Vorstellungsgespräch Erfolg hat, wen der Personaler mag

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"Es geht darum, dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, dass man sich Großes zutraut"

Man müsste sich also bewusst in ein bestimmtes soziales Milieu „einschleichen“.

Das wäre die sicherste Variante. Sprache und andere soziale Codes, all das kann man lernen. Aber es kostet sehr viel Zeit, und es gelingt am ehesten über persönliche Kontakte. Wer darauf keinen Zugriff hat, der muss sich mit kleineren Kniffen behelfen, die man mit ein bisschen Fingerspitzengefühl hinbekommt. So habe ich immer wieder von Interviewern gehört, dass sie sich bei der Auswahl von Kandidaten letztlich an sich selbst als Ideal orientieren.

Das heißt, als Kandidat sollte man das Gegenüber imitieren?

Das ist natürlich überspitzt ausgedrückt. Aber es ist zweifellos sinnvoll, Ähnlichkeiten bewusst hervorzuheben, wenn sie einem auffallen. So haben zum Beispiel viele der Manager aus dem Investmentbanking und der Beratung ein immenses Selbstvertrauen. Das sollte auch der Kandidat ausstrahlen.

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Wirkt das nicht schnell überheblich?

Es geht darum, dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, dass man sich Großes zutraut – ohne die Autorität seines potenziellen Vorgesetzten infrage zu stellen.

Nach dem Motto: Wenn ich groß bin, dann möchte ich werden wie Sie.

Man müsste das noch ergänzen um den Zusatz: Und man merkt mir auch an, dass ich das schaffen kann.

Was für ein Schlag von Menschen ist es denn, die solche Jobs am Ende bekommen?

Wir müssen uns klarmachen, dass, zumindest in den USA, über diese drei Branchen die absolute Elite der Wirtschaft ausgewählt wird. Die Einstiegsgehälter liegen um mehr als das Doppelte über denen in anderen Branchen. Wer da reinkommt, der spielt in einer anderen Liga, die der Rest nie mehr erreicht. Mehr als die Hälfte aller Absolventen bewerben sich für die Jobs in diesen Branchen. Höchstens fünf Prozent der Bewerber kommen durch. Wer es schafft, der trägt von da an die tiefe Überzeugung in sich, dass er es sich durch eigene Leistung verdient hat, in diesen Kreis vorzustoßen. Dabei zeigen meine Studien, dass es zu einem entscheidenden Teil doch vom sozialen Milieu der Herkunft abhängt, nicht von der Leistung.

Die Auswahl in der Marktwirtschaft nach dem Leistungsprinzip ist also eine Illusion?

So weit würde ich nicht gehen. Denn wer in diesen Gesprächen erfolgreich ist, der bringt immer gute Qualifikationen und ein überdurchschnittliches Maß an Intelligenz mit. Nur die Annahme, dass hier die Besten der Besten ausgewählt werden, trifft eben nicht zu. An diesem entscheidenden Punkt, der zwischen einem Leben in der oberen Mittelklasse und in der absoluten Elite entscheidet, sind andere Faktoren ausschlaggebend, die sich vor allem aus dem sozialen Hintergrund ableiten. Aber das passt absolut nicht zum Leistungsprinzip, das gerade für das amerikanische Selbstverständnis der Wirtschaft von so zentraler Bedeutung ist. Deshalb wird an dieser Stelle die Illusion der Objektivität aufrechterhalten.

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