Und dann gibt es noch die Diskussion um die Quote. Wir kämpfen um Rechte für die Präsenz von Frauen im Aufsichtsrat. Wissen Sie, wie viele potentielle Aufsichtsratspositionen in Deutschland jährlich zu vergeben sind? Im Gegensatz zu vakanten Führungspositionen sprechen wir hier von einem geringen Prozentsatz. Wir kämpfen mit der Quote um Rechte für eine kleine Gruppe von Frauen, die bereits in Führungspositionen sind, sonst kämen sie für ein Aufsichtsratsmandat überhaupt nicht infrage.
Warum kämpfen wir eigentlich nicht dafür, Frauen in den Vorstand oder die Geschäftsführung zu bringen? Wir protestieren, publizieren, und diskutieren am eigentlichen Thema vorbei: mehr Frauen generell in Führung zu bringen. Und warum tun wir es nicht? Weil niemand Interesse daran hat.
Weder Männer, die schon in Toppositionen sind, denn wer teilt seine Macht schon gerne? Noch die Politik, denn Kitas mit Öffnungszeiten bis 20 Uhr lassen sich schwer durchsetzen, wer will denn schon ein Land mit Rabenmüttern oder gar Frauen, die eigentlich gar keine Kinder haben wollen? Und viele Frauen selbst winken beim Führungsthema ebenso ab. Sie erinnern sich an die Zuhörerinnen des Vortrags eingangs? Das Leben zu Hause ist halt doch ganz schnuckelig.
Verschwendung statt Fortschritt
Der Staat verschwendet Geld und Ressourcen, in dem er an teuren Ausbildungsstätten Akademikerinnen für einen Arbeitsmarkt produziert, der Frauen und ihr Potential noch nicht wirklich entdeckt hat und zu nutzen weiß. Der Staat verschwendet ebenso Geld für teure Studienplätze an Akademikerinnen, die eigentlich gar keine Karriere machen wollen, sondern nach maximal zehn Jahren Berufstätigkeit ins Mutterdasein abtauchen. Und er investiert in Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die keine Angebote sind, weil Karriere eben nicht mit einem Teilzeitjob möglich ist und auch nie werden wird.
In welchen Branchen sich Teilzeitarbeit für Frauen lohnt - und in welchen nicht
In der Energieversorgung in Teilzeit zu arbeiten lohnt sich für Frauen: Gegenüber einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 3962 Euro (Vollzeit) verdienen Sie immerhin 2529 Euro in Teilzeit - das sind gerade einmal 36 Prozent weniger.
Quelle: Adzuna-Studie, basierend auf einer Analyse der Verdienste und Arbeitskosten - Fachserie 16 Reihe 2.1, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
Wer in den genannten Branchen des öffentlichen Dienstes arbeitet, hat als Frau bei einer Teilzeitstelle gegenüber einer Vollzeitstelle ebenfalls nur Verdiensteinbußen von 36 Prozent zu erwarten. (Vollzeit: 3335 Euro im Monat, Teilzeit: 2128 Euro im Monat).
Frauen in der industriellen Produktion verdienen in Deutschland in Vollzeit im Schnitt 3062 Euro, in Teilzeit 1895 Euro.
Auch in der Informations- und Kommunikationsbranche ist der Unterschied im Verdienst zwischen Voll- und Teilzeitangestellten nicht größer als 39 Prozentpunkte. In Vollzeit verdient eine Frau dort 3838 Euro im Monat, in Teilzeit 2360 Euro im Monat.
Auch Frauen in der Wasserversorgung und Abfallentsorgung bekommen in Teilzeit nur 39 Prozent weniger Gehalt als in Vollzeit (1953 Euro im Monat gegenüber 3203 Euro im Monat).
Lehrerinnen und Erzieherinnen in Teilzeit können damit rechnen, 40 Prozent weniger zu verdienen als ihre in Vollzeit angestellten Berufsgenossinnen. (Vollzeit: 3920 Euro im Monat, Teilzeit: 2336 Euro im Monat).
In Verkehr und Lagerei verdienen Frauen in Teilzeit 1697 Euro, in Vollzeit 2854 Euro.
Das Gesundheits- und Sozialwesen bietet Frauen in Teilzeit 1837 Euro, in Vollzeit 3095 Euro.
In der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche erhalten Frauen in Vollzeit im Schnitt 3924 Euro, in Teilzeit 2317 Euro.
Freiberuflerinnen in den genannten Dienstleistungsbranchen können bei einer Vollzeit-Tätigkeit mit 3382 Euro im Monat rechnen, arbeiten sie freiberuflich nur eine Teilzeit-Stundenzahl, können sie mit Brutto 1993 Euro im Monat rechnen.
Hier verdienen Frauen in Vollzeit 2720 Euro im Monat, in Teilzeit 1574 Euro im Monat.
Im Gastgewerbe bekommen Frauen in Vollzeit im Schnitt einen Bruttoverdienst von 1935 Euro im Monat, in Teilzeit 1094 Euro im Monat.
Im Grundstücks- und Wohnungswesen gibt es für weibliche Mitarbeiter 1837 Euro in Teilzeit und 3286 Euro in Vollzeit.
Im Bergbau verdienen Arbeiterinnen in Vollzeit 3790 Euro im Monat, in Teilzeit 2086 Euro im Monat.
1489 Euro gibt es für Frauen in Teilzeit im Handel, in Vollzeit 2741 Euro.
Im Baugewerbe lohnt es sich für Frauen nicht, in Teilzeit zu arbeiten. Sie verdienen dann 51 Prozent weniger als Vollzeitarbeiterinnen. (Vollzeitbeschäftige bekommen 2912 Euro, Teilzeitbeschäftigte bekommen 1437 Euro).
Man könnte auf die Idee kommen, eine Rechnung anzustellen, wie viel ein Studienplatz für einen Betriebswirt mit durchschnittlicher Studiendauer kostet. Und dann die Frage stellen, ob wir wirklich Betriebswirtinnen ausbilden wollen, die zu Hause lieber ihre Kinder betreuen oder die dementen Eltern pflegen ‒ entweder weil sie wollen oder weil sie Karriere mit Kind nicht gut hinbekommen? Für Betreuung und Pflege brauchen Frauen kein Studium, da helfen Hormone und soft skills. Was für eine Verschwendung von öffentlichen Geldern.
Wie wäre es, wenn der Staat die Gebühren für den Studienplatz von jenen Frauen zurückforderte? Oder Unternehmen für den Ausschluss von Frauen bei der Vergabe von Führungspositionen zur Kasse bitten würde? Es wird Zeit, bei der Diskussion über zu wenige Frauen in Führungspositionen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die tatsächliche Motivation vieler Frauen ehrlich zu sein. Und sich zu trauen, einen neuen Umgang damit zu pflegen.