Weich aber wichtig Wie Sie Arbeitgeber von Ihren Soft Skills überzeugen

Kommunikativ, teamfähig, belastbar: Soft Skills haben bei Firmen einen hohen Stellenwert und fehlen in keiner Ausschreibung. Für Bewerber sind sie schwer fassbar. Aber kein Grund zur Panik – was Personalern wichtig ist.

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In der Rubrik „Karriere Tipp“ widmet sich Handelsblatt Online wöchentlich Themen rund um Beruf, Büro und Bewerbung. Quelle: CAEPSELE

Köln Michael hat gerade sein Maschinenbau-Studium erfolgreich abgeschlossen und steckt nun mitten in der Bewerbungsphase. Sein Ziel: Ein Job mit Führungsposition. Drei Vorstellungsgespräche hat er schon hinter sich gebracht und jedes Mal die gleiche Aufforderung gehört: „Nennen Sie doch mal ihre Stärken und Schwächen“. Für seine schlechten Noten in der Schule hat sich der 33-Jährige inzwischen eine passende Geschichte zurechtgelegt: „Das rechtfertige ich damit, dass der einzige Sinn im Lernen für mich nur darin bestand, das Abitur überhaupt zu bestehen“, erzählt er und macht so aus einer Schwäche eine Stärke.

Dass Michael dann im Studium Bestnoten hatte, erklärt er damit, dass er einen konkreten Berufswunsch hatte und dadurch viel stärker motiviert war. Damit hat Michael eigentlich alles richtig gemacht, denn dem Personaler gegenüber geht es weniger um konkrete Stärken und Schwächen, sondern um ein souveränes Auftreten und das Selbstbild, das der Bewerber von sich hat – in erster Linie das Selbstvertrauen.

Ob Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit, Mitgefühl oder das hohe Maß an Kundenorientierung: Diese „weichen Fähigkeiten“ wünschen sich Unternehmen von ihren Bewerbern in jeder Stellenanzeige und die Liste kann noch unendlich weitergeführt werden. Dabei handelt es sich um all die Charaktereigenschaften, die sich über Noten oder andere Leistungskriterien nur schwer fassen lassen. Sie sind quasi der emotionale IQ eines Menschen und extrem wichtig, wenn es darum geht, bei einer Bewerbung den nächsten Arbeitgeber von sich zu überzeugen.

Gut geblufft ist halb gewonnen

In einem Vorstellungsgespräch sollten deswegen wohl nur die wenigsten zugeben, dass sie in manchen Punkten passen müssen und sich im Berufsalltag lieber allein mit einem Projekt beschäftigen als im Team. Stattdessen sollten sich Bewerber unbedingt ein paar gute Floskeln überlegen, um in einer kniffligen Situation überzeugend reagieren zu können.

Im Bewerbungsgespräch ist gut geblufft also schon halb gewonnen. Wer aber auch im Assessment Center überzeugen möchte, der muss wirklich Soft Skills und nicht nur gute Phrasen besitzen. Deshalb bitten viele Unternehmen ihre Bewerber zum Rollenspiel: „Ich lasse mir zeigen, worüber ich im Vorstellungsgespräch nur spreche“, sagt Anika Borchardt, Wirtschaftspsychologin bei der Personalentwicklungsberatung Profil M in Wermelskirchen, die Assessment Center für Unternehmen durchführt.


Beim Rollenspiel geht's um die Wurst

Kandidaten für Führungspositionen können zum Beispiel in einem gespielten Mitarbeitergespräch zum Ausdruck bringen, für welchen Führungsstil sie stehen. Zeigen sie sich einfühlsam oder geben sie lieber Anweisungen? „Wenn sie ein gutes Rollenspiel machen, haben Bewerber offensichtlich die richtigen Kompetenzen parat“, sagt Borchardt. Das gelte für ganz verschiedene Situationen: „Eine gute Präsentation lässt sich ebenso wenig vortäuschen wie ein erfolgreiches Kundengespräch.“

Oft bleibt Bewerbern ohnehin keine andere Chance, als sich so zu präsentieren, wie sie wirklich sind. Denn was genau in einem Unternehmen gefragt ist, hängt von vielen Faktoren ab. „Ein Mittelständler zum Beispiel könnte Führungskräfte suchen, die bodenständig sind und auch so mit den Kunden umgehen“, sagt Anika Borchardt. Während Mittelständler eher Wert auf persönliche und soziale Kompetenzen legen, können Bewerber bei Konzernen oft mit exzellenten Noten und Fachkenntnissen punkten.

Doch viele Unternehmen machen es ihren zukünftigen Mitarbeitern nicht leicht, sich im Vorfeld über die Kompetenzen zu informieren, die für eine Stelle gefragt sind. Der Kölner Unternehmensberater Manfred Böcker hilft Personalchefs dabei, Stellenanzeigen möglichst präzise zu formulieren. Was er leider häufig zu lesen bekommt, vergleicht Böcker gerne mit Orangen, die mit einer Saftpresse ausgedrückt wurden: „Die Begriffe sind inhaltsleer, es bleibt nur noch die Hülle.“ Grund dafür sei eine Formulierungspraxis, die sich über Jahre eingeschliffen habe – und die heute so selbstverständlich sei, dass kaum noch jemand darüber nachdenke: „Das führt dazu, dass viele Bewerber die erforderlichen Soft Skills gar nicht mehr ernst nehmen“, sagt Manfred Böcker. Unternehmen rät er deshalb, die Stellenbeschreibung und das Anforderungsprofil besser aufeinander abzustimmen. Dann ergeben sich die erforderlichen Qualifikationen für den Bewerber von selbst: „Aus einer sauber formulierten Stellenausschreibung sollte zum Beispiel hervorgehen, wie viel Kundenkontakt in der Position vorgesehen ist“, sagt Manfred Böcker, „dann können sich die Bewerber im Vorfeld gut überlegen, ob ihnen eine solche Stelle überhaupt zusagt.“

Bewerber müssen wissen, worauf sie sich einlassen

Denn es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass die geforderten Soft Skills nur für die Arbeitgeber wichtige Maßstäbe sind. Angehende Mitarbeiter müssen ebenfalls wissen, worauf sie sich einlassen. „Viele Bewerber sehen sich in der Bringschuld und fragen sich, ob sie die notwendigen Fähigkeiten mitbringen“, sagt Böcker, „doch auch sie können den Bewerbungsprozess nutzen, um herauszufinden, ob das Unternehmen zu ihnen passt.“

Hinter dem Begriff der Soft Skills kann aber noch viel mehr stecken, denn sie beziehen sich nicht nur auf die Anforderungen der freien Stelle. Vielmehr testen Personalchefs schon im Vorfeld, ob ein Kandidat insgesamt zur Unternehmenskultur passt: „Für manche Stellen wird deshalb auch eine hohe Kundenorientierung erwartet, selbst wenn der Bewerber vor allem in seinem Büro sitzt und dort seine Aufgaben erledigt“, erklärt Böcker. Deswegen klaffen Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile so oft auseinander.

Leider helfen auch die Informationen nicht weiter, die im Netz öffentlich zugänglich sind: „Zwar kann man sich einen ersten Eindruck von der Unternehmensphilosophie auf der Homepage machen“, sagt Anika Borchardt, „aber oft werden die Firmen bei ihren Werten wenig konkret.“ Deshalb sei auch ein Assessment Center nicht nur für die Arbeitgeber nützlich, sondern ebenso für die Bewerber. Denn dort erfahren sie hautnah: Wie geht man mit mir um? Welche Aufgaben stellt man mir? Und was werden die Erfolgskriterien sein? „Ein kluges Personalmanagement hat das verstanden“, so Anika Borchardt. Und ein kluger Bewerber auch.

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