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Weltfrauentag Frauen dürfen in den Aufsichtsrat, aber nicht in den Vorstand

Pünktlich zum Weltfrauentag am 8. März kommen sie, die Horrorprognosen: 100 bis 200 Jahre dauere es noch, bis Männer und Frauen gleich behandelt würden. Grund einmal nachzusehen, wie es in deutschen Unternehmen aussieht.

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In diesen Berufen verdienen Frauen am meisten
Platz 10: Ingenieurin (E-Technik)Mit einem Bruttojahresgehalt von durchschnittlich 53.947 Euro landen Elektrotechnik-Ingenieurinnen in den Top Ten der bestbezahltesten Berufe der MINT*-Branche. Das zumindest sagt eine aktuelle Studie des Vergleichsportals Gehalt.de, in der knapp 5000 Vergütungsdaten weiblicher Beschäftigter im naturwissenschaftlich-technischen Umfeld der vergangenen zwölf Monate analysiert - und mit männlichen Akademikern verglichen wurden. *MINT ist eine zusammenfassende Bezeichnung für Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik Quelle: dpa
Platz 9: Ingenieurin (Produktion)In der Produktion tätige Ingenieurinnen verdienen bei einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 55.029 Euro etwas besser als ihre Kolleginnen in der Elektrotechnik. Männliche Ingenieure in der Produktion verdienen mit 61.846 Euro im Schnitt allerdings besser. Quelle: Fotolia
Platz 8: Regulatory Affairs ManagerinRegulatory Affairs Manager- und Managerinnen sind außerhalb eines Unternehmens für die Zulassung neuer Produkte zuständig. Für ihre Tätigkeit werden sie ordentlich entlohnt: Eine weibliche Managerin verdient im Schnitt 56.601 Euro vor Abzug der Steuern. Zum Vergleich: Die Männer der Branche verdienen mit 61.250 Euro durchschnittlich etwa 4600 Euro mehr im Jahr. Quelle: Fotolia
Platz 7: IT-Berater Weibliche Angestellte, die beratende Tätigkeiten in der IT-Branche übernehmen, landen mit einem Jahresgehalt von 58.093 brutto auf Platz sieben des Rankings. Quelle: Fotolia
Platz 6: Ingenieurin (Vertrieb)Die Vertriebsingenieurin verdient im Ingenieurwesen am besten, und zwar satte 58.392 Euro brutto im Jahr. Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen, die aufs Jahr gerechnet fast 10.000 Euro mehr verdienen (68.720 Euro), schneidet sie allerdings schlecht ab. Quelle: Fotolia
Platz 5: UnternehmensberaterinIm Mittelfeld der Top Ten bewegt sich die Unternehmensberaterin. Sie verdient mit 62.217 Euro im Jahr jedoch mehr als 8000 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen. Quelle: Fotolia
Platz 4: VersicherungsmathematikerinBei den Versicherungsmathematikern ist die Entgeltglücke zwischen Männern und Frauen am geringsten: Das Gehalt unterscheidet sich um lediglich 2,2 Prozent. Der durchschnittliche Jahresgehalt bei Männern liegt bei 65.453 Euro, bei Frauen bei 63.968 Euro. Quelle: Fotolia

„It’s a girl“ – in vielen Ländern ist das Wort „Mädchen“ immer noch immer ein Urteil, gleichbedeutend mit Armut und Ausbeutung. „Nach wie vor haben Frauen weltweit ein höheres Armutsrisiko als Männer. Im Durchschnitt sind Berufsfelder, in denen vorrangig Frauen arbeiten, schlechter abgesichert und schlechter bezahlt“, sagt Charlotte Becker, Expertin für Gleichstellungspolitik bei Oxfam Deutschland.
Bis Frauen in wirtschaftlichen Belangen überall die gleichen Chancen haben wie Männer, wird es noch 170 Jahre dauern, lautet das ernüchternde Ergebnis einer Studie des Weltwirtschaftsforums. In der Bundesrepublik sind die Bedingungen besser, aber längst nicht ideal.

Die Gesellschaft muss umdenken

„Fakt ist: Auch in Deutschland klafft eine riesige Gerechtigkeitslücke: Fast nirgends sonst in der EU verdienen Frauen im Verhältnis zu Männern im Durchschnitt so wenig. Häufig bleibt die Arbeit von Frauen ganz unbezahlt, wie das Beispiel der familiären Pflege- und Sorgearbeit zeigt“, urteilt die Oxfam-Frau. Das verlange nach einer wirtschaftspolitischen, sicher auch nach einer gesellschaftlichen Kehrtwende.

Fakten zum Weltfrauentag

Aber wie sieht es denn in den Führungsetagen der Unternehmen aus – fast zwei Jahre nach Einführung der Frauenquote? Natürlich gibt es immer wieder Musterknaben, in Deutschland gehören Ikea, aber auch Henkel ganz oben auf die Liste. „GenCEO, das Führungskräftenetzwerk für Frauen, dem ich auch angehöre, belegt eindeutig: Viele Frauen sind längst in den Top-Etagen deutscher Unternehmen angekommen. Und nicht, weil sie eine Quote erfüllen, sondern weil sie einfach die richtige Qualifikation für ihre Aufgabe mitbringen“, sagt auch Antje Neubauer, Leiterin Marketing & PR bei der Deutschen Bahn AG.
Das untermauert die Statistik: Laut dem Women-on-Board-Index der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte hat sich der durchschnittliche Frauenanteil in deutschen Aufsichtsräten sowie Vorständen zwischen 2010 und 2016 bereits knapp verdoppelt. Auch die Anzahl der im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten deutschen Unternehmen ohne Frauen an der Spitze ist gesunken. Nur noch 25 der 160 börsennotierten Unternehmen haben keine einzige Frau an der Spitze.

Aber es gibt viele Unternehmen, in denen „Chefin“ ein Fremdwort ist. Das zeigt sich, wenn man das Wort Führungskraft genauer betrachtet. „An der Spitze eines Unternehmens sein“ kann schließlich vieles heißen. Während Teamleiterinnen und Frauen im mittleren Management in Deutschland normal sind, gibt es zwischen Vorstand, Aufsichtsrat oder gar dem Chefsessel noch gewaltige Unterschiede. Das zeigt eine Studie zur Umsetzung der Frauen- und Geschlechterquote der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Allen Overy. Demnach sagen 75,6 Prozent der MDax-Unternehmen: Eine Frau kommt vielleicht in den Aufsichtsrat, der Vorstand bleibt Männersache. Auch 33 Prozent der Dax-Konzerne haben eine festgelegt Zielgröße von 0 Prozent, wie es in der Studie heißt.

Das passt zu Neubauers Erfahrung. „Es gibt noch zahlreiche Unternehmen mit starren Hierarchien, die sich nur schwer an weibliche Kompetenz gewöhnen können. Davon, Frauen als selbstverständlich in ihrer Führungsrolle zu verstehen und zu akzeptieren, sind wir noch um einiges entfernt, wie die vergebenen Vorstandsmandate in den DAX-30-Konzernen aussagekräftig zeigen.“

Den Mitarbeitern ist es übrigens egal, ob sie einen Chef oder eine Chefin haben, zeigt eine Umfrage der Jobsuchmaschine Jobrapido. 42 Prozent sind sogar davon überzeugt, dass Frauen im Grunde mehr Führungsqualitäten besitzen als Männer. Nur sieben Prozent gaben an, dass Männer die geborenen Chefs sind. Den übrigen 51 Prozent ist nur wichtig, dass das Betriebsklima stimmt.

Trotzdem, so Neubauer, müsse das alte Thema der Gleichberechtigung mit Weltfrauentag und anderen Aktionstagen wieder in die Köpfe der Menschen gebracht werden. „Auf diese Weise sorgt man, davon bin ich überzeugt, langfristig für Veränderung.“

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