
Düsseldorf Homosexuelle sind unnatürlich, Frauen gehören an den Herd und der Islam ist eine intolerante Religion. Finden Sie nicht auch? Tja, damit gehören Sie einer winzigen Minderheit an. Mit Vorurteilen ist das ja so eine Sache. Einerseits sind wir in unserem komplexen Alltag darauf angewiesen, bestimmte Sachverhalte durch eine Art von Voraus-Urteilen zu vereinfachen, sie zu Stereotypen zusammenzufassen und sie in bestimmte Kategorien oder Schubladen einzuordnen.
Auf der anderen Seite können Vorurteile, die niemand mehr kritisch und rational hinterfragt, indem er sich eine eigene Meinung bildet, katastrophale Folgen haben, wenn sich so Feinbilder und Rassismus manifestieren. Ich erinnere an Albert Einstein (1879-1955), der mal meinte: „Es ist leichter ein Atom zu spalten, als ein Vorurteil“.
Und machen Sie sich nix vor, wir alle erliegen den Vorurteilen, denn sie sind eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Im Grunde, Hirnforscher erklären das so, sind sie ein Trick, um Energie zu sparen bei der Verarbeitung von Informationen – Vorurteile gibt es viele. Denken Sie nur an deutsche Touristen, die – allesamt ordnungsliebend, pünktlich und spießig – im Urlaub schon vor dem Frühstück ihr Handtuch am Pool auslegen...
Auch im Berufsleben erspart sich manch einer die kritische und rationale Sicht und das eigene Nachdenken durch Vorurteile: Männer sind karriereorientierter als Frauen, die wiederum sind harmoniebedürftig und selbstkritisch, während Männer die besseren Verhandlungspartner sind. Doch was ist dran an solchen Vorurteilen? Das wollte der Personaldienstleister Robert Half wissen und hat insgesamt 3.000 Angestellte in Deutschland, Frankreich und England in seiner „Jobstudie 2015“ dazu befragt – und dabei so manches Vorurteil widerlegt.
Vorurteil 1: Frauen bleiben dem Arbeitgeber eher treu
Laut den Experten von Robert Half ist dieses Vorurteil eindeutig widerlegt. Denn immerhin 70 Prozent der berufstätigen Frauen in Deutschland wollen in den nächsten zwölf Monaten auf Jobsuche gehen. Bei den Männern lediglich 28 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Frankreich, wo die Frauen wie ihre deutschen Kolleginnen ebenfalls innerhalb der nächsten zwölf Monate ihren Job wechseln möchten. Mehr Loyalität dem jetzigen Arbeitgeber gegenüber zeigen die Engländerinnen - nur 26 Prozent von ihnen halten es für „sehr wahrscheinlich“, dass sie in den nächsten zwölf Monaten auf Jobsuche gehen.
Wo Frauen sich schwer tun und Männer hartnäckiger sind
Vorurteil 2: Männer sind karriereorientierter
Das stimmt so nicht, heißt es in der Studie. Denn für 77 Prozent der befragten Frauen in Deutschland ist die Karriereentwicklung eines der wichtigsten Kriterien für eine neue Stelle (vs. 59 Prozent bei der Männern). Noch wichtiger als der Ehrgeiz ist – als Kriterium für eine neue Stelle – bei beiden Geschlechtern nur der Unternehmensstandort – klar, wer hat schon Lust auf einen langen Anfahrtsweg. Das Thema Gehalt schafft es bei Frauen übrigens nur auf den vierten Platz (23 Prozent). Wichtiger ist ihnen dann doch das Kriterium „Branche/Industrie“, wenn sie sich für einen neuen Job entscheiden (62 Prozent).
Vorurteil 3: Frauen sind harmoniebedürftig
Weit gefehlt: Von einer neuen Stelle versprechen sich 17 Prozent der befragten Männer eine bessere Work-Life-Balance, hingegen nur 7 Prozent der Frauen. Hier sind also eindeutig die Männer harmoniebedürftiger als ihre Kolleginnen, für die (68 Prozent ) ganz klar ein höheres Gehalt das wichtigste Argument ist (vs. 54 Prozent bei den Männern). Im Vergleich zu Frankreich und England ergibt sich kein homogenes Bild.
Vorurteil 4: Männer sind hartnäckigere Verhandlungspartner
Der Umfrage zufolge scheinen Männer in der Tat deutlich forscher zu verhandeln, als Frauen: Wird ein Gehaltswunsch abgelehnt, warten 63 Prozent der Frauen geduldig bis zum nächsten Gehaltsgespräch, bis sie das Thema wieder ansprechen (Männer 41 Prozent). Männer hingegen verhandeln hartnäckiger, fragen häufiger nach anderen Benefits und würden sich demzufolge auch eher nach anderen Arbeitgebern umschauen, als Frauen.
Ob Mann oder Frau oder Chef oder Arbeitnehmer: Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es auch im Arbeitsalltag ist, sich von Klischees fern zu halten. Betrachten Sie statt dessen lieber den einzelnen Menschen und machen Sie sich ihr eigenes Bild. Das wiederum gilt übrigens auch für das restliche Leben.