Jeder erste Freitag im Monat ist bei Eurowings zurzeit „Sneaker Flyday“. Da sind die Angestellten an Bord in weißen Puma-Turnschuhen mit Eurowings-Logo unterwegs. Eurowings haut zum großen 1000.-Turnschuhflug-Jubiläum extra eine Pressemitteilung raus. Und ich frage mich wirklich – und das meine ich aufmunternd: Interessiert das jemanden außer den Airline-Mitarbeitern und -Mitarbeiterinnen selber?
Machen wir uns klar: An den anderen Tagen tragen die Flugbegleiterinnen – wie sagt man? – Stöckelschuhe. High Heels. Auf einer Flugreise! Auf der die Passagiere ihre Füße nicht selten in Kompressionsstrümpfe stopfen und auf denen dann ohne Schuhe auf die Toilette gehen.
Nun ist Eurowings nicht die erste Airline, die den Bediensteten bequemes Schuhwerk zubilligt. Aber eine der wenigen. Und jetzt überlegen wir mal bitte gemeinsam: Was soll das Ganze? Vor allem das mit dem 353 Tagen pro Jahr mit unbequemerer Eurowings-Uniform?
1. Fliegen ist nicht elegant
Ginge es den Airlines beim Fliegen wirklich um eleganten Lifestyle, unsere Flugzeuge sähen anders aus, die Snacks an Bord wären keine Instant-Nudelsuppen, es wäre einfach VIEL MEHR PLATZ, HERRJEMINE!!! Alles in der Economy Class ist seit Jahren auf das limitiert, was einem Menschen körperlich gerade noch zumutbar ist, ohne dass er seine Vitalfunktionen einstellt. Kinners, mittlerweile kostet es sogar extra, wenn man sein Gepäck über dem Kopf verstauen möchte! In der Holzklasse verströmt am meisten Eleganz und Luxus der auf das Duty-Free-Wägelchen gequetschte Karton mit der Aufschrift Chanel No. 5.
Aber machen wir uns nichts vor: Die Business Class bietet auch nicht mehr als das, was Sie in jedem halbwegs aufgemotzten Kinocenter für 20 bis 30 Euro pro Abend geboten bekommen: breitere Sitze, verstellbare Lehnen, Wein, Bier, Longdrinks und Snacks am Platz. Nur zahlen Sie sich an Bord für ein paar Stunden Zoopalast-Prestige dumm und dämlich.
Man mag sich das leisten können, aber der Ertrag ist mager: Auf einem knapp sechseinhalbstündigen Flug von Frankfurt nach Dubai (Dauer entspricht drei Kinoabende) mit Emirates schlägt der Komfortgewinn statt mit 590 Euro (Economy) mit mindestens 3147 Euro zu Buche, also mit mehr als dem Fünffachen. Für einen Zeitraum, in dem Sie sonst im Zug inklusive ICE von Berlin nach Aachen fahren können. Mit gutem Wein aus dem Bordrestaurant.
Und weder im Kino noch im ICE benötigt jemand zur Rückversicherung seines sozialen Status ein Service-Team in High Heels. Selbst die First Class ist ja wohl ein Kompromiss zwischen Lebensqualität und Flugzeug. Ginge es Ihnen für Ihre 10.000 Euro besser, wenn das für Sie zuständige Service-Personal zehn Stunden lang die Füße konservativ kleidet? Ich frage:
2. Wer guckt an Bord auf die Schuhe?
Bei der Crew im Cockpit nicht ein einziger Passagier. Da vorne könnten die in Lederharnisch und Strickhoodie mit Biene-Maja-Applikationen sitzen. Mir wäre es vor allem wichtig, dass die sich entspannt auf ihren Job konzentrieren und dabei weder frieren noch schwitzen (solange der Autopilot noch nicht aktiv ist).
Beim Kabinenpersonal mit Passagier-Kontakt gibt es auf einer Sechseinhalb-Stunden-Reise genau drei Situationen, in denen wir deren Schuhe sehen könnten.
- Beim Einsteigen („Welcome“): drei Sekunden
- Beim Aussteigen („Thank you. Good bye“): nur zwei Sekunden (weil der Weg durch den Türbereich beim Aussteigen schneller durchquert wird)
- Oben in der Luft beim Lehnen in den Gang, um zu prüfen, ob der Weg zur Toilette frei ist oder ob ein Wägelchen kommt: jeweils eine Sekunde.
Sonst nie! So wie die Crew ihre Passagiere nur bis zum Anschnallgurt wahrnimmt, nehmen wir von der Cabin Crew vorwiegend Gesicht und Hände wahr. Gangplatz-Reisende höchstens noch unfreiwillig und sehr nah Hüfte und Hintern. Von High Heels im Blickfeld zu abgerundet 99,99 Prozent keine Spur.
3. Arbeitsschutz geht vor
Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter haben bessere Anschnallgurte als wir Passagiere. Weil sie im Notfall dem Rest der Anwesenden unverletzt beistehen sollen (und weil Passagiere wohl keine Lust haben, sich ihre Schultern festzuzurren). Warum aber sollten gerade Flugbegleiterinnen dann in staksigen Gelenkbruch-Stelzen die Evakuierung organisieren müssen? Mit High Heels darf man ja noch nicht einmal auf die aufblasbare Notrutsche.
Das bedeuten die verschiedenen Business-Dresscodes
Bedeutet gehobene Freizeitkleidung, also: Baumwollhose, Polohemd, Jackett. Beim Business Casual putzen sich die Leute mehr heraus: Frauen tragen Kostüm oder Hosenanzug, nicht zu hohe Schuhabsätze, unsichtbare Zehen. Männer tragen eine Kombination, die Krawatte kann im Schrank bleiben.
Meist bei Einladungen nach der Arbeit. Konservativ: Er trägt Anzug, aber keine Brauntöne. Sie: Kostüm oder Hosenanzug, aber keine großen Handtaschen mit Schulterriemen. Einzig richtig: Clutchbags – kleine Handtäschchen ohne Riemen. Rocklänge: nie kürzer als eine Handbreit über dem Knie.
Damen: halblange, elegante Kleider
Herren: dunkelgraue oder schwarze Anzüge.
Gerne zu Abendanlässen.
Er: Smoking, Hemd mit Doppelmanschetten, Kummerbund und Einstecktuch, schwarze Fliege, schwarze Schuhe.
Sie: schwarze lange Robe, Tasche (kleiner als der Kopf). Accessoires gerne farbig.
Er: Frack, weiße Weste mit tiefem Ausschnitt, Stehkragenhemd mit verdeckter Knopfleiste, weiße Fliege, Lackschuhe.
Sie: bodenlanges Abendkleid in Schwarz, Weiß oder Grau (Schultern bei Ankunft bedeckt). Zum Ballkleid geschlossene Schuhe mit Seidenstrümpfen. Findet der Ball im Hochsommer statt, auch hohe Sandaletten – dann ohne Strümpfe.
Zu eleganten Partys und Vernissagen ab 16 Uhr.
Er: dunkler Anzug, Hose mit Bügelfalte, einfarbiges Hemd, dunkle Krawatte, lässiger Schnürschuh.
Sie: das kleine Schwarze. Schultern, Dekolleté und Bein dürfen gezeigt werden.
Werden oft falsch zugeknöpft. So ist es richtig: Zweireiher immer geschlossen. Sakko mit zwei Knöpfen: ein Knopf geschlossen, wahlweise der untere oder der obere. Drei-Knopf-Sakko: beide oberen Knöpfe zu oder nur der mittlere. Vier-Knopf-Sakko: die beiden mittleren oder die drei oberen Knöpfe geschlossen. Fünf-Knopf-Sakko: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben zu. Frack: wird immer offen getragen. Weste: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben geschlossen.
Unter Sakkos tabu! Die Hemdmanschette muss unter dem Ärmel herausschauen. Richtig: Die Ärmel des Sakkos enden knapp über dem Handrücken, die Hemdmanschette schaut darunter einen Zentimeter heraus.
Klassisch aus weißer Baumwolle, modern aus farbiger Seide oder Kaschmir. Hat nie (!) dasselbe Muster wie die Krawatte, passt aber farblich dazu.
Sie reicht exakt bis zur Gürtelschnalle, nicht länger, nicht kürzer. Der Knoten darf nie so dick werden, dass er den Kragen vom Hemd abdrückt.
Ungepflegte Galoschen enttarnen jedes stilvolle Outfit als Verkleidung. Das Minimum ist ein Paar schwarzer Schnürschuhe aus Leder. Etwa ein Oxford – glatt mit schlichter Kappe. In Braun passt er auch zu Sportjacketts oder Tweedanzügen. Der Semi-Brogue eignet sich zu gemusterten Anzügen und weichen Stoffen. Auch er hat eine Kappe, die weist aber dezente Lochmuster wie beim Brogue auf. Der wird auch Budapester genannt und passt mit seinem typischen Lochmuster auf der geschwungenen Kappe und den Seitenflügeln zu Anzügen aller Art. Wirkt aber stets etwas konservativ.
Aber selbst, wenn wir den Teufel nicht an die Wand malen: Unser Organismus ist für so weit oben eigentlich nicht gemacht. Die kosmische Strahlung rafft uns ohne die schöne Atmosphäre davor irgendwann dahin, die Ohren knacken blöd, die Schleimhäute trocknen in der Klimaanlagenluft aus und unsere Füße laufen wegen des geringeren Luftdrucks voll mit Wasser.
Lassen wir die armen Profi-Vielflieger also doch einfach raus aus ihren unergonomischen Schuhen. Wenn im mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Tim Raue in Berlin die Kellnerinnen und Kellner in schlicht eleganten Shirts und Sneakern auftreten, dann braucht es auch keine Stöckelschuhe und Businesstreter zu Tütensuppe über den Wolken.
Die Airlines sollten den Teams an Bord nicht aufbürden zu retten, was an Markenimage und Fliegerei-Spirit kaum noch zu retten ist. Ich würde mich über glücklich lächelnde Gesichter freuen, weil es untenrum nicht so mehr kneift. Ja, und über echten Filterkaffee.
Lesen Sie auch: „Der Anzug als graue Bürouniform ist durch“