diese Aussage überprüfen. Sagen Sie, Sie hätten von dem Stau gehört und fragen ihn, ob er am brennenden LKW vorbeigefahren wäre, der diesen Stau verursacht hat – obwohl die Stauursache eine ganz andere war. Wenn er jetzt sofort verneint, hat er die Wahrheit gesprochen. Druckst er herum oder erzählt sogar vom LKW, dann lügt er!
Was Mitarbeiter im Gespräch mit ihrem Vorgesetzten in jedem Fall beachten sollten
Informieren Sie sich vorab im Leitfaden Ihres Unternehmens über Zweck und Struktur des Jahresgesprächs. Die meisten Unternehmen haben einen solchen Leitfaden im Intranet. In manch einer schwierigen Konfliktsituation hilft ein dezenter Verweis darauf. Und generell: Bereiten Sie schlagende Argumente vor, wenn Sie eine Gehaltserhöhung oder neue Aufgaben anstreben. Wenn Sie Kritik äußern wollen oder der Chef dazu sogar auffordert: Loben Sie zuerst, kritisieren Sie allenfalls diplomatisch.
Machen Sie deutlich, was sie gerne tun (wollen), und warum davon auch der Chef und das gesamte Unternehmen profitiert. Und vermitteln Sie dem Chef vor allem Ihre Loyalität. Er will hören, dass Sie hinter seinen Zielen stehen.
Beeindrucken Sie Ihren Chef nicht nur mit den Leistungen der Vergangenheit. Machen Sie Vorschläge, verkünden Sie neue Ideen. Am besten bevor Sie der Chef selbst danach fragt.
In ein Mitarbeitergespräch sollten Sie stets auf gleicher Augenhöhe gehen, nicht als Bittsteller oder Lehrling (es sei denn Sie sind wirklich noch in der Ausbildung). Sie erbringen Leistungen und wollen dafür angemessen entlohnt und behandelt werden.
Atmen Sie vor der Tür noch einmal tief durch und lassen Sie Wut und Frust draußen. Bleiben Sie bei sachlichen Argumenten. Gebrüll wird Ihre Position nicht stärken.
All diese Methoden der Gesprächsführung verraten Ihnen, ob Ihr Gesprächspartner die Wahrheit sagt oder nicht. Aber wie finden Sie heraus, was wirklich passiert ist?
Sie müssen dem Lügner eine goldene Brücke bauen. Er wird nur gestehen, wenn er sein Verhalten rechtfertigen kann.
Zum Beispiel?
Sie haben den Verdacht, dass der Bewerber seinen Lebenslauf aufgehübscht hat. Geben Sie ihm das Gefühl, dass es heutzutage ganz normal sei, dass an der einen oder anderen Stelle übertrieben wird. Es sei ja auch so schwer einen Job zu finden und die Anforderungen der Unternehmen sind schließlich enorm hoch. Oder einer Ihrer Mitarbeiter in China hat Bestechungsgeld verteilt. Geben Sie ihm zu verstehen, dass das in China ja Gang und Gäbe sei und ohne Bestechung kaum Geschäfte zu machen sind.
Vier Tipps, wie Sie verbale Angriffe erfolgreich kontern
Überhören Sie den unfairen Aspekt. Lenken Sie mit einem Brückensatz stattdessen auf die Sache: „Ihre Aussage zeigt mir, dass Sie Bedenken haben. Was macht Ihnen Sorgen? Welche Argumente haben Sie?“
Kontern Sie schlagfertig und humorvoll – und lenken dann zur Sache: „Ich merke, Sie sind wütend / aufgeregt / verstimmt. Lassen Sie uns nicht persönlich werden und darüber reden.“
Benennen Sie Unfairness klar und deutlich und weisen Sie diese zurück: „Mit unsachlichen Angriffen kommen wir nicht weiter.“
Brechen Sie das Gespräch ab, wenn es nicht weitergeht und sich Ihr Gesprächspartner nicht auf die Sachebene holen lässt: „Ihre wiederholt beleidigenden Worte akzeptiere ich nicht. Unter diesen Umständen bin ich nicht bereit, das Gespräch fortzusetzen.“
Und wenn Sie diese Themen ansprechen, gesteht er von ganz alleine?
Noch nicht ganz. Nachdem Sie Ihre vermeintliche Sicht der Dinge dargestellt haben, stellen Sie ihm die sogenannte Alternativfrage. Also: Haben Sie das Schmiergeld genommen, weil Sie gierig waren oder weil Sie das Geschäft für die Firma unbedingt abschließen wollten? Nun ist die Chance hoch, dass der Lügner die Wahrheit spricht. Denn Menschen wählen stets die für sie bessere Option und wenn Sie das Gefühl haben, dass sie nur die Wahl zwischen Arsen und Lebertran haben, dann sieht der Lebertran doch auf einmal gar nicht mehr so schlecht aus.
Das ist ganz schön hinterhältig.
Zugegeben, diese Methode ist manipulativ aber auch sehr erfolgreich. Bevor Sie diesen Schritt gehen, müssen Sie sich aber sicher sein, dass Ihr Gegenüber lügt. Sonst setzen Sie Ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel und haben schnell Ärger mit dem Betriebsrat. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie weit er geht, um an die Wahrheit zu gelangen.
Muss ich diesen letzten Schritt immer gehen oder reicht es manchmal auch zu wissen, jemand hat mich belogen?
Ja, das kann manchmal sogar besser sein. Der Lügner weiß nicht, dass Sie ihn durchschaut haben. Sie aber wissen, dass er lügt ohne mit der Wimper zu zucken. Sie umgehen so die offene Konfrontation, weil er vielleicht mächtiger ist als Sie – etwa der Vorgesetzte – oder weil Sie ohne weiteres Ersatz finden – etwa beim Autokauf. Aber eines ist sicher: die Wahrheit zu kennen, gibt Ihnen stets mehr Macht, nämlich Macht darüber, Ihre Entscheidungen selbst zu treffen!